Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
einem niedrigen Tisch zwischen den Sesseln standen. Sie gehörten zum Alltagsgeschirr, nicht zum förmlicheren Porzellanservice. Offensichtlich betrachtete Buckeridge die Fremden als potenziell wertvoll genug, dass sie die übliche Gastfreundschaft verdienten; ebenso unverkennbar aber schätzte er überhaupt nicht, dass sie sich unredlich und vermutlich auch unaufrichtig Zugang zu seinem Gutsherrn verschafften.
Armer Crawford. Wenn er wüsste , dachte Mueller. Als er forsch eintrat, ließ er nichts von seinen Gedanken auf seinem Gesicht erkennen.
Sergeant Hughes stand gleich neben der Tür, in der imposanten, rot-gelben Uniform des Guts Mueller. Der Gutsherr nickte ihm im Vorübergehen zu. Die Fremden hörten ihn hereinkommen und erhoben sich rasch. Mit höflichen Mienen wandten sie sich ihm zu.
»Guten Morgen, meine Herren«, begrüßte der Gutsherr sie im forschen Ton des selbstsicheren, beschäftigten, ehrenwerten Mannes, der er war. »Ich bin Lord Mueller. Was kann ich an diesem wunderschönen Tag für Sie tun?«
Die Fremden tauschten einen Blick, als hätten sie nicht mit einem solch freundlichen Empfang gerechnet, und Mueller verbarg ein Katzenlächeln. Eigentlich war es in diesem Fall nicht erforderlich, aber er genoss es einfach, mit dem Verstand der Menschen zu spielen.
»Guten Morgen, Mylord«, erwiderte der Ältere sogleich. »Mein Name ist Anthony Baird, und dies ist Brian Kennedy. Wir vertreten ein Kartell von Investoren, das an landwirtschaftlicher Erschließung interessiert ist und möchten Sie um einige Minuten Ihrer Zeit bitten, um mit Ihnen darüber zu sprechen.«
Sein Blick huschte vielsagend zu Hughes, und Mueller gestattete sich ein kaum merkliches Lächeln und schüttelte den Kopf.
»Damit sind Sie an meinem Verwalter vorbeigekommen, Mr. Baird«, sagte er fröhlich, »aber ich zweifle doch sehr, dass Sie oder Mr. … Kennedy auch nur im Geringsten an Ackerland interessiert sind. Deswegen sollten wir uns doch lieber gleich dem eigentlichen Grund Ihres Besuches zuwenden, finden Sie nicht?«
Mit solcher Offenheit überraschte er beide Besucher zutiefst, und wieder tauschten sie einen – eindringlicheren – Blick. Dann sahen sie beide zugleich verlegen zu Hughes hinüber.
»Der Sergeant ist einer meiner persönlichen Waffenträger, Gentlemen«, sagte Mueller in deutlich kühlerem Ton als zuvor. Baird und Kennedy – falls sie tatsächlich so hießen, was Mueller allerdings bezweifelte – fingen sich rasch wieder. Die Loyalität eines Waffenträgers anzuzweifeln war einst der schnellste Weg zu einem unerfreulichen Ende gewesen … und auch in modernen Zeiten verzichtete ein vernünftiger Mensch darauf, derartige Zweifel auszusprechen, wenn der fragliche Waffenträger zugegen war.
Schließlich kam es immer wieder zu Unfällen.
»Selbstverständlich, Mylord. Selbstverständlich!«, rief Baird. »Es ist nur so … wir waren nicht ganz darauf vorbereitet … ich meine …«
»Sie meinen vermutlich, dass Sie eine Weile um den heißen Brei herumreden und herausfinden wollten, ob Sie überhaupt auf das Thema zu sprechen kommen dürfen, wegen dem Sie in Wahrheit hier sind«, half Mueller nach und lachte leise über den Ausdruck auf Bairds Gesicht, während er sich auf den üppig gepolsterten Stuhl hinter dem riesigen Schreibtisch sinken ließ.
»Verzeihen Sie bitte, Mr. Baird. Ich hätte mich nicht vom Unernst übermannen lassen dürfen. Aber meine Position unter den Schlüsseln, die mit den so genannten Reformen des Protectors nicht einverstanden sind, macht mich nun einmal zum logischen Ansprechpartner für Leute, denen besagte Reformen ebenfalls nicht … behagen. Seit der ›Mayhew-Restauration‹ haben einige das Bedürfnis, der … offiziellen Aufmerksamkeit des Schwertes auszuweichen.«
Baird setzte zu einer Entgegnung an, doch Mueller winkte ab und gebot ihm mit einem »Ts-ts« zu schweigen.
»Ich bedaure, dass diese Menschen sich verfolgt fühlen, Mr. Baird, und bin persönlich der Ansicht, dass ein ehrlicher Mensch vom Schwert nichts zu fürchten hat, auch wenn er mit Protector Benjamin nicht in allen Punkten übereinstimmt. Der Prüfer verlangt dennoch von uns, für das einzutreten, was wir für wahr und richtig halten. Leider kann ich auch verstehen, dass nicht jeder mit mir übereinstimmt, und es ist durchaus nicht respektlos gemeint, wenn ich Sie und Mr. Kennedy jenen Leuten zuordne, die es nicht darauf ankommen lassen wollen, ob ich mit meiner Ansicht richtig liege. Meine
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