Honigtot (German Edition)
bemerken durfte, dass sie überhaupt am Werk war, rief sich Marlene Jakobs Worte zum wiederholten Male in den Sinn.
Welche Geheimnisse birgst du Safe, fragte sie sich jetzt. Welche Teufeleien? Wozu hat man ein so hohes Tier des Reichssicherheitshauptamtes wie Brunnmann - er war Heydrich und Himmler direkt unterstellt -, in das Generalgouvernement gesandt? Marlene war Hans Franks Unbehagen bei der Unterhaltung mit Brunnmann auf der Wawel-Burg nicht entgangen. Fürchtete dieser, dass ihm Brunnmann den Rang in Polen ablaufen konnte? Hatte er besondere Befehle aus dem Führerhauptquartier mitgebracht? Was sollte weiter mit dem Land Polen geschehen? Waren die Juden-Ghettos erst der Anfang?
Mit einer überaus sanften Geste legte Marlene ihre Hand an den Safe, als wollte sie seinen Herzschlag fühlen. Dann setzte beinahe ihr eigener aus: Ein Schlüssel drehte sich deutlich nebenan in der Eingangstür zur Suite. Marlene und Deborah erstarrten und wechselten einen entsetzten Blick.
Ob Zimmermädchen oder Albrecht Brunnmann - Marlene blieb keine Zeit, es herauszufinden. Sie hatte nur wenige Sekunden und sie traf ihre Entscheidung blitzschnell. In einer einzigen fließenden Bewegung schloss sie den Schrank und schwenkte den Spiegel wieder an seinen Platz zurück. Dann packte sie die gelähmte Deborah an den Schultern und schob sie mehrere Meter vom Spiegel weg in Richtung Bett. Sie presste ihren nackten Körper an den ihren, als wären sie beide Liebende und küsste sie auf die weichen Lippen.
Das war das Bild, das sich Albrecht bot, als er durch die Tür trat: Zwei splitternackte Frauen, deren Haar vor Nässe glänzte und die sich leidenschaftlich umschlungen hielten. Er verharrte schockgefroren und wirkte für einen unsterblichen Augenblick desorientiert.
Marlene, die ihn durch ihre halbgeschlossenen Lider beobachtete, schoss durch den Kopf, dass sie Brunnmann gerade eine Momentaufnahme fürs Leben beschert hatte - eine, an die er sich bis an sein Lebensende sicher gerne erinnern würde.
Marlene ließ dem Mann einige Sekunden, um sich zu sammeln, aber auch, um Deborah die Zeit zu geben, sich in die neue Situation einzufinden. Deborah hatte eine unausgeglichene Sekunde lang in ihren Armen gezögert, völlig überrumpelt von der Wendung des Geschehens, sich aber nicht gegen ihre Umklammerung gesträubt.
Marlene löste sich nun langsam von Deborah und warf ihr einen prüfenden Blick zu. Plötzlich erregte eine kleine Spiegelung auf dem Boden ihre Aufmerksamkeit und ihr Blut verwandelte sich augenblicklich in Eis: Direkt unter dem Spiegel hatten ihre beiden nassen Körper eine kleine Pfütze hinterlassen. Brunnmann durfte sie nicht bemerken, sonst würde er womöglich die richtigen Schlüsse daraus ziehen.
Marlene sah nur einen Ausweg, Brunnmann abzulenken. Sie musste versuchen, ihn zu verführen, obgleich ihr gleichzeitig schmerzlich bewusst war, dass sie sich damit in die Abhängigkeit gleich zweier Unbekannten begab: Wie würde Brunnmann auf ihre Verführungskünste reagieren? Und das Mädchen? Würde sie eifersüchtig werden und alles verraten?
Marlene traf ihre Entscheidung. Für sie gab es kein Zurück, sie musste jetzt alles auf eine Karte zu setzen. Sie verließ sich dabei ganz auf ihre Erfahrung und das Wissen, dass sie nackt, im Gegensatz zu den meisten Menschen, die angezogen zwar eine gewisse Attraktivität besaßen, aber nackt dann oft eine Enttäuschung darstellten, selbst atemberaubend anzusehen war.
Ohne Kleidung offenbarte ihr Körper eine verwirrende Perfektion und die Lockung ihres Ganges und die Harmonie ihrer Bewegungen hatten schon so manchen Mann um den Verstand gebracht. Langsam ging sie auf Albrecht zu und auch er schien nicht immun dagegen zu sein. Marlene konnte beinahe sehen, wie das heiße Blut des Verlangens in ihm hochkochte.
Trotzdem zögerte er. Er sah an Marlene vorbei, die nun nackt und verführerisch direkt vor ihm verharrte. Seine Augen suchten voller Interesse Deborahs. Was er sah, schien seinen Beifall zu finden. Deborahs Lippen waren leicht geöffnet, ihre Wangen mit zarter Röte überzogen und ihre Pupillen geweitet. Ihr gesamter Körper drückte überraschte Erwartung aus.
Albrecht wandte sich nun Marlene zu. Anerkennend musterte er ihre Nacktheit. Dann griff er nach ihrer Hand und dirigierte sie zum Bett. Er nahm darauf Platz, während Marlene abwartend vor ihm stehenblieb. Sie spürte, dass Albrecht die Führung übernehmen wollte. Und richtig.
Er winkte Deborah heran und
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