Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
aussprach, schien ihn zu überraschen, und Tourville zwang sich zu einem Lächeln.
»Das weiß ich, Frazier. Das weiß ich gut.«
Er klopfte dem Operationsoffizier auf die Schulter und trat zwei Schritte näher an das taktische Hauptdisplay. Dort stand er und spähte hinein, bis er spürte, dass jemand neben ihn getreten war, und als er sich umwandte, sah er Captain DeLaney.
»Frazier meint es nur gut, Boss«, sagte seine untersetzte Stabschefin leise.
»Weiß ich selbst.« Tourville lächelte wieder, nun etwas natürlicher, aber es war dennoch ein trauriges Lächeln. Nur jemand, den er gut kannte und vertraute, ließ er dieses Lächeln sehen, denn es passte nur sehr schlecht zu seinem ›Cowboy‹-Image.
»Es ist bloß, dass er sie nur als Ziele betrachtet«, fuhr Tourville ebenso leise fort. »Im Augenblick wünschte ich, ich könnte das auch. Ich kann es aber nicht. Ich weiß genau, was sie dort drüben denken, aber sie versuchen uns trotzdem abzufangen.«
»Wie Sie schon sagten, Boss« – DeLaney zeigte das gleiche Lächeln wie er –, »die große Wahl gelassen haben wir ihnen nicht, oder?«
»Zum Teufel mit dem Geleitschutz!«, rief Admiral Theodosia Kuzak. »Wenn wir ihn zurücklassen, sparen wir fünfzehn Minuten Gesamttransitzeit, und Kreuzer und Zerstörer werden wohl kaum einen Unterschied machen, oder?«
»Nein, Ma'am«, antwortete Captain Gerald Smithson, ihr Stabschef. Er war ein hochgewachsener, schlicht wirkender Mann, dessen dunkles Haar und dunkler Teint in einem krassen Kontrast zu Kuzaks feuerrotem Haar und heller Haut standen, und er schien sich erst noch von dem Schock zu erholen, den die Erklärung des Falls Zulu durch die Admiralität der Dritten Flotte bereitet hatte.
»Hat der Lotsendienst sich schon gemeldet?«, fragte Kuzak und fuhr zu Lieutenant Franklin Bradshaw herum, ihrem Stabssignaloffizier.
»Jawohl, Ma'am«, antwortete Bradshaw. »Admiral Grimms Kurierboot ist gerade eben durchs Wurmloch gekommen. Sie hatte bereits mit der Räumung des Nexus begonnen, ehe sie es losschickte. Sie arbeitet jetzt die günstigste Verteilung unserer Einheiten aus, die den Ankunftsterminus vor havenitischen Drohnen abschirmen sollen. Außerdem verlegt sie Schlepper zur Einreisebahn, falls eines unserer Schiffe Hilfe benötigt.«
»Netter Gedanke«, erwiderte Kuzak mit einem freudlosen Lächeln, »aber wenn unsere Wallschiffe zusammenstoßen, helfen Schlepper auch nicht mehr viel.«
»Wir nehmen, was wir kriegen können, Ma'am«, warf Smithson mit schwarzem Humor ein, und Kuzak lachte rau auf.
»Tatsächlich, Ma'am«, fuhr Smithson leise fort, »ist mir gerade ein ziemlich fieser Gedanke gekommen: Was, wenn das nicht die einzige Feindflotte ist? Was, wenn eine weitere nur darauf wartet, Trevors Stern einzunehmen, sobald wir nach Manticore abgerückt sind?«
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen«, erwiderte Kuzak ebenso leise. »Leider können wir dann nicht sehr viel daran ändern. Wir müssen das Heimatsystem halten. Wenn die Havies Hephaistos und Vulcan vernichten und die verteilten Werften ausschalten, dann ist es tausendmal schlimmer als das Debakel von Grendelsbane. Ich sage es nur sehr ungern, aber wenn ich mich zwischen San Martin und Manticore oder Sphinx entscheiden muss, dann verliert San Martin.«
»Wenigstens ist die Systemverteidigung besser als bei Ausbruch der Feindseligkeiten«, sagte Smithson.
»Das ist wohl richtig. Aber das ist noch ein Grund, weshalb wir uns nicht leisten können, das Wurmloch durch einen Massentransit zu schließen. Falls Haven so etwas im Sinn hat, müssen wir so rasch zurückkehren können, wie wir aufgebrochen sind.«
»Was ist mit der Herzogin Harrington?«, fragte Smithson. »Sie ist zu weit draußen, um zu uns zu stoßen, ehe wir den Transit abgeschlossen haben. Sollen wir sie bitten, zurückzubleiben und auf den Laden aufzupassen, solange wir fort sind?«
»Ich wünschte, das könnten wir, aber erst müssen wir sehen, was mit der Homefleet passiert. Und natürlich kann ich ihr keine direkten Befehle erteilen, denn –«
»Verzeihung, Ma'am. Sie haben einen Anruf von Herzogin Harrington«, unterbrach Bradshaw unvermittelt.
»Legen Sie ihn auf Jerrys Combildschirm«, befahl Kuzak und beugte sich über die Konsole des Stabschefs, statt Zeit zu verschwenden, indem sie zu ihrem Kommandosessel ging. Einen Augenblick später erhellte sich das Comdisplay mit dem Bild der Kommandeurin der Achten Flotte.
Sie ist offenbar genauso
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