Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Antwort, aber der Amerikaner wiederholte nur: »Danke. Ja, vielen Dank.«
Dunross lächelte überrascht. Linc hat etwas gelernt, dachte er. Es wird schön sein, ihn zum Partner zu haben.
Und dann hörte er noch: »Wäre das nicht schön, wenn sie Freundinnen sein könnten? Aber das ist wohl zuviel verlangt, was?«
Dunross wußte nicht, ob die Worte an ihn gerichtet gewesen waren. »Was?« rief er hinunter.
»Nichts«, antwortete Bartlett. »Hören Sie, Ian, die kommende Woche gibt es viel zu tun. Und wissen Sie, was? Ich bin froh, daß Sie gegen Gornt gewonnen haben.« Ja, bestätigte er sich fröhlich, es wird schön sein, mit dir zusammen große Geschäfte abzuwickeln, dich genau zu beobachten und unser Noble House aufzubauen.
In etwa acht Meter Entfernung, einige wenige Fuß oberhalb, begann Dunross wieder aufzusteigen.
Sechzehn Fuß über ihm warteten Gornt und die anderen neben dem nun schon beträchtlich erweiterten Ausgang des Schachts. Im Osten brach die Dämmerung an.
Immer noch war der ganze Hang voll ermatteter, grabender, rufender, suchender und lauschender Menschen. Müde kletterte Hooks an die Oberfläche. In diesem Augenblick erhob sich oben, nahe der Po Shan Road, ein gewaltiges Getöse. Köpfe fuhren herum. Weiter oben, zur Linken, geriet ein Teil des Hangs in Bewegung. Der Lärm wurde stärker, und dann wallte oben, hinter der Biegung der Kotewall Road, eine Wand aus Wasser und Schlamm auf und schoß anschwellend und immer schneller auf sie zu. Die Schlammwelle ergoß sich über den Hang und die Trümmer-Stätte und überschwemmte sie. Gornt sah sie kommen und umklammerte einen Doppel-T-Träger, die anderen hielten sich fest, so gut sie konnten. Die schleimige, stinkende Brühe wälzte sich auf sie zu und flutete wirbelnd, eine dicke Schlammschicht zurücklassend, an ihnen vorbei. Bis zu den Knien eingegraben, behauptete sich Gornt gegen den Sog. Hooks und den Soldaten gelang es nur mit Mühe, sich zu befreien. Alles andere war im Augenblick vergessen.
Gornt hatte nicht vergessen.
Der Eingang zum Schacht lag in seinem Gesichtskreis. Er sah Dunross’ Hände und Kopf aus dem Schlamm auftauchen. Die Hände fanden Halt, aber immer mehr Schlamm ergoß sich in die Grube, füllte sie und hob den Spiegel. Dunross’ Griff lockerte sich, er wurde hinabgezogen, kämpfte sich aber wieder hoch und hielt sich recht und schlecht über Wasser.
Gornt sah zu. Und wartete. Er rührte sich nicht. Immer mehr Schlamm ergoß sich in die Grube. Der Spiegel stieg weiter an.
Der Schlamm benahm Dunross den Atem, aber seine Finger hielten fest, er zwängte seine Zehen in einen Spalt und fing an zu klettern. Irgendwie überwand er den Sog, und jetzt war er in Sicherheit. Schwer atmend, würgend, mit pochendem Herzen hielt er sich an der Wand fest. Noch halb betäubt, mit zitternden Knien, wischte er sich den Schlamm aus Augen und Mund und starrte verwirrt um sich. Dann sah er Gornt, der ihn, zehn Fuß über ihm lässig an einen Pfeiler gelehnt, aufmerksam beobachtete.
Einen Augenblick lang sammelte er seine Gedanken, nahm das hämische, verschrobene Lächeln wahr, den offen zutage tretenden Haß und die immense Enttäuschung, und mußte sich eingestehen: Hätte er da oben gestanden und Gornt wäre eingeschlossen gewesen, auch er hätte zugesehen und keinen Finger gerührt.
Nein, ich hätte keinen Finger gerührt. Nicht für Gornt. Dirk Struans Fluch wäre endlich erfüllt gewesen, und die mir Nachfolgenden brauchten keine bösen Geister mehr zu fürchten.
Der Augenblick war vorbei. Er kehrte in die Wirklichkeit zurück. Er dachte an Bartlett und starrte entsetzt hinab. Wo sich der Schacht befunden hatte, bedeckte ein fauliger Pfuhl den Ausgang der Grube.
»Um Gottes willen! Hilfe!« Ein wildes Durcheinander entstand, als sich Hooks, die Soldaten und Feuerwehrleute mit bloßen Händen und Schaufeln in einen ausweglosen Kampf gegen den Schlamm stürzten.
Dunross zog sich hoch. Mit schwankenden Knien stand er am Rand. Tiefbekümmert. Gornt war schon gegangen. Nach einer kleinen Weile mußten sie aufgeben.
Der Tümpel blieb.
DIENSTAG
1
17.39 Uhr:
Dunross stand am Erkerfenster seines Penthouse auf dem Struan’s Building und blickte auf den Hafen hinaus. Es war ein herrlicher Sonnenuntergang, die Sicht frei, der Himmel klar bis auf ein paar leicht purpur gefärbte Haufenwolken über dem chinesischen Festland. Der Hafen war geschäftig wie immer, Kowloon glühte im Abendrot.
Claudia klopfte und öffnete die
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