Hongkong 02 - Noble House Hongkong
Erstaunen den Mund auf. Ohne nachzudenken, machte sie eine Rechnung auf. »Das kostet ihn zwei Mille. Aber das sind Lincs zwei Millionen. Quillan ist also außer Obligo!«
»Ich habe Linc davon erzählt und ihm gesagt, daß ihn das Geschäft zwei Millionen kosten würde, und er hat gelacht. Allerdings habe ich darauf hingewiesen, daß seinem Kapitalverlust von zwei Millionen aufgrund der General-Stores-Übernahme und des Par-Con-Deals ein Kapitalgewinn von 20 oder mehr Millionen gegenübersteht.«
»Sie wollen mir doch nicht weismachen, daß Sie Gornt unbeschadet davonkommen ließen?«
»Ich habe meine Fluglinie wieder. Die Aktienmehrheit der All Asian Air.«
»Aha. Wollen Sie mir einen Gefallen tun?«
»Selbstverständlich. Sofern er nicht Quillan betrifft.«
Sie hatte Dunross ersuchen wollen, Gornt als Steward zuzulassen. Jetzt kam sie davon ab. Sie wußte, es wäre reine Zeitverschwendung gewesen.
»Was für ein Gefallen ist es denn?«
»Ach nichts. Es hat Zeit. Ich muß jetzt gehen.« Erschöpft stand sie auf. Ihr zitterten die Knie. Ihre Hand streckte sich ihm entgegen. Er nahm sie und küßte sie mit der gleichen anmutigen Bewegung, die ihr noch von der großen Party in Erinnerung war, von jenem Abend in der Langen Galerie, wo sie, zutiefst erschrocken, den Dolch im Herzen des Porträts gesehen hatte. Ihre Qual erreichte einen neuen Höhepunkt, und es drängte sie, ihren Haß gegen Hongkong und die Menschen in Hongkong hinauszuschreien, die irgendwie den Tod Lincs verschuldet hatten. Aber sie tat es nicht.
»Auf bald, Casey!«
»Auf Wiedersehen, Ian«, sagte sie und ging.
Lange Zeit starrte er auf die geschlossene Tür. Dann drückte er auf einen Knopf.
Sekunden später kam Claudia herein. »Guten Abend, Tai-Pan«, sagte sie mit ihrer außerordentlichen menschlichen Wärme. »Es waren nur einige wenige Anrufe, die beantwortet werden sollten – der wichtigste kam von Master Duncan. Er möchte sich tausend HK leihen.«
»Wozu denn bloß?«
»Wenn ich nicht irre, wünscht er einen Brillantring für eine Dame zu erstehen. Ich wollte ihm ihren Namen entlocken, aber er gab ihn nicht preis.«
O Gott, dachte Dunross, Duncans Mädchen, Sheila Scragger, die Krankenschwester aus England, die, so wie sein Sohn, die Ferien auf der australischen Schaffarm Paldoon verbracht hatte. »Für tausend HK wird er nicht viel kriegen. Sagen Sie ihm, er soll mich darum bitten! Nein, warten Sie!« Er überlegte kurz. »Geben Sie ihm die tausend aus der Handkasse – zu drei Prozent Zinsen im Monat, und er muß sich schriftlich damit einverstanden erklären, daß Sie es ihm von seinem monatlichen Taschengeld abziehen.«
Sie nickte und fügte bekümmert hinzu: »Die arme Miss Casey. Sie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst.«
»Da haben Sie recht.«
»Das ist die Liste der Anrufe, Tai-Pan. Mr. Linbar hat aus Sydney angerufen, bittet um Rückruf, wenn Sie Zeit haben. Er glaubt, er hat Woolara auf Vordermann gebracht.«
Dunross sah sie groß an. »Ist das die Möglichkeit?«
»Mr. Alastair hat angerufen, um Sie zu beglückwünschen, ebenso Ihr Vater und die meisten Mitglieder Ihrer Familie. Sie möchten Mr. Trussler in Johannesburg zurückrufen. Es ist wegen des Thoriums. Und Mrs. Gresserhoff wollte sich verabschieden.«
»Wann fliegt sie denn?« Dunross erkundigte sich obenhin, obwohl er es wußte.
»Morgen mit der JAL. Ist das nicht schrecklich mit Travkin?«
»Ja, schrecklich.« Travkin war in der Nacht gestorben. Dunross war mehrmals im Matilda-Krankenhaus gewesen, aber seit dem Unfall hatte der Trainer das Bewußtsein nicht wiedererlangt. »Konnten Sie irgendwelche Verwandte ausfindig machen?«
»Nein. Er hatte weder eine Freundin noch sonst jemanden. Mr. Jacques kümmert sich um die Bestattung.«
»Ja. Das ist das mindeste, was wir für ihn tun können.«
»Werden Sie Sonnabend reiten?«
»Ich weiß es nicht.« Dunross zögerte. »Erinnern Sie mich, daß ich mit den Stewards spreche! Das fünfte soll Travkin-Gedenkrennen heißen.«
»O ja, das wäre wunderbar. Er war ein so sympathischer Mensch. Ja, das wäre sehr schön.«
Dunross warf einen Blick auf seine Uhr. »Ist mein nächster Besucher schon unten?«
»Ja.«
»Gut«, sagte der Tai-Pan, und seine Züge verhärteten sich.
Er ging in sein Büro hinunter. »Guten Abend, Mr. Tschoy. Was kann ich für Sie tun?« Er hatte bereits ein Beileidsschreiben zum Tod Vierfinger Wus abgeschickt.
Paul Tschoy trocknete sich die Hände, ohne es zu merken.
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