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Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx

Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx

Titel: Honor Harrington 12. Die Raumkadettin von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Hirake und Honor frei gemacht hatten, schließlich aber kamen sie an die Reihe. Obwohl sie sich größte Mühe gab, die gelassene Professionalität von Blackburns Marines nachzuahmen, durchwogte Honor neuerlich Aufregung und Furcht, während sie Hirake durch die Öffnung folgte. Der Lieutenant Commander stieß sich ab – mit der gleichen Anmut wie die Marines, und doch ein wenig anders. Sie trieb von der Pinasse weg, und im Kielwasser des Taktischen Offiziers sprang Honor ebenfalls in die Leere.
    So weit draußen war die Systemsonne erbärmlich klein und überdies noch vom Frachter verdeckt. Die Pinasse und ihre ehemaligen Passagiere trieben im tuscheschwarzen Schutz des Schattens, und die Rumpfscheinwerfer und die kleineren Helmleuchten der Raumanzüge durchstachen tiefschwarze Dunkelheit. Die leistungsstarken Scheinwerfer der Pinasse warfen starre Lichtkreise auf den Frachterrumpf und erhellten die geschlossene Frachtluke und die davor klaffende Öffnung der kleineren Personenschleuse, doch waren die Lichtstrahlen unsichtbar, denn es gab keine Luft, die sie hätte zerstreuen können. Kleinere Kreise huschten und tanzten über die beleuchteten Flecken und in der Dunkelheit ringsum, wenn die Helmleuchten einzelner Marines über den Rumpf strahlten. Honor schaltete ihren eigenen Helmscheinwerfer ein, und während ihre Anzugsdüsen sie dem Schiff entgegenschoben, leuchteten ihre Augen. Sie stellte sich nicht vor, sie sei eine Holo-Drama-Heldin, die zu großen Abenteuern aufbrach, dennoch ging ihr Puls schneller als sonst, und sie konnte sich kaum beherrschen, nicht die Hand auf den Griff ihres geholsterten Pulsers zu legen.
    Dann rührte sich etwas in der Dunkelheit. Man konnte es eher ahnen denn sehen – ein undeutliches Gebilde, das nur deshalb auffiel, weil es kurz einen Lichtkreis kreuzte, den ein Helmscheinwerfer auf dem Rumpf warf. Langsam rotierte das Objekt, ohne sich vom Schiff zu entfernen. Honor drehte sich ein wenig, bis sie es mit ihrem Scheinwerfer einfing, und plötzlich erstarb in ihr jede Versuchung, die sie vielleicht noch gespürt hatte, den Einsatz als Abenteuer zu betrachten.
    Das weibliche Besatzungsmitglied konnte allenfalls wenige Standardjahre älter sein als Honor … und würde nicht mehr älter werden. Sie trug keinen Raumanzug. Sogar der Standard-Bordoverall, den sie einst getragen hatte, war ihr halb vom Körper gerissen worden und trieb mit ihr durch die Schwärze, umschwebte wirr ihre Arme und Schultern wie eine plumpes, zerknittertes Leichentuch. Trotz des gefrorenen Blutschaums, der ihr krustendick um Mund und Nase lag, konnte man ihr das pure Entsetzen im Gesicht ablesen, und die Scheußlichkeit ihres Todes hatte ihre Schließmuskel erschlaffen lassen. Das war nicht einfach nur der Tod. Das war eine Entwürdigung, eine Widerwärtigkeit, und Honor Harrington schluckte schwer, als sie sich damit konfrontiert sah. Sie erinnerte sich an all die Gelegenheiten, bei denen sie und ihre Akademiefreunde einander gehänselt und sich scherzhaft angedroht hatten, sich für eine tatsächlich oder imaginär begangene Missetat gegenseitig ins All zu werfen. In Zukunft würde ihr dabei das Lachen im Halse stecken bleiben.
    Honor wusste nicht, wie lange sie im All getrieben hatte, das Helmlicht auf den Leichnam gerichtet: einst eine junge Frau, bis jemand sie über Bord geworfen hatte wie ein Stück Müll. Im Nachhinein kam es ihr wie ein Jahrhundert vor, in Wirklichkeit aber konnte es nicht länger gedauert haben als wenige Sekunden, bis sie sich von dem Anblick losriss. Sie war vom Kurs abgekommen, stellte sie mechanisch fest, und Lieutenant Commander Hirake befand sich zwanzig oder dreißig Meter rechts vor ihr. Honor überprüfte ihr HUD und gab einen Korrekturbefehl in ihre Düsenkontrollen ein. Es überraschte sie, mit welch felsenfester Stetigkeit ihre Finger die Handschuhfinger-Servos ihres Anzugs bewegten, und sie beschleunigte sanft und folgte dem Taktischen Offizier durch die Schwärze.
    Interessant , dachte sie beinahe nüchtern in einem entrückten Winkel ihres Gehirns. Trotz ihres Entsetzens war sie sehr gefasst und beinahe ruhig – oder empfand zumindest etwas, das diesem Gemütszustand überraschend nahe kam.
    Von da an suchte sie sich sehr, sehr genau aus, was sie mit ihrem Helmscheinwerfer anstrahlte.
     
    »… und damit wäre dann alles gesagt, Sir.« Commander Layson seufzte und ließ das elektronische Klemmbrett auf die Ecke von Captain Bachfischs Schreibtisch sinken. »Keine

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