Honor Harrington 15. Die Spione von Sphinx
einem vergleichsweise niedrigen Beschleunigungswert.
Zum Teil lag es daran, dass sie sich der Empfindlichkeit ihrer menschlichen Fracht bewusst war, die nichts auf eine Reise durch den Weltraum hatte vorbereiten können, vor allem aber – und da musste sie ehrlich zu sich selbst sein –, weil sie sich scheute, Manöver zu versuchen, mit denen sie sich und ihre Besatzung überforderte. Insbesondere war Judith nicht bereit, mit ihrer Maschinencrew, die alles, was sie wusste, nur auswendig gelernt hatte, das Risiko einzugehen, die Sicherheitsspanne des Trägheitskompensators in einer Weise auszunutzen, wie es mit einer erfahrenen Leitenden Ingenieurin möglich gewesen wäre. Unglücklicherweise schlossen die havenitischen Modifikationen an Bord von Ephraims anderen Schiffen auch Verbesserungen an den Trägheitskompensatoren ein. Selbst wenn sie die gleiche Sicherheitsspanne einhielten, waren sie zu einer erheblich höheren Beschleunigung fähig als der Aronsstab . Mit voll ausgebildeten Crews, die den Schiffen das höchstmögliche Tempo abverlangen konnten, wäre der Beschleunigungsvorteil noch größer.
Dennoch, vielleicht reichte die Zeit den Schwestern zur Flucht. Ephraim war auf der anderen Seite des Planeten gewesen, als er von den Vorgängen auf seinem Sitz unterrichtet wurde. Die Blüte , die einzige andere Fähre, die in seinen Hangars zur Verfügung stand, war unbrauchbar gemacht. Vielleicht blieb genug Zeit.
Und wenn nicht?
Judith runzelte die Stirn, und ohne auf ihre nervöse Crew zu achten, vergrub sie das Gesicht in den Händen und versuchte zu denken.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen«, fragte Michael, während er hinter John Hill die Stufen hinaufhastete, »mir zu sagen, was hier vorgeht?«
»Sie haben doch diese Männer gesehen, die den Konklavesaal verließen?«
»Ja. Templetons. Schiffseigner.«
Michael antwortete abgehackt. Er musste feststellen, dass das Fitnessprogramm an Bord der Intransigent ihn nicht auf das Hinaufrennen von Treppen vorbereitet hatte.
»Jemand hat ein Schiff der Templetons gestohlen.«
»Aha?«
»Im Moment weiß Templeton noch nicht, wer es gestohlen hat.«
»Und Sie?«
John Hill klopfte sich an sein Ohr, und Michael begriff, dass er ihm damit zeigte, er trage dort etwas unter die Haut Implantiertes.
»Ich habe das bessere Nachrichtenabonnement. Es ist zu interessanten Fällen von verschwundenen Personen gekommen, und von einigen davon hat außer mir vielleicht noch niemand gehört.«
»Wie das?«
»Vertrauen Sie mir einfach.«
»Also schön. Aber wieso ist das für uns wichtig?«
»Sagen wir einfach, wenn jemand die Vermisstenfälle zueinander in Beziehung setzt, wird er sich an Sie erinnern und überlegen, ob Ihre Anwesenheit auf dieser Welt etwa damit zusammenhängt.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Templeton weiß noch nichts davon, aber eine Frau wurde festgenommen, als sie versuchte, ihr Haus zu verlassen. Sie wurde verhaftet, und im Verhör …«
Hills Tonfall machte klar, dass er etwas Schlimmeres meinte als eine einfache Vernehmung.
»Vor ihrem Tod gab sie die Existenz einer Organisation zu, die sich der Bund der Schwestern Barbaras nennt, und sprach von einem Unternehmen namens Exodus. Ich würde gern etwas anderes annehmen, aber ich halte es für möglich, dass diese beiden Ereignisse in Zusammenhang stehen.«
»Warum … Was hat das mit uns zu tun?«
»Nichts, aber ich glaube nicht einmal für eine Sekunde, dass die Wahren Gläubigen uns das abnehmen.«
Sie erreichten das Dach, und zu Michaels Überraschung erwartete sie ein kleiner Flugwagen. Hill winkte ihn hinein, warf sich auf den Fahrersitz und schaltete den Kontragrav hoch.
»Mit einem ähnlichen Fahrzeug ist Templeton vor nicht allzu langer Zeit zum nächsten Raumhafen gestartet. Sie glaubten doch wohl nicht, die Ablehnung von Technik gälte auch in Notfällen, oder? Hiermit sollten eigentlich einige seiner Söhne aufgelesen werden.«
Michael schüttelte ungläubig-bewundernd den Kopf.
»Sie wollten mir erklären, weshalb die Wahren Gläubigen uns nicht glauben würden, dass wir nichts mit der Sache zu tun haben.«
»Sie sollen glauben, dass ihre Frauen, die so brav sind, so devot, so gut dressiert, ohne Anreiz von außen plötzlich rebellieren?« Hill schnaubte und legte den Wagen in die Kurve, dass es Michael den Magen umdrehte. »Zu glauben, dass sie von außen dazu gebracht wurden, ist doch viel einfacher. Die Masadaner werden Sie als den Diener Ihrer Königin
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