Honor Harrington 17. Um jeden Preis
entgegnete Allison nachdrücklich, und Emily lachte stillvergnügt.
»Na schön, Allison. Sie haben gewonnen. Aber dann müssen Sie mich Emily nennen und nicht Mylady.«
»Gut.« Allison schüttelte den Kopf, und ihre Miene wirkte einen Augenblick lang beinahe verwirrt. »Eigentlich wünscht wohl jede Mutter ihrer Tochter Erfolg und dass sie vorankommt, aber ich glaube manchmal, Honor hat eine unglaubliche Neigung zu Leistungsüberschuss, egal wie unangenehm das für ihren Vater oder mich auch wird.«
»Und Sie sind ungeheuer stolz auf sie«, stellte Emily fest.
»Natürlich bin ich auf sie stolz. Das heißt, wenn ich nicht gerade nachts herumsitze und mich sorge, in welche irrwitzige Gefahr sie sich als Nächstes stürzt.«
Allisons Ton war leicht und amüsiert, doch in den Schokoladenaugen blitzte plötzlich ein dunkleres Empfinden auf, und Emilys Lächeln geriet ins Wanken.
»Sie neigt dazu, alle in Sorge zu stürzen, die sie mögen«, sagte sie ruhig. »Ich will ganz ehrlich sein, Allison. Ich habe mich noch nie so gefreut wie in dem Moment, in dem die Königin Hamish fragte, ob er die Admiralität übernehmen wolle. Ich weiß, dass er die Uniform nicht gern ausgezogen hat, aber beide draußen im All zu wissen, wo jederzeit auf sie gefeuert werden kann, das wäre noch schlimmer gewesen.«
»Ich weiß.« Allison setzte sich auf eine Steinbank – die gleiche, auf der gewöhnlich Honor saß, wenn sie sich im Innenhof zu Emily gesellte – und sah ihr fest in die Augen. »Mir ist klar, dass das Timing dieser ganzen Sache genauso ›interessant‹ ist – im chinesischen Wortsinn – wie alles, was sich Honor bisher eingebrockt hat. Und ich kenne Sie offensichtlich nicht sehr gut … bisher jedenfalls. Trotzdem hoffe ich, Sie verübeln mir nicht, wenn ich sage, dass Hamish und Sie in vielerlei Hinsicht das Beste sind, was Honor passieren konnte, seit Paul Tankersley tot ist. Ich hoffe, dass auch Sie etwas davon haben, aber ich bin selbstsüchtig genug, um mich trotzdem für meine Tochter zu freuen.«
»Sie ist sehr jung, nicht wahr?«, entgegnete Emily, und Allison lächelte.
»Ich bin mir sicher, dass sie es in ihrem Alter so nicht sieht, aber in mancherlei Hinsicht haben Sie recht. Und sie ist auch sehr sphinxianisch. Ich hingegen bin eine erfahrene alte Dame vom dekadenten Beowulf. Vom heutigen Grayson abgesehen die bizarrste Welt von allen.«
»Das weiß ich. Ich möchte gar nicht vorgeben, dass es für mich leicht war. Vor allem zuerst nicht. Doch an Ihrer Tochter ist etwas, Allison, eine magnetische Ausstrahlung. Charisma muss man es wohl nennen, aber ich glaube, sie ist sich nie gewahr, dass sie es besitzt. Man trifft wirklich nicht viele Menschen damit. Und körperlich ist sie genauso beeindruckend. Die meisten Profitänzerinnen, die ich kannte, als ich noch Schauspielerin war, hätten gemordet, um sich so bewegen zu können wie sie.« Sie lächelte. »Wenn ich nicht an diesen Sessel gefesselt wäre, würde ich mich wahrscheinlich körperlich genauso von ihr angezogen fühlen wie Hamish.« Dieses Eingeständnis hätte Emily gegenüber den meisten Angehörigen selbst ihrer eigenen Klasse nicht abgelegt, aber Allison stammte, wie sie selbst immer betonte, von Beowulf. »Aber auch ohne körperliche Attraktion ist Ihre Tochter auf ihre Weise ein unglaublich liebenswerter Mensch. Und immer so verdammt bedacht, sich nicht an die erste Stelle zu setzen, dass man sie manchmal einfach würgen möchte.«
»Das hat sie von ihrem Vater«, sagte Allison fröhlich. »Diesen ganzen Altruismus.« Sie schüttelte den Kopf. »Meine Lebenseinstellung ist erheblich hedonistischer.«
»Das glaube ich gern.« Emily lächelte. »Was ohne Zweifel in einer eher indirekten Weise erklärt, was Sie heute Nachmittag auf White Haven führt?«
»Nun, selbst eine in der Wolle gefärbte Hedonistin strengt sich für ihr erstes Enkelkind gern ein wenig an.«
Allison beobachtete ihre Gastgeberin genau, doch Emilys Lächeln geriet nicht ins Wanken.
»Aus irgendeinem Grunde bin ich nicht überrascht, das zu hören«, sagte sie. »Aber wo wir schon beim Thema sind, was ist denn offiziell der Grund für Ihr Kommen? Nur damit sich unsere Geschichten nicht widersprechen, wissen Sie.«
»Oh, offiziell bin ich Dr. Arifs wegen hier. Sie hat mich in ihre Kommission geholt, als medizinische Sachverständige und das Nächstbeste zu einer Expertin für Baumkatzen, was sie finden konnte. Ich habe mich mit Zähnen und Klauen gewehrt und
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