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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Bord von HMS King Roger I auf dem Lehnsessel und hatte die Beine untergeschlagen. Mit blicklosen Augen schaute sie aus dem Armoplastfenster. Durch das gedämpfte Licht in der Suite gewann die sternübersäte Schwärze an Majestät, doch Adrienne bemerkte es kaum. Ihre Gedanken bewegten sich auf Bahnen, die ihr viel zu vertraut geworden waren.
    Noch nie hatte sie die Namen leiden können, die man traditionsgemäß jeder neuen königlichen Jacht verlieh. Dieser zum Beispiel! Ihr erschien es so … arrogant, ein Schiff nach dem eigenen Urururgroßvater zu benennen. Freilich war die Wahl nicht von der königlichen Familie getroffen worden – die Navy hatte den Namen ausgesucht, nachdem die Jacht als Ersatz für ihre Vorgängerin von der Admiralität in Bau gegeben worden war –, und alle schienen damit zufrieden zu sein. Sie aber konnte es kaum ertragen.
    Vielleicht, weil er König war und Daddy König ist und ich nicht Königin werden will, aber man fragt mich ja nicht. Ich sollte mich krönen lassen und dann sofort abdanken. Da würden sie Augen machen!
    Sie spielte gern mit diesem Gedanken und malte sich die Konsternation aus. Dass sie Einzelkind war und ihr verwitweter Vater sich standhaft weigerte zu heiraten, hatte das politische Establishment in Bezug auf die Thronfolge stets nervös gemacht. Natürlich besaß Adrienne Dutzende Cousins und Cousinen unterschiedlichen Grades, die im Fall der Fälle in die Bresche springen würden, doch hatte das Volk des Sternenkönigreichs eine gerade beängstigende Ehrfurcht vor dem Haus Winton entwickelt – und sie war die Letzte aus der Stammlinie.
    Ich habe natürlich Ururgroßmutters Tagebücher gelesen , dachte sie und grinste. Wahrscheinlich empfinde ich deswegen so viel Ehrfurcht vor der Monarchie. Ich frage mich, wer heute noch weiß, dass die Krone ursprünglich nur als Galionsfigur gedacht gewesen ist? Als Marionette des Oberhauses? Na, Oma Beth hat am Ende viel mehr daraus gemacht, als sie geglaubt hätten!
    Das Grinsen verging ihr schnell, als sie daran dachte, was die erfolgreiche Verfassungsgebung ihrer Ahnfrau ihr eingebrockt hatte. Verdammt noch mal! Es musste doch Tausende von Menschen geben, die nichts lieber wären als König oder Königin! Warum konnte sie sich nicht einfach jemanden davon aussuchen und ihm oder ihr einen großen Wunsch erfüllen?
    Sie seufzte und zupfte sich eine Fussel vom Bademantel. Auf dem Handteller hielt Adrienne sie sich vor den Mund, dann blies sie sie fort und sah ihr nach; im Halbdunkel der Kabine verlor sie die Fussel fast sofort aus den Augen. Ein plötzlicher Schmerz durchfuhr sie, denn ein anderer Tag trat in ihr Gedächtnis. An diesem Tag hatte sie als Zehnjährige dem Schiff ihrer Mutter nachgeblickt, das HMSS Hephaistos mit Bestimmungsort Gryphon verließ. Eigentlich hätte sie die Königin begleiten sollen, doch war ihr etwas dazwischengekommen, irgendeine Kleinigkeit, die ihren Terminkalender durcheinander brachte. Deshalb begleitete sie ihre Mutter nur auf die Raumstation und verabschiedete sich von ihr. Dann blickte sie der Jacht hinterher – die Queen Elizabeth I geheißen hatte –, bis sie in der Leere des Weltraums verschwunden war wie die Fussel in der Kabine.
    Und wie die Fussel hatte sie die Jacht nie wiedergesehen – und genauso wenig ihre Mutter.
    Sie biss sich fest auf die Lippe, sowohl aus Ärger, dass sie sich von dieser Erinnerung hatte überrumpeln lassen, als auch wegen der Seelenqualen, die sie im Zuge dessen befielen. Den Schmerz drängte Adrienne tief in die hinterste Ecke ihres Geistes, darin war sie geübt. Nur widerwillig legte er sich, wie ein hungriger Neohai wollte er nicht von seiner Beute ablassen, zog sich zwar in die Dunkelheit zurück, würde aber niemals wirklich verschwinden. Sie spürte ihn, wie er den Kern ihres Seins umkreiste und auf eine neue Gelegenheit wartete, aus den Tiefen vorzustoßen und über sie herzufallen. Er würde wieder angreifen, das wusste sie genau.
    Sie atmete tief durch und schob die Hände in die Bademanteltaschen, dann zwang sie sich zur Ruhe und holte glücklichere Erinnerungen an die Oberfläche. Erinnerungen an Mutter vor ihrem Tod … daran, wie Vater gewesen war, bevor er die Ehefrau verlor.
    Sehr viele Leute waren erstaunt gewesen, dass Kronprinz Roger ausgerechnet Solange Chabala zum Altar geführt hatte. Nicht deswegen, weil sie keine Adelige war, denn die Verfassung verlangte von dem Thronfolger, eine Bürgerliche zu heiraten, sondern weil sie …

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