Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
Humor ihm zur Hilfe kam und er das Grinsen erwiderte.
»Ja, das hat er, Johnny«, sagte Harrington und klopfte ihm sanft auf die Schulter. Solch eine Geste sah man nur selten von ihr, und strahlend genoss der Lieutenant die rare Anerkennung.
»Andererseits dauert das Manöver noch eine Woche«, fügte sie warnend hinzu. »Genug Zeit, um alles zu vermasseln, wenn wir unseren Ehrgeiz daran setzen. Das lassen wir also lieber sein, oder?«
»Aye, aye, Ma’am!«, versicherte ihr Hedges fröhlich. »Ich sorge dafür, dass die Vögel so pünktlich und zuverlässig ankommen wie andermanische Flugbusse, Ma’am. Und meine Piloten setzen diese Marines ab, wohin auch immer Sie die Kerle haben wollen – das garantiere ich!«
»Gut, Johnny. Sehr gut.« Sie klopfte ihm noch einmal auf die Schulter, dann hob sie den Arm und kraulte den Baumkater unterm Kinn. »Aber ich schätze, Sie haben noch einiges zu tun, bevor Sie diese Prahlereien auch einlösen können. Also, dann wollen wir mal, oder?«
»Der Anfängerhang«, sagte Susan Hibson in tiefstem Abscheu. »Der ›Idiotenhügel!‹ Kannst du dir das vorstellen?«
Im morgendlichen Sonnenlicht bildete ihr Atem Wölkchen, und sie trat wütend gegen den Schnee, den die Kehrmechs vom Gehweg geräumt hatten. Ein Eisstück zerbarst, und Kristalle stoben auf, die in allen Regenbogenfarben leuchteten. Susan blickte sie wütend an.
»Ich habe dich gewarnt, oder nicht?«, fragte Ranjit in bedacht neutralem Ton. Als sie ihn anfunkelte, zuckte er die Achseln. »Die Leute machen nur ihren Job, Sooze.«
»Sie hätten mich die mittelschweren Strecken wenigstens versuchen lassen können«, protestierte sie, und er schüttelte den Kopf.
»Ganz egal, was du sagst, sie werden dir nicht erlauben, dir den Hals an einem Hang zu brechen, der noch zu schwierig für dich ist.«
»Mittelschwere Hänge sind nicht zu schwierig für mich!«
»Ach ja?« Er neigte den Kopf zur Seite, ohne den Blick von ihr zu nehmen. »Und wie gut bist du heute Morgen mit den Simulationen zurechtgekommen?«
»Das ist nicht fair! Außerdem weiß jeder, dass Sims nicht mit der Wirklichkeit zu vergleichen sind!«
»Das habe ich dich nicht gefragt«, entgegnete er. »Ich habe dich gefragt, wie gut du heute Morgen zurechtgekommen bist.«
»Nicht gut genug – das sieht ja wohl jeder«, gab sie mit zusammengebissenen Zähnen zu. Sie blickte um sich, als hielt sie nach etwas Ausschau, worauf sie einschlagen konnte, und in Ranjits Lächeln lag zu viel Mitgefühl, als dass er ein legitimes Ziel gewesen wäre. Darum trat sie wieder in den Schnee. Fester.
»Das ist jedenfalls nicht fair«, knurrte sie. »Niemand hat uns gesagt, dass es Sims geben würde. Oder dass man diese Mistdinger benutzen würde, um uns einzustufen!«
»Nein, gesagt hat es uns niemand. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass Ms. Berczi darüber nicht Bescheid gewusst haben soll.«
»Hmm!« Susan hörte auf, in den Schnee zu treten, und dachte darüber nach, dann grunzte sie. »Ich wette, da hast du Recht. Das sähe ihr ähnlich!«
Ihrem Tonfall nach hegte sie im Augenblick keine allzu freundlichen Gedanken für Ms. Berczi, aber das würde schon vorbeigehen. Csilla Berczi war ihr oberstes Kindermädchen auf diesem Ausflug, und auf Unicorn-11 leitete sie den Fachbereich Geschichte. Sie war eine von Susans Lieblingslehrern, was vermutlich damit zu tun hatte, dass sie im Marinecorps den Rang eines Major erreicht hatte, bevor eine Manöververletzung sie früh dazu zwang, in Ruhestand zu gehen. Sie mochte Susan offenbar gut leiden und bestärkte das Mädchen diskret in ihren militärischen Interessen, aber sie war nicht von der Sorte, die in ihrem Verantwortungsbereich irgendwelchen Unsinn duldete.
Deshalb war sich Ranjit insgeheim ziemlich sicher, dass die Lehrerin von den Simulatoren gewusst hatte. Es hatte ihn überrascht, wie ausgeklügelt die Simulationen gewesen waren, obwohl er nicht vorhatte, es Susan gegenüber zuzugeben; als ein älterer Bruder musste man ein bestimmtes Image aufrechterhalten, und mit einer Susan zur Schwester war das ohnehin schon schwieriger, als es hätte sein dürfen. Anscheinend verdiente Athinai genügend Geld, um sich weit raffinierteres Gerät leisten zu können, als er geglaubt hatte; die virtuelle Realität im Simulator war genauso gut oder sogar besser gewesen als in irgendeiner Totalsim, die er bisher hatte spielen dürfen. Sie hatte die gewöhnliche, kaum der Aufgabe gewachsene
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