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Honigtot (German Edition)

Honigtot (German Edition)

Titel: Honigtot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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einem Besuch in der Hotelbar überreden. Deborah besaß einen zweiten Schlüssel für die Suite, den sie Marlene geben würde. Albrecht trug seinen Schlüssel immer bei sich. Marlene konnte sich so lange in der Hauswirtschaftskammer, die direkt auf dem Flur an die Suite anschloss, verstecken. Sobald sie die Unterlagen fotografiert hätte, könnte sie das Zimmer wieder absperren und den Schlüssel anschließend in der Kammer deponieren, wo ihn sich Deborah bei nächster Gelegenheit holen würde. Hastig sprudelte sie ihren Plan hervor.
    Marlene schien nicht abgeneigt. „Aber da müssen wir schon großes Glück haben, sollte es gleich beim ersten Mal funktionieren. Hier im Hotel logieren ausschließlich deutsche Offiziere, Funktionäre und zivile Kriegsgewinnler, die mit den Nazis ihre Geschäfte tätigen. Ich kann mich schlecht auf gut Glück stundenlang nebenan in der Hauswirtschaftskammer verschanzen. Wenn mich jemand zufällig entdeckt, dürfte ich mich schwertun mit einer Erklärung.“
    Marlenes eigener Vorschlag hörte sich dann allerdings weitaus riskanter an: Abzuwarten, bis Albrecht mit Deborah ausging und dann mit Deborahs Schlüssel und einem handwerklich begabten Helfer einzudringen, um den Safe zu öffnen. Der Haken daran war, dass sie nicht wusste, ob es in ihrer Gruppe jemanden gab, der sich mit Tresoren auskannte. Jakob würde sich umhören müssen – was das Risiko um einen weiteren Mitwisser erhöhte. Problematisch war auch, dass dies sicherlich Spuren am Schloss hinterlassen würde. Und sie wollten ja unbedingt vermeiden, dass Brunnmann Verdacht schöpfte.
    Am simpelsten, überlegte Marlene, wäre ein Schlafmittel, aber daran zu kommen war schwer. Jakob hatte es bereits mehrmals erfolglos versucht. Außerdem könnten die am nächsten Morgen zwangsläufig auftretenden Nachwirkungen einen so misstrauischen Mann wie Brunnmann womöglich auf den Plan rufen. Eine Weile diskutierten die beiden jungen Frauen und wogen die Risiken gegeneinander ab.
    Nach einigem Hin und Her stimmte Marlene schließlich Deborahs Vorschlag zu - obwohl ihr jetzt schon davor graute, womöglich Abend für Abend umsonst in der Kammer auszuharren, vor Ungeduld fiebernd und ständig der Angst ausgesetzt, von einer Hotelangestellten entdeckt zu werden. Jedes Geräusch und jeder Schritt würden sie alarmieren, bis sie den erlösenden Code hören würde, den sie mit Deborah vereinbart hatte. Wenn Deborah auf dem Weg in die Bar sagte: „Jetzt freue ich mich auf ein Glas Champagner, Albrecht“, würde dies bedeuten, dass die Tasche sicher verstaut im Safe lag und Marlene das Hotel ohne Ergebnis verlassen konnte. Erwähnte Deborah aber, „dass es ein schöner Abend wäre“, dann läge die Tasche unbeaufsichtigt im Zimmer.
    Dann wären die nächsten Hürden, unbemerkt in das Zimmer zu schlüpfen, die Unterlagen zu fotografieren und möglichst ohne Aufsehen aus dem Hotel zu verschwinden - was hieß, ohne dass jemand Marlene ansprach oder auf einen Drink in die Bar einlud, wo sie unweigerlich auf Albrecht und Deborah treffen würde. Dass einer der männlichen Hotelgäste sie als die Geliebte von Ernst erkannte, konnte durchaus geschehen.
    Nach vier Anläufen an neun verschiedenen Tagen - Marlene musste zwischendurch mit Ernst verreisen und Albrecht selbst kehrte einige Male erst spät nachts von seiner geheimnisvollen Tätigkeit zurück – hatten sie ihren Plan noch immer nicht umsetzen können. Es waren Tage und Nächte, in denen Deborah vor Anspannung fast verging; nicht einmal das Singen konnte ihr die ersehnte Linderung verschaffen.
    Zum ersten Mal begegnete Deborah dem Phänomen, dass etwas, dass man aus eigenem Antrieb gerne und mit Wonne getan hatte, sich plötzlich ins Gegenteil verkehrte, indem es zur gewollten Pflicht wurde. Am ersten Abend, von dem sie wusste, dass Marlene in der Kammer kauerte, war sie so nervös und fahrig in ihrem Liebesspiel gewesen, bis es Albrecht aufgefallen war und sie sich mit plötzlichen Kopfschmerzen bei ihm hatte entschuldigen müssen.

 
     

    Kapitel 4 3
     
     
    Die Tage und Nächte der fortdauernden Anspannung forderten bald ihren Tribut. Die Stimmung unter den Freundinnen wurde von Mal zu Mal gereizter. Schon eine Lappalie reichte aus, um sich in die Haare zu geraten. Dabei war es kaum förderlich, dass die beiden ihre Stimme nicht erheben konnten, aus Angst vor unerwünschten Lauschern.
    Aber sie vertrugen sich auch sehr schnell wieder, dafür sorgte schon Marlene, die stets auf Harmonie

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