Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
oder als Offizier der Königin?«, fragte er ein wenig vorsichtig.
»Beides«, sagte sie mit einem schiefen Grinsen.
»Wenn es so schlimm ist, dann sagst du es mir lieber«, sagte er und wappnete sich sichtlich.
»Anton Zilwicki hat mich nicht allein aufgesucht«, sagte sie. »Er brachte einen Mr Cachat mit.«
»Cachat«, wiederholte Grantville. Offensichtlich kam ihm der Name bekannt vor, aber er konnte nicht den Finger auf die Erinnerung legen.
» Victor Cachat«, sagte Honor hilfsbereit. »Wie in: der gleiche Victor Cachat, der den Schachzug um Torch erdacht hat.«
»Ein Havie-Spion?« Hatte Grantville vorher schon ungläubig dreingeblickt, so zeigte sein Gesicht nun Fassungslosigkeit. »Du hattest einen Havie-Spion an Bord deines Flaggschiffs?«
»Und nicht nur irgendeinen Spion.« Honor konnte nichts dagegen tun. Trotz der Wut, die unter dem Schock in Grantvilles Geistesleuchten zu brodeln begann, empfand sie bei ihrem Geständnis eine gewisse manische Schadenfreude. »Vielmehr ist er nun der Chef des gesamten havenitischen Netzes mit Basis Erewhon.«
Der Premierminister starrte sie an. Schließlich erlangte er seine Fassung zurück.
»Das ist nicht lustig«, sagte er kühl. »Durchaus möglich, dass jemand aufgrund dessen, was du mir gerade gesagt hast, eine Anklage wegen Landesverrats erhebt.«
»Wie das?«, wollte sie wissen.
»Du hast einen bekannten hochrangigen Geheimdienstler einer Sternnation, mit der wir uns im Krieg befinden, in militärischem Sperrgebiet an Bord deines Flaggschiffs empfangen, und deinen Formulierungen darf ich doch wohl entnehmen, dass er nicht noch dort ist und in einer Zelle sitzt. Oder?«
»Nein, das ist er nicht«, sagte sie und erwiderte seine kalte Wut mit hartem Blick.
»Und welche Informationen haben Sie ihn aus dieser in keiner Weise genehmigten Unterredung mitnehmen lassen, Admiral?«
»Keine, die er nicht mitbrachte.«
»Und wären Sie bereit, das vor einem Kriegsgericht zu beweisen?«
»Nein, Herr Premierminister, das wäre ich nicht«, sagte sie mit gleichermaßen eisiger Stimme. »Wenn mein Wort Ihnen nicht genügt, dann erheben Sie doch Anklage, und scheren Sie sich zum Teufel.«
Grantvilles Nasenflügel blähten sich, doch dann schloss er die Augen. Die rechte Hand ballte er über der Tischplatte zur Faust, und Honor schmeckte die gewaltige Mühe, die er sich gab, um seine eisige Wut zu zügeln.
Interessant , dachte sie. Also hat auch Willie das Alexander-Temperament.
»Dein Wort reicht mir«, sagte er schließlich und schlug die Augen wieder auf, »aber es genügt vielleicht nicht jedem, wenn diese … Unterredung jemals bekannt werden sollte. Mein Gott, Honor! Was hast du dir nur dabei gedacht?«
»Ich dachte daran, dass ein Mann, dem ich nie begegnet bin, willens war, an Bord meines Schiffes zu kommen, obwohl er genau wusste, was ihm zustoßen konnte. Dass er mit einem Selbstmordgerät in der Tasche kam, das zu nutzen er bereit war. Dass er tatsächlich erwartete , es benutzen zu müssen, und dennoch gekommen ist. Und dass er mir die Wahrheit gesagt hat, Willie. Dir ist bekannt, dass ich mit Sicherheit weiß , dass alles wahr ist, was ich dir gerade gesagt habe.«
Er kniff die Augen zusammen, denn er war eingeweiht.
»Du sagst, er hätte erwartet, sein Selbstmordgerät zu benutzen«, fuhr der Premierminister schließlich fort, und sie nickte. »Dann nehme ich an, du weißt auch – oder glaubst zu wissen –, weshalb er dennoch zu kommen bereit war?«
»Weil er ein Patriot ist«, antwortete Honor ohne Umschweife. »Er ist wahrscheinlich der gefährlichste Mensch, dem ich je begegnet bin, und das nicht nur wegen seiner überragenden Tüchtigkeit. Unter dem Strich nimmt er seine Anschauungen und Pflichten äußerst ernst. Er weiß, dass der Mordanschlag auf Berry und Ruth nicht von seinen Leuten ausgeführt wurde, und er hat auch nichts davon bemerkt, dass jemand in Nouveau Paris versucht hätte, ihn zu umgehen. Jetzt, wo ich den Mann kennengelernt habe, bezweifle ich nicht mehr, dass er seinen gesamten Verantwortungsbereich so weit im Griff hat, um zu wissen, wenn etwas Derartiges geschehen wäre. Da er also weiß, dass er den Anschlag nicht begangen hat, und sich so gut wie sicher ist, dass auch niemand aus der havenitischen Regierung dahintersteckt, muss er annehmen, dass der wirkliche Drahtzieher aus Motiven handelt, die für Außenpolitik und Sicherheit der Republik Haven nachteilig sind. Also hat er sein Leben in der vollen Erwartung, es
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