Honor Harrington 14. Honors Krieg
auch nicht verlockender. Leider gab es keine Möglichkeit, ihr auszuweichen. William Alexander, diese furchtbare Nervensäge, und seine noch größere Nervensäge von Bruder hatten Eloise Pritcharts Ansprache und den allgemeinen Stand der Unterhandlungen mit der Republik Haven auf die Liste der Fragestunde des Oberhauses gesetzt. Was bedeutete, dass jemand aus der Regierung keine andere Wahl hatte, als vor dem Oberhaus zu erscheinen und gegrillt zu werden.
Und dieser jemand war, ob nun Mitglied des Oberhauses oder nicht, die Außenministerin.
Sie hörte zu, wie der Speaker sie mit langweiligen und getragenen Förmlichkeiten der Kammer vorstellte, und holte mental tief Luft, um sich für das bevorstehende Martyrium zu stählen.
»Und so«, beendete der Speaker endlich seine Ansprache, »ist es mir eine Freude, der Ehrenwerten Außenministerin das Podium zu überlassen. Madame Ministerin?«
Er wandte sich ihr mit einem Lächeln zu, das ihr mindestens so falsch vorkam wie ihr eigenes. Sie erhob sich und ging langsam zu dem mit einem Terminal kombinierten Rednerpult.
»Ich danke Ihnen, Mr Speaker«, sagte sie würdevoll und wandte sich ab, um über die Sitzreihen zu blicken. »Und ich möchte auch den Mitgliedern dieser Kammer dafür danken, dass ich vor ihnen erscheinen darf.«
Sie setzte wieder ihr patentiertes, mildes Lächeln auf und verbrachte einige Sekunden damit, ein Dutzend altmodischer, ausgedruckter Karteikarten vor sich zu ordnen. Es handelte sich um funktionslose Requisiten, doch sie benutzte sie schon sehr lange als Mittel der Verzögerungstaktik; man konnte darin herumblättern, als suchte man seine Fakten zusammen, während man in Wirklichkeit überlegte, wie man am besten auf eine besonders heikle Frage antwortete.
Am Ende jedoch musste sie aufhören, mit den Pappstückchen zu spielen und sich dem Grund stellen, aus dem sie hier war.
»Wie die edlen Mitglieder wissen«, begann sie, »ist heute Fragestunde. Und da die erste Frage auf der Liste den Stand der Außenpolitik des Sternenkönigreichs betrifft, erschien es der Regierung als nahe liegend, die Außenministerin vor Ihnen erscheinen zu lassen. Ich erwarte Ihre Fragen.«
Einige Sekunden lang herrschte Schweigen, dann strahlte auch schon das grüne Blinklicht, das anzeigte, dass jemand eine Frage zu stellen wünschte. Unvermeidlich leuchtete es über dem Sitz des jüngeren Sohns derer von White Haven.
»Ich erteile Lord Alexander das Wort«, sagte sie in einem freundlichen Tonfall, der niemanden in der Kammer täuschte.
»Ich danke der Ehrenwerten Ministerin.« Alexanders Ton hätte vermutlich noch weniger Menschen getäuscht. Er hielt einen Augenblick inne und fuhr dann fort: »Madame Ministerin. In einer neueren Ansprache vor beiden Kammern des Kongresses der Republik Haven gab Präsidentin Eloise Pritchart bekannt, dass ihre Regierung die Unterhändler des Sternenkönigreichs zu konkreten Fortschritten in den Friedensverhandlungen zwischen dem Sternenkönigreich und der Republik drängen will. Sie gab dabei an, dass neue Vorschläge der Republik folgen würden, wobei ihre Ausdrucksweise nahe legte, dass sie eine unverzügliche Antwort von Manticore verlangen wird. Sind diese Vorschläge tatsächlich empfangen worden? Wenn ja, worin bestehen sie, und wie plant die Regierung darauf zu antworten?«
Descroix unterdrückte den Drang, in ihren Karteikarten zu blättern. Schließlich war es nicht gerade so, dass Alexanders Fragen sie in irgendeiner Weise überraschten.
»Ich bin natürlich mit dem Text von Präsidentin Pritcharts Ansprache vertraut, Mylord«, begann sie vorsichtig. »Während ich zustimme, dass der allgemeine Ton ihrer Bemerkungen anmaßender und möglicherweise auch aggressiver war, als wir es uns wünschen, bin ich mir nicht sicher, ob er wirklich darauf hinwies, dass nun Forderungen an uns gestellt werden. Selbstverständlich entwickelt jede Regierung, die seit so langer Zeit über die Beendigung eines solch blutigen Konflikts verhandelt, ein gewisses Maß an Ungeduld. Die Regierung Ihrer Majestät ist sich durchaus im Klaren über das Ausmaß, das dieser Überdruss im Falle der Republik Haven angenommen haben muss. Schließlich befindet sich die Republik bei diesen Verhandlungen in der schwächeren Position. Und auch die Angehörigen Ihrer Majestät Regierung sind vor solcher Ungeduld keineswegs gefeit. Leider bestehen nach wie vor grundsätzliche Uneinigkeiten zwischen dem Sternenkönigreich und der Republik Haven, die
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