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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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zweifelsohne um eine Sekte.
Das Weiße, Aufgeräumte und Blühende hat den Sinn, die göttliche Sonne zu
erfreuen. Die Sekte ist der Meinung, dass im Zeitalter des Wassermanns – hier
trifft sie sich mit den New-Age-Philosophien – die Erkenntnis für eine ganz neue
Art von Spiritualität gekommen ist. Gewissermaßen eine Gruppierung, die das
Edelste und Wahrste aus sämtlichen großen Religionen und Philosophien
zusammenfasst.«
    »Und inwiefern ist das problematisch?«
    »Für einen Katholiken?«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Thomsen mit Nachdruck, während
Winterhalter irgendetwas von Hilde und einem »Kälble« brabbelte. Er schaute
sein Gegenüber scharf an, das daraufhin sein Telefonat hastig beendete.
    »Glauben Sie, ich rufe Sie als Katholik an? Ich bin doch kein
Katholik! Ich bin Kriminalhauptkommissar, wie ich eingangs sagte – und es geht
hier um Mord! Ein Sektenmitglied ist gestern ermordet worden.« Offenbar hörte
der Mann ihm genauso wenig zu wie umgekehrt.
    »Ha, Chef«, mischte sich jetzt auch noch Winterhalter in Mundart ein.
»Warum soll en Katholik denn kei’ Kommissar sei’? Schauet Sie nu’ mich an.«
    Wieder machte Thomsen seinem Kollegen mit einer wegwerfenden
Handbewegung klar, dass er zu schweigen hatte.
    Der Sektenbeauftragte räusperte sich: »Was die Eschatologie betrifft,
so gehen die ›Kinder der Sonne‹ davon aus, dass die Erde in absehbarer Zeit
zerstört werden wird.«
    »Und das war’s dann?«, fragte Thomsen.
    »Keineswegs. Hier kommen nämlich die ufologischen Elemente zum
Tragen.«
    Thomsens Miene verfinsterte sich. »Wie bitte?«
    »Diejenigen, die in ihrer Entwicklung schon weit genug sind, werden
dann von Außerirdischen gerettet.«
    »Ein guter Witz«, sagte Thomsen, der Witze nicht mochte. »Und was
glauben die nun wirklich?«
    Der Sektenbeauftragte war irritiert. »Diese Thematik eignet sich nur
bedingt für Witze«, antwortete er dann pikiert. »Die Verbindung mit
Außerirdischen ist in Sektentheologien gar nicht so selten. Erinnern Sie sich
an die Raelianer? Oder an die Selbstmorde der Mitglieder von ›Heavens Gate‹ vor
ein paar Jahren?«
    Thomsen überlegte. Doch, da war mal was gewesen.
    »Die Mitglieder der ›Kinder der Sonne‹ sind davon überzeugt, dass
sie von Außerirdischen abgeholt und auf einem anderen, noch sonnennäheren
Planeten abgesetzt werden – vermutlich auf der Venus.«
    Thomsen schaute so verblüfft, dass der ihm gegenüber sitzende
Winterhalter schmunzeln musste.
    »Ihr Ziel ist, der Sonne spirituell immer näher zu kommen«, beendete
der Sektenexperte seinen theologischen Vortrag. »Und zumindest räumlich wäre
das bei einem Leben auf der Venus ja gegeben.«
    Auch Thomsen war nun danach, möglichst schnell an die Sonne zu
kommen. Genauer: an die frische Luft. Dieser ganze schwer verdauliche
theoretische Unsinn …
    »Gibt es noch etwas, das ich Ihrer Ansicht nach wissen sollte?«,
fragte er ermattet.
    »Lucidus gilt als jemand, der unter Zuhilfenahme dieses bekannten
Honigs Sektenmitglieder heilen kann – auch Schwerkranke.«
    »Sie meinen, er ist ein Schwindler?«
    Der Sektenpfarrer druckste herum. »Aus meiner Sicht gibt es gewisse
Zweifel an seiner Erleuchtung. Aber ein Schwindler? – Dafür kenne ich ihn zu
wenig.«
    »Eine letzte Frage: Am Tatort fanden wir eine Karte, auf der der
heilige Ambrosius zu sehen ist. Was wissen Sie über ihn?«
    »Er war Bischof von Mailand und ist Schutzheiliger der Imker.«
    Das hatte Winterhalter auch gesagt. Der schien sich tatsächlich ganz
gut auszukennen. Vielleicht brauchte er ihn in diesem Fall wirklich noch
einmal, überlegte Thomsen. Er selbst hatte zumindest in Sachen Religion die
schlechteren Karten – konnte sich nur auf seine Logik und seinen Instinkt
verlassen. Ob man in diesem Milieu allerdings mit Logik weiterkam?
    »Der Legende nach hat ein Bienenschwarm Ambrosius schon als
Kleinkind Honig in den Mund geträufelt. So wurde die honigsüße Sprache des
Heiligen erklärt.«
    Für Legenden interessierte sich Thomsen nicht. Er blickte auf die
Karte: »Kennen Sie folgenden Spruch: ›Seht zu, dass eure Arbeit der eines …‹«
    »… Bienenstockes ähnelt«, ergänzte der Pfarrer. »Denn eure Reinheit
und eure Keuschheit sollen mit den arbeitsamen, bescheidenen und enthaltsamen
Bienen verglichen werden.«
    »Genau. Und hatte dieser Ambrosius Verbindungen zu einer anderen
Heiligen? Rosina?«
    »Zur heiligen Rosina? Sicherlich nicht. Da liegen Jahrhunderte
dazwischen. Da sehe

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