Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
Zeit jedoch ist knapp, und ich möchte sie nicht mit vorsichtigen, bedachtsamen Annäherungen verschwenden.«
»Ich … verstehe«, sagte Baird und räusperte sich. »Wenn das so ist, Mylord, möchte ich sogleich auf den eigentlichen Grund unseres Besuches zu sprechen kommen.« Er nickte Kennedy zu, und beide setzen sich wieder. Baird griff nach der Kaffeetasse und schlug die Beine übereinander; offenbar war er sehr darum bemüht, sich den Anschein von Ungezwungenheit zu verleihen.
»Wie Sie bereits angedeutet haben, Mylord, sind Sie der Prominenteste unter den Schlüsseln, die über die Veränderungen auf unserer Welt beunruhigt sind. Wir teilen diese Sorge und arbeiten auf unsere Weise dagegen an, so gut wir können. Während wir viele Freunde und eine Anzahl Geldgeber haben, über die Sie vielleicht erstaunt wären, mangelt es uns an der nötigen Prominenz und Stellung. Wir befürchten, unsere Bemühungen könnten auf Dauer nicht genug Wirkung erzielen. Sie andererseits besitzen die nötigen Voraussetzungen und werden weithin als scharfsinniger, umsichtiger Anführer geachtet. Wir möchten Ihnen darum eine Zusammenarbeit mit unserer Organisation vorschlagen.«
»Ihre Organisation«, wiederholte Müller und wippte mit dem Sessel ganz leicht von einer Seite auf die andere. »Wie groß wäre denn Ihre ›Organisation‹, Mr. Baird?«
»Groß genug«, erwiderte Baird tonlos. Auf Muellers fragenden Blick zuckte er mit den Schultern.
»Mir wäre es lieber, keine konkreten Zahlen zu nennen, Mylord. Wie Sie schon sagten, behagt uns der Gedanke nicht sonderlich, dass das Schwert erfährt, wer wir sind. Während ich Ihren Glauben an die Sicherheit ehrlicher Menschen niemals kritisieren würde, haben wir in den letzten elf Jahren doch schon oft mit ansehen müssen, wie alte Rechte und Traditionen unter den Stiefeln des Protectors zertrampelt wurden. Das Schwert war noch nie so mächtig wie heutzutage, und wir fürchten, dass es noch mehr Macht an sich reißen will. Wenn unsere schlimmsten Befürchtungen sich bewahrheiten sollten, dann sollte jeder, der nicht so prominent ist wie ein Schlüsselträger, vorsichtig sein, wenn er offen Kritik an den ›Mayhewschen Reformen‹ äußert.«
»Ich kann Ihren Schlussfolgerungen nicht zustimmen«, entgegnete Mueller, »aber wie schon gesagt, begreife ich Ihre Sorge und achte Ihre Entscheidung.« Er rieb sich das Kinn. »Nachdem dies nun alles gesagt ist, was schlägt Ihre große , anonyme Organisation denn nun vor?«
»Wie schon gesagt, eine Zusammenarbeit, Mylord. Ein Bündnis, wenn Sie so weit gehen wollen. Viele von uns kommen aus den Protestbewegungen, haben an Demonstrationen und Menschenketten teilgenommen. Im harten Kern dieser Bewegungen haben wir noch immer viele Freunde. Sie leiten uns Informationen zu, die für Sie sehr interessant wären, und sie bieten ein starkes Sprachrohr im öffentlichen Blickfeld, über das Sie Ihre Positionen verbreiten könnten. Ferner können wir Ihnen zahlreiche Helfer für den kommenden Wahlkampf bieten, und wenn ich das sagen darf, sind wir recht gut darin zu steuern, wem unsere Sympathisanten ihre Stimme geben. Unsere Mitglieder sind …« – er machte eine Kunstpause – »mit ihrem Geld genauso freigiebig wie mit ihrer Zeit. Im Großen und Ganzen sind wir keine reichen Leute, Mylord. Nur wenige von uns sind wohlhabend oder einflussreich. Aber wir sind zahlreich, und für ein gottgefälliges Werk geben wir alle, was wir entbehren können. Mir ist bekannt, dass die Finanzierung der Wahlkampagnen diesmal schärfer kontrolliert sein wird als je zuvor, aber ich bin sicher, dass wir Ihnen … diskret die politische Kriegskasse füllen können. Mit gut zehn oder elf Millionen Austins. Fürs Erste.«
Mueller behielt eine gleichmütige Miene bei, aber leicht fiel es ihm nicht. Die angebotene Summe war gewaltig und entsprach siebeneinhalb bis achteinhalb Millionen manticoranischen Dollar; darüber hinaus schien Baird anzudeuten, dass sie nur der Anfang sei.
Die Gedanken des Gutsherrn rasten. Als Verschwörer war er selbst zu erfahren, um das Geschick nicht zu würdigen, mit dem Baird ihn geködert hatte. Seine anfängliche Überzeugung, dass Baird sowohl in Bezug auf den Einfluss als auch den Umfang seiner ›Organisation‹ übertrieb, hatte einen schweren Dämpfer erlitten. Aus den Spenden der Mitglieder eine solche Summe zusammenzutragen setzte eine ausgedehnte Organisation voraus, besonders wenn die Mitglieder – wie Baird angedeutet
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