Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
RMAIA, und so wenig ich ihn mag, Verstand hat er offensichtlich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er rechnen kann, und selbst Melina kann nicht verhindern, dass er einen Blick in seine eigenen Bücher wirft.«
High Ridge stellte die Tasse ab und sah über die Schulter hinweg den Butler an. Descroix besaß die bestürzende Neigung zu vergessen, dass die Dienerschaft Ohren hatte. Der Premierminister war sich dieses Zuges an ihr besonders deutlich bewusst, weil er selbst ständig darauf achten musste. Ihm waren jedoch zu viele Beispiele dafür bekannt, welchen Schaden undankbare, übelnehmerische Dienstboten ihrer Herrschaft zufügen konnten, wenn letztere nicht darauf achtete, was sie in deren Beisein sagte. Diese Lektionen gedachte er nicht zu vergessen, und obwohl sein Butler schon seit dreißig T-Jahren in seinen Diensten stand, hatte es keinen Sinn, unnötige Risiken einzugehen.
»Das wäre dann alles, Howard«, sagte er zu dem Mann. »Lassen Sie die Kanne hier. Ich summe, wenn wir fertig sind.«
»Sehr wohl, Mylord«, murmelte Howard und verschwand diskret.
High Ridge blickte Descroix forschend an. »Also, Elaine«, sagte er, »worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich weise darauf hin, dass er seine Bücher einsehen kann. Ich gebe zu, dass Melina die fiskalischen Einzelheiten besser geregelt hat als erwartet, aber sie kann dem Mann, der technisch ihr Vorgesetzter ist, nicht einfach den Einblick in die Konten seines Amtes verwehren. Reynaud ist vielleicht Admiral, aber er ist im Astro-Lotsendienst aufgestiegen, Michael. Er hat genügend Verwaltungserfahrung. Er mag kein Buchhalter sein, aber ich bin mir gar nicht sicher, ob er Melinas kleine … Tricks nicht vielleicht doch durchschaut. Und angesichts dessen, dass er Clarence offensichtlich nicht ausstehen kann – und damit auch uns – wäre es durchaus möglich, dass er sich als Ritter auf weißem Ross betrachtet. Vielleicht lässt ihn sein empfindsames Gewissen zum Judas werden.«
»Das halte ich für unwahrscheinlich«, entgegnete High Ridge nach kurzem Nachdenken. »Wenn ihm das zuzutrauen ist, warum hat er es dann nicht schon längst getan? So weit ich weiß, hat er noch nie unbequeme Fragen gestellt, geschweige denn irgendein Anzeichen gezeigt, mit seinem Verdacht – wenn er denn einen hegt – an die Öffentlichkeit zu gehen. Und selbst wenn sich herausstellt, dass er es doch will, stünde doch effektiv sein Wort gegen das Ihrer Majestät Regierung.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich sehe nicht, wie er uns unter diesen Umständen schaden könnte.«
»Vermutlich haben Sie Recht – im Augenblick«, sagte Descroix. »Andererseits dachte ich gar nicht ans Jetzt oder an die nächsten Monate oder Jahre. Trotzdem, sehen wir den Tatsachen ins Gesicht, Michael. Wir wissen beide, dass es früher oder später zu einem Regierungswechsel kommt.«
»Cromarty war mit nur drei Unterbrechungen fast sechzig T-Jahre lang Premierminister«, entgegnete High Ridge ein wenig steif.
»Und er hatte die begeisterte Unterstützung der Krone hinter sich. Ein sehr angenehmer Zustand«, bemerkte Descroix trocken, »der in unserem Fall kaum gegeben sein dürfte.«
»Wenn die Unterstützung der Krone Grundvoraussetzung für die Regierungsbildung wäre, hätten wir die Genehmigung dazu niemals bekommen!«, versetzte High Ridge scharf.
»Natürlich nicht. Aber darum geht es auch gar nicht, oder? So unbeherrscht die Queen auch ist, sie ist eine scharfsinnige politische Beobachterin, und sie hatte Recht. Die Differenzen unserer Ideologien und Prioritäten – besonders zwischen Ihnen und mir einerseits und Marisa andererseits – sind zu grundlegend, als dass unser Zusammenhalt ewig Bestand haben könnte. Und darin sind mögliche äußere Kräfte noch gar nicht einkalkuliert. Sehen Sie sich nur diese bescheuerte Montaigne an.« Descroix verzog das Gesicht. »Ich glaube zwar nicht, dass sie die geringste Chance auf Erfolg hat, aber es ist eindeutig, was sie mit diesem dramatischen Verzicht auf ihren Titel bezweckt. Ich glaube, dass die Chancen letztlich hoch gegen sie stehen, aber andererseits hatte ich auch nicht damit gerechnet, dass sie ihre kleine Sonderwahl gewinnt. Deshalb habe ich überhaupt kein Verlangen, mein politisches Überleben davon abhängen zu lassen, dass sie es meiner Meinung nach nicht schaffen wird.«
»Sie glauben also, sie könnte wirklich Marisa als Parteivorsitzende herausfordern?«, fragte High Ridge.
»Wie die Dinge im Moment stehen, wahrscheinlich
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