Honor Harrington 14. Honors Krieg
sehr wenige Sidemore Station zugeteilt, doch wenn einer von ihnen zur falschen Zeit am falschen Ort wäre, würde das genügen.
Und , sagte sie sich mit entwaffnender Offenheit, ich weiß schon, wer einer dieser Offiziere sein könnte – besonders, wenn Gortz mich weiterhin derart reizt.
Sie holte tief Luft und ließ sich tiefer in den Kommandosessel sinken. Die Hellebarde ahmte seit mehr als sechzehn Stunden jede einzelne Kurskorrektur der Jessica Epps nach – und ignorierte jede Aufforderung, sich zu identifizieren. Im Augenblick befand der andere Kreuzer sich wenigstens zweihunderttausend Kilometer innerhalb der Raketenreichweite von Ferreros Schiff, wodurch sich Gortz in einer Dunkelgrauzone bewegte. Gleichwohl hatte die Hellebarde das interstellare Recht nicht verletzt, indem sie die Jessica Epps innerhalb der Waffenreichweite beschattete und sich weigerte, den Zweck ihrer Annäherung zu nennen und sich zu identifizieren. Nicht ganz. Doch Gortz trieb es auf die Spitze. Vor jedem interstellaren Admiralitätsgericht hätte Ferrero glaubhaft behaupten können, es sei Selbstverteidigung gewesen, dem Andermaner zu befehlen, Abstand zu ihrem Schiff zu halten … und die Hellebarde mit ihrer Feuerleitung zu erfassen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.
Und das war genau das, was sie in diesem Moment am liebsten getan hätte. Genau das, was Gortz verdient hätte.
Dennoch verzichtete sie darauf. Wegen Lady Harringtons Orders. Statt Gortz zu ohrfeigen, hatte sie die Zähne zusammengebissen, die Jessica Epps in Alarmstufe Zwo versetzt und die Raketenabwehrstationen besetzen lassen. Shawn Harris erstellte nun allein auf Grundlage der passiven Sensordaten ständig aktualisierte Feuerleitlösungen auf die Hellebarde . Davon abgesehen hatte Ferrero keine weiteren Schritte eingeleitet. Nachdem die ersten drei Versuche gescheitert waren, rief sie nicht einmal mehr das andere Schiff an.
Möchte wissen, ob Gortz darüber, dass ich ihn ignoriere, genauso sauer ist wie ich über seine Art, uns zu beschatten? , fragte sich Ferrero mit beißendem Humor, der die sehrende Hitzigkeit ihrer Wut nur schlecht kaschierte.
Doch im Augenblick war es völlig belanglos, was Gortz empfand. Denn so ärgerlich Captain Erica Ferrero auch war, sie würde ihre Befehle befolgen. Sie würde keinesfalls den Vorwand liefern, den die Hellebarde ihr offenbar abnötigen wollte.
Aber wenn der Mistkerl auch nur in meine Richtung blinzelt , sagte sie sich schroff, dann zerschieße ich ihn und sein verdammtes Schiff zu Staubflusen.
6
Eloise Descroix hatte ihre Auftritte im Oberhaus selbst zu den besten Zeiten niemals wirklich genossen. Das mochte ein wenig merkwürdig erscheinen, war die erste Kammer des manticoranischen Parlaments doch die nahe liegende spirituelle Heimat aller Verteidiger des Status quo, dem die gegenwärtige Regierung zu Füßen lag. Doch obwohl die Familie Descroix einen guten Stand unter der reichen Oberschicht des Sternenkönigreichs hatte, waren ihre Beziehungen zur echten Aristokratie bestenfalls dürftig. Und Elaine, die in die Familie eingeheiratet hatte, besaß noch dürftigere Beziehungen, besonders seit Sir John Descroix vor vierzehn T-Jahren gestorben war. Sie hatte nie einen Grund gehabt, ihren verstorbenen Ehemann zu ersetzen, der ihr Passierschein in die höheren Kreise der manticoranischen Gesellschaft gewesen war. Und die meisten Leute hatten vergessen, dass sie dort noch als Neuankömmling gelten musste. Doch trotz der äußeren Selbstsicherheit, mit der sie sich unter die Hochwohlgeborenen mischte, vergaßen weder Elaine Descroix noch die Aristokraten, dass sie eigentlich ein Eindringling auf ihrem Territorium war.
In vielerlei Hinsicht erklärte dieses Gefühl der unterlegenen Geburt den Ehrgeiz, der sie auf ihrer Suche nach politischer Macht so weit gebracht hatte. Es gehörte zu den bitteren Ironien ihrer gegenwärtigen Position, dass die Koalition, der sie angehörte, für den Erhalt einer politischen Balance eintrat, in der eine Elaine Descroix niemals die heiß ersehnte Position erreichen konnte: das Amt der Premierministerin. Es sei denn natürlich, man adelte sie zum Dank für ihren selbstlosen Einsatz für das Sternenkönigreich.
Nicht, überlegte sie, dass Michael Janvier sie jemals für solche Ehren vorschlagen würde, solange er selbst Premierminister bleiben wollte und auch nur einen Funken Verstand besaß.
Dadurch erschien ihr die Aussicht auf die heutige Oberhaussitzung
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