Honor Harrington 14. Honors Krieg
glucksend.
»Aber natürlich. Mir kam nur gerade der Gedanke, dass es keinen Grund gibt, Pritcharts Note mit einer Schere der Vernunft zu behandeln und die … unerwünschten Formulierungen auszuschneiden, bevor wir sie jemandem wie Marisa zugänglich machen.«
High Ridge sah sie schockiert an. Sie erwiderte seinen Blick erst ruhig und verzog dann das Gesicht.
»Kommen Sie mir jetzt nicht pharisäisch, Michael!«
»Aber … ich meine, eine diplomatische Note zu fälschen ist –«
»Niemand spricht hier vom Fälschen«, unterbrach sie ihn. »Ich füge kein einziges Wort ein. Und ich ändere auch kein einziges. Ich würde nur die eine oder andere Passage … weglassen.«
»Und wenn Pritchart selbst den Text veröffentlicht?«
»Ich wäre dafür, dass wir uns deswegen erst dann Gedanken machen, wenn es so weit kommt. Sie wird es uns vermutlich durchgehen lassen, wenn wir eine freie Wiedergabe veröffentlichen, die das Gleiche aussagt, ohne ihre kompromisslose Sprache zu benutzen. Ich habe das Gefühl, sie gewährt uns dabei einigen Freiraum, damit wir unser Gesicht wahren können. Und falls ich mich irre, dann irre ich mich eben.« Sie hob die Achseln. »Seien Sie ehrlich, Michael. Glauben Sie wirklich, wir könnten Marisa schwerer bei der Stange halten, wenn sie den genauen Wortlaut erst erfährt, sobald Pritchart den gesamten Text veröffentlicht?«
»Wahrscheinlich nicht«, räumte er schließlich ein. »Mir gefallt es nur nicht, Elaine. Kein bisschen.«
»Mir schmeckt es auch nicht besonders; aber die Alternativen sind noch schlimmer.«
»Selbst wenn es funktioniert, ist es keine Lösung auf Dauer«, merkte er gereizt an.
»Die Umfragetrends, von denen Sie eben sprachen, zeigen meiner Ansicht nach, dass wir genügend öffentliche Unterstützung hinter uns bringen können – genug, um selbst Marisa über jede Besorgnis hinwegzuhelfen, die sich aus unserer Verhandlungstaktik mit Haven ergibt. Das gelingt aber nur, wenn wir Pritchart noch ein paar Monate hinhalten können, lange genug, um den Anschluss des Lynx-Systems durchzuziehen und vielleicht sogar den Rest des Sternhaufens. Inzwischen kann Edward mehr neue Lenkwaffen-Superdreadnoughts und LAC-Träger fertig stellen lassen, und dann haben wir Theismans neuen Schiffen etwas mehr entgegenzusetzen. Wenn uns beides gelingt, dann stehen wir in den Umfragen vielleicht endlich so gut da, dass wir es uns leisten können, diese verdammte Wahl durchzuführen. Und wenn wir so weit kommen, dann können wir auch endlich Pritcharts verfluchten Friedensvertrag schließen, weil wir niemanden mehr hinhalten müssen. Und wenn wir das geschafft haben, können wir vermutlich noch einmal Wahlen ansetzen, weil wir dann wahrscheinlich noch mehr Sitze im Unterhaus gewinnen können.«
»Sehr viele Wenn«, entgegnete der Premierminister.
»Aber selbstverständlich. Wir stecken im Moment wirklich in der Tinte. Es hat überhaupt keinen Sinn, etwas anderes vorzugeben. Von meinem Standpunkt aus erhalten wir die größte Chance, uns aus dem Schlamassel zu befreien, wenn wir so vorgehen, wie ich es beschrieben habe. Entweder packen wir es an, oder wir geben das Spiel auf. Wenn Sie es so betrachten, dann sind die Folgen mehr oder minder gleich, ob wir Marisa die vollständige Note jetzt zeigen und riskieren, dass sie aus der Koalition ausschert, oder sie zurückhalten, bis Pritchart uns in ein paar Monaten eine noch fiesere schickt, oder? Wir gewinnen oder wir verlieren – und am Verlieren habe ich kein Interesse. Also lassen wir die Halbheiten.«
10
»Wie schön, Sie zu sehen, Arnold«, log Eloise Pritchart, als ein Angehöriger der Präsidentenschutzabteilung Außenminister Giancola in ihr Büro führte.
»Vielen Dank, Madame Präsidentin. Wie immer freut es mich, Sie zu sehen«, antwortete Giancola wegen des Leibwächters ebenso glatt. Nicht dass jemand, den Kevin Usher persönlich als Leibwache der Präsidentin aussuchte, sich von einem oberflächlichen Austausch von Liebenswürdigkeiten hätte täuschen lassen. Dennoch gab es einen Anschein zu wahren.
Der Außenminister nahm im gleichen Sessel Platz, den Thomas Theisman bei seinen Besuchen im Büro der Präsidentin bevorzugte, und der PSA-Mann zog sich zurück.
»Kann ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?«, fragte Pritchart.
»Nein danke.« Giancola verzog das Gesicht. »Gleich im Anschluss esse ich bei dem erewhonischen Botschafter zu Abend. Ich fürchte, dass ich mir dieses ekelhafte
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