Honigtot (German Edition)
Konzentrationslager im Generalgouvernement bewachten und für die meisten Morde und Gräueltaten verantwortlich waren. Der eine stieß Deborah nun mit der Stiefelspitzte grob zur Seite, so dass sie umkippte und hart auf ihren Ellenbogen fiel, dann packten die Polizisten den Mann gemeinsam an den Armen und zogen ihn auf die Beine. Der Verletzte wimmerte vor Schmerz.
„Was fällt Ihnen ein!“, rief Deborah empört, sowohl, weil sie eine solch grobe Behandlung nicht gewohnt war, aber vor allem wegen des Verletzten. Er ähnelte einem der Professoren ihrer Münchner Musikschule und tat ihr leid.
„Halt's Maul, Weib. Die Judensau geht dich nichts an“, blaffte sie der eine an. Der Geruch von abgestandenem Alkohol schlug Deborah entgegen. Angewidert verzog sie ihren Mund. Der Mann war groß, hatte ein blasses Gesicht und gemeine Augen.
„Los, Adi“, rief dieser jetzt seinem Kameraden zu. „Zieh dem Kerl die Hosen runter.“
Inzwischen hatte sich eine kleine Menge Schaulustiger versammelt. Deborah traute ihren Augen und Ohren nicht. Der zweite Soldat riss dem älteren Herrn tatsächlich die Hosen vor aller Augen herunter und entblößte seine Genitalien! Dann packte er den Penis, zerrte heftig daran und schrie: „Wusste ich es doch. Beschnitten!“ Er zog seine Waffe und hielt sie dem Gequälten, der, gelähmt vor Scham und Entsetzen, die Augen geschlossen hatte, an die Schläfe. „Jetzt stirbst du, Judensau!“
Zunächst fassungslos, kochte jetzt rasende Wut in Deborah hoch. Marlenes Rat in den Wind schlagend, sich niemals zwischen Jäger und Beute zu stellen, warf sie sich mit ihrem ganzen bescheidenen Gewicht dazwischen: „Hören Sie sofort auf! Der Mann hat nichts getan. Er ist doch nur …“ Weiter kam sie nicht. Der Blasse packte sie und schleuderte sie unsanft zu Boden. „Halt's Maul, Judenflittchen. Du hast mir gar nichts zu sagen!“ Er packte Deborah, deren Kopftuch sich gelöst hatte, roh an den Haaren und zerrte sie wieder auf die Beine. Deborah schrie und schlug wild um sich. Der Mann, der sie um zwei Köpfe überragte und dessen Uniform vor Kraft an den Schultern spannte, hob daraufhin die rechte Faust und hieb sie ihr beinahe spielerisch in den Bauch.
Deborah glaubte, in zwei Hälften gerissen zu werden. Stöhnend sackte sie auf das harte Kopfsteinpflaster, rote Schleier wehten durch ihr Sichtfeld. Sekundenlang rang sie um Luft. Während sie darum kämpfte, das Bewusstsein nicht zu verlieren, bekam sie nur am Rande mit, wie jemand ihr zu Hilfe eilen wollte. Dabei wurde dieser selbst von einem wuchtigen Faustschlag niedergestreckt. Der Blasse baute sich über jenem auf und brüllte ihn Speichel sprühend an: „Was? Noch ein Judensack? Hier muss ein Nest sein. Los, aufstehen und dann die Hosen runter.“
Deborah, die endlich wieder etwas Luft bekam, aber noch immer kein Wort herausbrachte, erkannte jetzt verblüfft Osman in ihrem Verteidiger. Er trug keine Uniform, sondern die einfache Kleidung eines polnischen Bauern. Wie kam Osman hierher? Und warum trug er keine Uniform, sondern hatte sich ähnlich verkleidet wie sie, wunderte sie sich. Als Osman keine Anstalten machte, aufzustehen, zog der SS-Mann seine Pistole und zielte auf die am Boden kniende Deborah. „Ich zähle jetzt bis drei, und wenn du mir dann immer noch nicht deinen dreckigen Schwanz gezeigt hast, dann hat die Hure ein Loch im Pelz! Eins … zwei …“
Osman rappelte sich auf und blickte stumm zu Deborah. Sie tauschten einen langen Blick. In seinen Augen lag alles Leid der Welt. Dann löste er seinen Gürtel, ließ die Hose fallen und zog die Unterhose herunter. Deborah wandte ihren Kopf ab. Tränen des Schmerzes und Mitleids traten ihr in die Augen. Der Blasse starrte, runzelte die Stirn, kniff die Augen zusammen und trat näher an Osman heran.
Unvermittelt brach er in schallendes Gelächter aus und zeigte mit dem Finger auf Osmans entblößte Genitalien. „Sieh dir das an, Adi! Diese Kreatur ist nicht nur beschnitten, sie hat noch nicht einmal mehr ihre Eier! Das ist wahrlich eine Mistgeburt. Vielleicht sollten wir mal nachsehen, ob er statt Füßen ein Paar Hufe hat? Was meinst du?“ Er bog sich vor Lachen.
Zwischenzeitlich hatte das Schauspiel noch mehr Zuschauer herbeigelockt, darunter auch einige Wehrmachtssoldaten, aber außer dem Grölen der beiden SSler kam nur hier und da vereinzeltes und eher verhaltenes Lachen auf. Ob aus Angst oder Abscheu oder einfach nur aus simpler Abgeklärtheit, weil sich bereits zu
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