Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
Besprechungsraum kommen?«
Abigail versuchte, nicht überrascht zusammenzuzucken, aber sie konnte sich nicht helfen, sie blickte rasch auf, und der Kommandant lächelte sie ganz kurz an. Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg, doch er wartete nur geduldig, und sie räusperte sich rasch.
»Ma'am«, wandte sie sich an Atkins, »ich bitte um Befreiung.«
»Sie sind befreit, Ms Hearns«, antwortete die Astrogatorin so förmlich wie sie. »Mr Grigovakis«, sagte sie. Sie blickte an Abigail vorbei dorthin, wo Grigovakis mit Commander Blumenthals Ortungsgasten gearbeitet hatte.
»Jawohl, Ma'am?«
»Sie haben die Astrogation, Mr Grigovakis«, sagte sie.
»Aye, aye, Ma'am, ich habe die Astrogation«, bestätigte er.
Abigail stieg von ihrem Sessel, während Atkins zum Sessel im Zentrum der Brücke ging und Grigovakis sich an der Astrogationskonsole niederließ. Respektvoll wartete sie, bis der Captain und der I.O. vor ihr durch die Luke getreten waren, dann folgte sie ihnen.
»Schließ'n Sie das Schott, Ms Hearns«, sagte Oversteegen, und sie drückte den Knopf. Die Luke fuhr geräuschlos zu, und der Kommandant winkte sie zum Konferenztisch und wies auf einen Stuhl.
»Bitte«, sagte er, und sie setzte sich.
»Ich könnt' mir vorstellen, dass Sie ein bisschen neugierig sind, weshalb ich Sie gebeten hab', mit dem Eins-O und mir zu kommen«, sagte er nach einem Augenblick und zog fragend eine Braue hoch.
»Nun, jawohl, Sir. Ein bisschen«, gab sie zu.
»Mein Grund dafür ist denkbar einfach«, sagte er. »Wir werden uns mit Refuge in Verbindung setzen, und wie ich schon andeutete, als ich unsere Gründe darlegte, weshalb wir überhaupt ins Tiberian-System gefahr'n sind, halte ich es für wichtig, dass wir die Refugianer befragen, ohne sie gegen uns aufzubringen. Darüber hinaus finde ich es wichtig, bei ihnen nicht den Eindruck zu erwecken, als wollten wir sie einschüchtern. Aus dem Grund habe ich beschlossen, den Befehl über den Landetrupp Ihnen zu geben.«
Er klang ganz beiläufig, doch Abigail spürte, wie sie innerlich sofort erstarrte.
Nach seinen Bemerklungen bei dem ersten Dinner war Oversteegen mit keinem Wort mehr darauf eingegangen, dass Abigail eine Grayson war. Dafür war sie dankbar gewesen, und ihre Dankbarkeit war noch größer geworden, als ihr klar wurde, dass der Kommandant Grigovakis in Bezug auf sein Verhalten … beraten haben musste. Ein liebenswürdiger Zeitgenosse wurde nie aus ihm, doch wenigstens hatte er die hässlichen kleinen Sticheleien zurückgeschraubt, mit denen er seine Kameraden so gern bedachte. Was das anging, so hatte er auch sein Verhalten als ›kleiner Popanz‹, wie Karl es nannte, gegenüber den Mannschaftsdienstgraden, mit denen er zu tun hatte, sehr eingeschränkt. Auch das war ganz gewiss, daran zweifelte Abigail nicht im Mindesten, eine Folge seines Plauschs mit dem Kommandanten.
Oversteegens Intervention hatte sie überrascht, zumal er sich offensichtlich entschieden hatte, direkt einzugreifen, statt die Aufgabe an Commander Watson oder Lieutenant Commander Abbott zu übertragen. Unleugbar war sie aber auch erfreut gewesen. Sie hatte zwar nie bezweifelt, mit Grigovakis fertig zu werden, wenn es sein musste, doch es war ihr eine große Erleichterung gewesen, als dieser Quell der Reibereien im Kakerlakennest verschwand – oder doch beträchtlich ausgetrocknet wurde.
Die Dankbarkeit, die sie für das Einschreiten des Kommandanten empfand, glich jedoch den Stich aus ungemilderter Wut in keiner Weise aus, der sie bei seiner Bekanntmachung durchzuckte. Vielleicht hatte er Grigovakis den Kopf gewaschen, weil er unnötige Reibereien zwischen den Mitgliedern seiner Besatzung erzeugte, doch offensichtlich nicht, weil er Grigovakis' Sicht der Graysons nicht teilte. Wer sollte schließlich besser mit einem Haufen primitiver, isolationistischer religiöser Eiferer umgehen können als eine primitive religiöse Fanatikerin?
»Captain«, wandte sie mit sorgsam beherrschter Stimme ein, »ich weiß eigentlich gar nichts über die Glaubensvorstellungen der Refugianer. Bei allem schuldigen Respekt, Sir, ich bin mir nicht sicher, ob ich als Verbindungsoffizier für diesen Planeten die beste Wahl bin.«
»Ich glaube, Sie unterschätzen sich, Ms Hearns«, entgegnete Oversteegen gelassen. »Glauben Sie mir, ich hab' mir die Sache ausführlich durch den Kopf geh'n lassen, und Sie sin' tatsächlich die beste Wahl.«
»Sir«, sagte sie, »ich weiß Ihr Vertrauen in meine
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