Honor Harrington 14. Honors Krieg
hervortreten lassen. Erst zwei Tage zuvor hatten sie die Nachricht erhalten, dass man die HMS Harvest Joy angewiesen habe, das Manticore-System durch den neu entdeckten Terminus des Wurmlochknotens zu verlassen. Indes war diese Meldung mehr als drei Standardwochen lang zu ihnen unterwegs gewesen. Jeder Bericht darüber, was das Vermessungsschiff am anderen Ende des Wurmlochs gefunden hatte, würde genauso lange brauchen – was auch für jede andere Neuigkeit galt, die ihnen zu übermitteln der Admiralität oder der Regierung High Ridge als notwendig erschien.
Nicht dass irgendeine dieser erlauchten Körperschaften bisher Interesse daran gezeigt hatte, mit einer Flottenstation zu kommunizieren, die so unbedeutend war wie Sidemore Station.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was Zachery und Professor Kare finden werden«, sagte sie zu McKeon, »aber ich hoffe sehr, dass es die Regierung nicht noch mehr von uns ablenkt.«
»Hm.« McKeon runzelte die Stirn. »Ich verstehe, was Sie meinen, aber ich glaube, das wäre gehupft wie gesprungen. Wir bekommen zwar weder Orientierung noch Unterstützung, aber andererseits reiten sie die Karre auch nicht noch tiefer in den Dreck.«
Yu wollte etwas sagen und besann sich merklich eines Besseren. Andere Anwesende ließen sich vom Taktgefühl jedoch nicht so sehr einengen.
»Admiral McKeon könnte Recht haben, Hoheit«, warf Brigham schüchtern ein. Honor blickte ihre Stabschefin über die Schulter an, und der Commodore zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht fair von der Regierung, Sie nicht nur die Politik ausüben zu lassen, sondern Ihnen auch noch die Verantwortung für die Formulierung dieser Politik auf die Schultern zu laden«, fuhr sie fort. »Aber wenn man sich so ansieht, welche Politik unsere Regierung am liebsten macht, ist das Sternenkönigreich vielleicht besser dran, wenn sie fürs Erste von etwas anderem abgelenkt ist.«
»Ich verstehe, was Sie meinen – was Sie und Alistair meinen«, sagte Honor nach einem Augenblick des Nachdenkens. »Trotzdem finde ich, dass wir dieses Thema noch nicht einmal dann diskutieren sollten, wenn es ›in der Familie‹ bleibt.« Sie kannte Yu und Caslet gut genug, um keinerlei Unbehagen zu empfinden, wenn sie so etwas vor ihnen aussprach, und Grant, Yus Stabschef, war ein Grayson alter Prägung: Es war undenkbar, dass er jemals aus dem Nähkästchen plauderte. Außerdem gehörten die drei ohnehin zur Familie – sie waren adoptiert. Honor lächelte ihnen zu, während sie fortfuhr. »Es hat überhaupt keinen Sinn, so zu tun, als wären wir nicht alle über das Fehlen neuer Anweisungen besorgt. Und es gibt auch wohl keine Möglichkeit, Spekulationen darüber zu verhindern, weshalb sie ausbleiben. Trotzdem wäre es mir lieb, wenn wir Diskussionen darüber, wie dümmlich wir unsere existierenden Orders finden, auf ein Minimum beschränken könnten. Ich rechne zwar nicht damit, dass irgendjemand von Ihnen deshalb aufhört, darüber nachzudenken, aber offen gesagt leidet der Stab schon unter genügend Misstrauen und Groll, ohne dass wir noch Öl ins Feuer gießen.«
Sie blickte Brigham einen Moment lang in die Augen, dann betrachtete sie auch McKeon und Orndorff und wartete, bis jeder von ihnen genickt hatte.
McKeon wollte soeben etwas anmerken, als die Liftkabine ihr Ziel erreichte. Zischend öffnete sich die Tür, und achselzuckend und mit einem schiefen Grinsen trat er zurück, ließ Honor aussteigen und folgte ihr in den Korridor.
Andrea Jaruwalski und George Reynolds warteten im Besprechungsraum, als Andrew LaFollet den Kopf durch die Luke steckte, um die Abteilung wie gewohnt auf ihre Sicherheit zu überprüfen. Ein hoch gewachsener, hellhaariger Captain of the List der RMN und ein ungewöhnlich jugendlicher, weiblicher sidemorischer Lieutenant-Commander warteten mit den Offizieren des Stabes, und LaFollet musterte beide einen Augenblick lang, als wollte er sich ihre Gesichter einprägen. Dann zog er sich wieder auf den Korridor zurück und gestattete Honor, die kleine Gruppe durch die Luke hineinzuführen.
Die Untergebenen erhoben sich respektvoll, und sie winkte sie auf die Stühle zurück, während sie am Kopf des Tisches Platz nahm. McKeon und Orndorff setzten sich rechts von ihr hin, während Yu und Caslet links Platz nahmen. Brigham saß zwischen Jaruwalski und Reynolds, und Honor wartete noch einen Augenblick, bis sich die beiden Baumkatzen auf den Stuhllehnen ihrer Personen niedergelassen hatten.
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