Honor Harrington 17. Um jeden Preis
politischen Beziehungen zwischen unseren beiden Sternnationen …«
Er lächelte, und Telmachi nickte, ebenfalls lächelnd.
»Ganz genau«, sagte er und führte seinen Besucher zu einer Sitzgruppe vor dem riesigen, vom Boden zur Decke reichenden Erkerfenster des Büros. »Selbstverständlich«, fuhr er fort, und sein Lächeln vertiefte sich, während sie sich setzten, »habe ich in den spirituellen Angelegenheiten des Sternenkönigreichs nicht ganz so viel Einfluss wie Sie im Protectorat.«
»Sie wären überrascht«, entgegnete Sullivan trocken. »Unsere Doktrin der Prüfung sorgt für eine gewisse spirituelle Aufsässigkeit.«
»Doch Aufsässigkeit kann Gutes haben, wenn man sich darauf versteht, ihre Ursachen zu erkennen«, entgegnete Telmachi. »In meiner Kirche haben wir es auf die harte Tour herausgefunden. Ich glaube, wir haben damit angefangen, noch ehe Ihre Vorfahren nach Grayson aufbrachen.«
»Wir durch die Irren von Masada«, sagte Sullivan in grimmigerem Ton.
»Jeder Glaube hat seine Momente des Irrsinns, Reverend.« Telmachi schüttelte traurig den Kopf. »Die Inquisition, der islamistische Terror, der Dschihad von New Athens, Ihre Wahren Gläubigen … Wo sich Glaube in Fanatismus verwandelt, hat niemand ein Monopol auf Extremismus.«
»Und kein Glaube hat ein Monopol auf den Widerstand gegen Fanatismus«, erwiderte Sullivan. »Eine Tatsache, die meinen Vorfahren auf Grayson fast entfallen war angesichts des Monopols« – er benutzte das Wort absichtlich wieder –, »das Vater Kirche dort auf spirituellen Einfluss besaß.«
»Vielleicht«, räumte Telmachi ein. »Dennoch bezweifle ich, dass man Ihnen oder Reverend Hanks diesen Vorwurf machen könnte. Ich habe immer tief bewundert, wie Sie beide die gewaltigen Veränderungen bewältigt haben, mit denen Ihre Gesellschaft durch die Allianz mit dem Sternenkönigreich konfrontiert wurde.«
»Sie meinen wohl, nachdem wir mit einer ganzen Galaxis voller gefährlicher, wenn nicht geradezu ketzerischer Gedanken über radikale Dinge wie Frauenrechte konfrontiert wurden«, verbesserte Sullivan ihn mit einem gelassenen Auflachen.
»Nun, natürlich. Ich bin nur viel zu diplomatisch, um so etwas je auszusprechen.«
Beide Männer lachten, doch dann lehnte sich Telmachi in seinen Sessel zurück, schlug die Beine übereinander und blickte seinen Besucher nachdenklich an.
»Reverend, ich bin wahrlich froh, Sie kennenzulernen, und ich sehe, dass Sie von Angesicht zu Angesicht wirklich so gewinnend sind, wie Monsignore Davidsons Bericht andeutete. Ich weiß aber auch, dass dies das erste Mal in der Geschichte Graysons ist, dass ein Reverend den Planeten verlässt, aus welchem Grund auch immer. Ich habe sämtliche erwarteten Presseerklärungen und -verlautbarungen herausgegeben und mich eingerichtet, Ihren Gesprächen mit allen Vertretern unserer wichtigen Religionen und Glaubensgemeinschaften beizuwohnen, wie Sie es wünschten. Ich muss jedoch zugeben, dass ich nicht sehr überrascht war, als Ihre Leute die meinen kontaktierten, um im Vorfeld ein privates Treffen zwischen uns zu verabreden.«
»Waren Sie nicht?«, fragte Sullivan und lehnte sich zurück.
»Nein. Monsignore Davidson ist, wie Sie gewiss bemerkt haben, ebenso intelligent wie charmant. Aus gewissen Fragen, die Sie ihm gestellt haben, hat er geschlossen, dass Ihnen an einem direkten Kontakt mit mir besonders gelegen sei. Er hat jedoch, das muss ich hinzufügen, keinen Grund für Ihr Interesse angedeutet. Allerdings habe ich selbst eigene Rückschlüsse gezogen.«
Sullivan blickte aus dem Fenster auf die wolkenkratzenden Türme der City von Landing, ein faszinierend fremdartiger Anblick für jeden Grayson. Landing war von einer Kontragravzivilisation auf einem Planeten erbaut worden, dessen Umwelt den Menschen willkommen geheißen hatte statt zu versuchen, den dreisten Eindringling zurückzuschlagen. Die Häuser ragten höher auf als irgendein Bauwerk auf Grayson, und keine einzelne Umweltkuppel war in Sicht. So viel weiter Himmel musste jeden Grayson nervös machen, vor allem, wenn er zusah, wie die Äste der Bäume im städtischen Grüngürtel sich wiegten im frischen Morgenwind. Der Reverend fühlte sich fast nackt, und seine Hand zuckte, als er den reflexhaften Griff zur Atemmaske unterdrückte, die normalerweise in ihrem Behälter rechts an seinem Gürtel hing. Dass Flugstaub auf Manticore nicht die Gefahr einer lebensbedrohlichen Vergiftung bedeutete, hatte sein Verstand eher erfasst, als
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