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Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)

Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)

Titel: Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélie Engel
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also war sie so plötzlich in die Zelle geraten? Und vor allem: Warum?
Mit einem Satz war sie auf den Füßen, als sie erkannte dass sie zu allem Überfluss auch noch nackt war. Wütend rappelte sie an den Gitterstäben.
    "Balthasar?", rief sie. "Was soll das? Komm her und erklär mir, was hier vor sich geht? Wieso bin ich schon wieder eingesperrt?"
    Nichts rührte sich.
    "Balthasar!" Ihre Stimme wurde lauter. "Lass mich raus!"
    Wieder keine Reaktion. Aus dem Stall hörte sie Zeus wiehern. Balthasar konnte also nicht allzu weit entfernt sein.
    "Balthasar!" Wieder rappelte sie an den Gittern. "Du bist doch verrückt! Was soll das?"
    Immer noch nichts.
    "Balthasar!" Mittlerweile war ihre Stimme ein wütend hohes Kreischen. Mit nackten Fuß trat sie vor die Gitter und schrie im nächsten Moment auf vor Schmerz, weil das Eisen ihre Zehen geprellt hatte.
    "Balthasar, du elender Mistkerl!!" Aufgebracht ließ Jeanne ihren Blick durch das Halbdunkel der Zelle schweifen, bis ihre Augen an etwas matt Grünem hängenblieben. Sie stürzte darauf zu, zog es in die Höhe und erkannte es als eines der Kleider aus der Küchentruhe. Jeanne erinnerte sich, dass es zuletzt ganz obenauf gelegen hatte. Der ungewöhnliche Grünton war ihr immer wieder ins Auge gefallen, doch leider war ihr das Kleid viel zu groß und wurde durch häufigeres Angucken auch leider nicht kleiner. Balthasar hatte also offenbar nach dem erstbesten Gewand gegriffen und es in ihre Zelle geworfen.
    Immer wütender zog sie es sich über den Kopf und der weite Stoff schlackerte lose um ihre zarte Gestalt. Außerdem war es ihr gut eine Fußlänge zu lang, sodass sie darin aussah, wie zu heiß gewaschen und eingelaufen. Doch das war Jeanne in diesem Moment egal. Sobald sie die Bänder gebunden hatte, würde sie in dieser Zelle so ein Geschrei veranstalten, dass ihm gar nichts übrig blieb, als sie heraus zu lassen!
    Auf dem Hof erklang Hufgetrappel. Sie erkannte Luciens Stimme und hörte freudiges Wiehern aus Richtung Stall, das nur von Zeus kommen konnte. Ein anderes Pferd antwortete ihm. Sie schnappte Unterhaltungsfetzen auf und man schien wohl guter Laune zu sein. Sie war sich nicht sicher, ob sie Balthasars Stimme gehört hatte, als rappelte sie erneut an den Gitterstäben.
    "Balthasar, du feiges Stück! Lass mich hier raus oder ich rede nie wieder ein Wort mit dir!"
    Die Gespräche auf dem Hof verstummten für einen Moment. Dann hörte sie Balthasars Stimme und wie er seine Brüder begrüßte.
    "Balthasar! Ich höre dich genau!", kreischte sie. Dieses Mal unterbrachen die Gespräche nicht, vermutlich sorgte Balthasar dafür.
    "Du elender Starrkopf!"
    Erbost strich sie den leicht verknitterten Rock gerade und ihre Hand blieb an einer Öffnung hängen. So wie es aussah, hatte das Kleid versteckte Taschen und Jeanne ließ die Hand hineinrutschen. Ihre Fingerspitzen berührten etwas Knisterndes und mit überrascht zusammengezogenen Augenbrauen zog sie es hervor. Es war ein Stück gefaltetes Papier, versiegelt mit einem roten Klecks Wachs. Auf der anderen Seite stand etwas geschrieben. Jeanne rückte näher an das Fenster, dessen schmale Öffnung vielleicht genug Lichtstrahlen hindurch lassen würden, um das Geschrieben notdürftig zu entziffern.
    Mühevoll las Jeanne die schnörkelige Schrift und stellte dann fest, dass dieses Papier an eine Familie Bertrand Clavelle adressiert war, die wohl in Aix-en-Provence wohnten. Ohne zu zögern brach Jeanne das Siegel und faltete das Papier auseinander. Auch hier fand sie die selbe feine, schnörkelige Handschrift. Jeanne seufzte leise, als sie auf die dicht beschriebenen Zeilen sah. Sie überflog den Text etwas halbherzig, die Mühe scheuend, all dies zu lesen, doch als ihr Blick an dem Wort "Lucien" hängeblieb, begann ihr Herz vor Schreck wie wild zu klopfen. Sie sah noch etwas genauer hin und fand heraus, dass auch Balthasar und Victor namentlich erwähnt wurden. Nun war Jeannes unbändige Neugier geweckt. Sie drehte das Papier noch mehr zum Licht und das bereits leicht poröse Blatt knisterte in ihren ungeduldigen Fingern. Sie musste sich zur Geduld zwingen, doch je mehr sie entziffern konnte, desto mehr schnürte sich ihr vor Panik der Hals zu. Jeanne las den Brief nun zum vierten Mal, um auch noch die letzten, schwer zu lesenden Wörter zu verstehen. Zum Schluss zitterte ihre Hand so stark, dass sie das Papier kaum halten konnte, als sie den Brief, ein letztes Mal und vollständig entziffert, las:
     
    Liebe Mama,

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