Honor Harrington 14. Honors Krieg
vorlegen.
Diese Fachleute kommen zu dem Schluss, dass Pritcharts Note den tieferen Sinn hat, eine moralische Grundlage herzustellen, damit Haven die Verhandlungen abbrechen kann, falls wir den havenitischen Forderungen nicht augenblicklich nachgeben sollten.«
Völlige Stille beantwortete ihre Bekanntgabe, denn jeder im Konferenzraum hatte bereits geahnt, wie das Ergebnis der Fachleute lauten würde.
»Was wird Haven Ihrer Ansicht nach tun, nachdem es die Verhandlungen abgebrochen hat – angenommen natürlich, es stimmt, dass die Republik genau das beabsichtigt?«, fragte New Kiev.
»Marisa«, antwortete Descroix mit einem enervierten Unterton, »wenn Haven die Friedensverhandlungen abbricht, dann hat es doch wohl nur eine Wahl, oder?«
»Sie meinen, dass Haven wirklich wieder einen Krieg beginnt«, sagte New Kiev, so sehr auf ihre Besorgnis konzentriert, dass sie nicht einmal Anstoß am Ton der Außenministerin nahm.
»Ich glaube, das ist die einzige Alternative, wenn Pritchart nicht mehr mit uns reden will«, antwortete Descroix unwillentlich ernst, denn durch ihre eigene Besorgnis vergaß sie (wenn auch nur kurz) ihre Antipathie für die Schatzkanzlerin.
»Aber Sie haben uns doch versichert, dass Haven die technischen Mittel fehlen, um uns anzugreifen, Edward«, sagte New Kiev zu Janacek.
Der Erste Lord verfluchte im Stillen New Kiev, weil sie den Finger auf das legen musste, was stets der wundeste Punkt aller ONI-Einschätzungen der havenitischen Kampfbereitschaft gewesen war. »Gesagt habe ich nur«, entgegnete er, »dass sämtliche nachrichtendienstlichen Erkenntnisse auf eine nach wie vor bestehende Unterlegenheit ihrer Technik gegenüber der unsrigen hindeuten. Auch unsere neuesten Informationen stützen diese Annahme. Aber ob wir mit unserer Einschätzung Recht haben oder nicht, sagt noch lange nichts darüber aus, ob Theisman und seine Berater mit uns übereinstimmen. Es könnte durchaus sein, dass sie ihre Möglichkeiten überschätzen – oder unsere unterschätzen. In beiden Fällen könnten sie ihren zivilen Vorgesetzten versichert haben, sie wären in der Lage, erfolgreich die Kampfhandlungen gegen uns wiederaufzunehmen.«
»Und wenn sie es tun?«, drängte New Kiev.
»Wenn sie es tun«, gab Janacek widerwillig zu, »werden sie uns schaden. Admiral Chakrabarti und das ONI bezweifeln zwar nicht, das wir sie am Ende schlagen werden, ganz gleich, was sie sich zutrauen. Aber dieser Sieg wird nicht so einfach wie während des Unternehmens Butterblume, und die Verluste an Menschenleben und Schiffen werden auf beiden Seiten erheblich höher ausfallen.«
»Das ist schrecklich«, sagte New Kiev leise. Und das, überlegte Janacek, war vermutlich die überflüssigste Bemerkung, die sie je von sich gegeben hatte.
»Das ist es ganz sicher«, stimmte Descroix ihr zu. »Wenn die Havies etwas derart Selbstmörderisches versuchen, wird die öffentliche Meinung hier niemals begreifen, dass uns für dieses Himmelfahrtskommando keinerlei Schuld trifft. Die Öffentlichkeit sieht dann nur, dass der Krieg wieder begonnen hat. Die Zentralisten und die Kronenloyalisten grillen uns bei lebendigem Leibe!«
»Ich glaube kaum, dass unsere größte Sorge jetzt ausgerechnet der öffentlichen Meinung gelten sollte, Elaine!«, fuhr New Kiev die Außenministerin gereizt an. »Nach Edwards Worten sehen wir uns schweren Verlusten gegenüber – die in die Tausende gehen!«
»Das ist mir keineswegs entgangen, Marisa«, entgegnete Descroix. »Aber wenn Pritchart und ihre Berater meinen, uns angreifen zu müssen, dann klebt das Blut dieser Toten an ihren Händen und nicht an unseren! Letztendlich wird die Geschichte zu diesem Urteil gelangen. Wir aber müssen uns jetzt Gedanken darüber machen, wie wir angesichts einer solchen Krise noch effizient regieren können.«
Sie funkelte New Kiev an, die ihren heißen Blick mit Zinsen erwiderte, und High Ridge runzelte düster die Stirn. Dass sich die Kabinettsmitglieder an den Hals gingen, hatte ihm gerade noch gefehlt. Wie Descroix sagte, war es lebenswichtig, dass die Regierung angesichts eines möglichen havenitischen Überfalls weiterhin reibungslos arbeitete. Auf lange Sicht konnte kein Kabinettsmitglied es sich leisten, mit einem anderen zu streiten, solange es darauf hoffen wollte, die katastrophalen politischen Folgen eines solchen Angriffs heil zu überstehen.
»Marisa, Elaine, bitte!« Er schüttelte den Kopf. »Sie beide haben vollkommen gerechtfertigte Bedenken
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