Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
dass die Vorzeichen zu gut waren, um sie zu ignorieren.
Die Schwester waren allen Gefahren zum Trotz entschlossen, den Versuch zu unternehmen. Der Tod war dem Leben, das sie hinter sich ließen, vorzuziehen. Wenn sie im letzten Augenblick doch scheitern sollten, so gäbe der Aronsstab einen wunderbaren Scheiterhaufen ab, sagte Judith sich grimmig.
Vielleicht war sein helles Strahlen der nächsten Moses ein Leitstern, wenn sie mit ihrem Versuch die Schwestern endlich in die ersehnte Freiheit führte.
Michael hatte gedacht, er sei auf alles vorbereitet. Doch als Lieutenant Dunsinane ihm nicht nur mitteilte, dass er von seinen Bordpflichten befreit sei, damit er mit Mr Lawler auf dem Planeten landen konnte, sondern dabei auch noch lächelte, war er so erstaunt, dass er beinahe vergessen hätte, ihr zu danken.
»Ich habe mir Ihre Arbeit noch einmal angesehen«, fuhr Dunsinane fort, als Michael seinen gestammelten Dank beendet hatte, und eine Spur ihrer alten Strenge kehrte zurück, »und mir ist nun klar, dass Sie erfüllt haben, was man Ihnen auftrug. Aber danken Sie mir nicht zu früh. Ihr Landurlaub hat eine Bedingung, Mr Winton.«
»Jawohl, Lieutenant?«
»Sofern Sie nicht durch etwas Unaufschiebbares daran gehindert werden, sind Sie angewiesen, sich jeden Abend wieder an Bord zu melden.«
»Da wird es keine Schwierigkeiten geben, Ma'am«, versprach Michael. »Mr Hills Einweisung zufolge sähe es den Wahren Gläubigen in keiner Weise ähnlich, irgendwelche Besprechungen nach dem Abendessen anzusetzen. Es widerspräche ihren Gebräuchen. Das Einzige, was mir entginge, wäre Mr Lawlers Zusammenfassung der Ereignisse.«
Dunsinane grinste zwar nicht, doch ihr zuckender Mundwinkel konnte bedeuten, dass sie den erleichterten Unterton bemerkt hatte, der sich unbeabsichtigt in Michaels Stimme geschlichen hatte, als in ihm die Hoffnung aufkeimte, er könnte einigen von Mr Lawlers ausführlichen – und weitgehend sinnlosen – Analysesitzungen entkommen.
»Ich bin sicher, dass Mr Cayen Ihnen gerne eine Mitschrift anfertigt«, fuhr Lieutenant Dunsinane so überzeugt fort, dass Michael der Verdacht beschlich, sie könnte bereits dafür gesorgt haben.
Tatsächlich hatte Michael zum ersten Mal das Gefühl, der 2TO arbeite mit ihm statt gegen ihn, und er war fest entschlossen, sich nicht als Enttäuschung zu entpuppen.
Am frühen Morgen trug eine Pinasse der Intransigent sie zu einem größeren masadanischen Raumhafen hinab. Dem Leichten Kreuzer war ein enger Parkorbit verwehrt geblieben; vielmehr musste die Intransigent einen so großen Abstand zum Planeten einhalten, dass Michael sich fragte, ob die Masadaner etwa mit einem Angriff rechneten.
Wahrscheinlich würde jeder Planet, der gewohnheitsmäßig den nächsten Nachbarn angreift, befürchten, seine stärkeren Nachbarn könnten ihn genauso behandeln , dachte er. Vielleicht aber auch nicht. Die Wahren Gläubigen scheinen wirklich davon auszugehen, dass Gott auf ihrer Seite steht und alles andere keine Rolle spielt. Vielleicht glauben sie nur, sie hielten uns außer Sensorreichweite.
Er grinste leicht. Wenn die Masadaner das wirklich annahmen, dann ahnten sie nicht im Entferntesten, wie leistungsfähig die Sensoren der Intransigent waren. Der Leichte Kreuzer nahm alles ganz genau auf, was im Umkreis Masadas geschah. Nur hinter einer hinreichend großen Masse – dem Planeten selbst zum Beispiel – konnte man etwas vor seinen feinen Sinnen verborgen halten.
Die Pinasse landete auf einem Raumhafen, von dem Michael wusste, dass er auf Masada die größte und modernste Einrichtung seiner Art war. Verschiedene Elemente in Entwurf und Aufbau verrieten indes, worauf das Hauptaugenmerk der Wahren Gläubigen lag: dem Aufbau ihrer Militärflotte. Aus Mr Lawlers Vorträgen wusste er, dass die Navy einen schwindelerregend hohen Anteil ihres Bruttosystemprodukts verschlang. Dennoch wirkte die Anlage auf manticoranische Augen recht primitiv.
Nichts, was er auf dem Raumhafen sah, bereitete ihn auf die Stadt Gottes vor. Was Michael als Erstes ins Auge fiel, war die überwältigende Anzahl von Menschen, die zu Fuß unterwegs waren. Männer wie Frauen hatten sich gegen das raue Wetter verhüllt und stapften mit gebeugtem Kopf und schicksalsergebener Haltung gegen den schneidenden Wind an.
Der Fahrzeugverkehr war minimal und schien auf Lastwagen beschränkt zu sein. Und tatsächlich brachte ihr Führer sie nicht zu einem Privatfahrzeug, sondern an
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