Honor Harrington 18. Auf Biegen und Brechen
ungeduldig.
»Verzeihen Sie, Ma'am. Ich dachte gerade an die vielen Möglichkeiten, wo etwas schiefgehen könnte. Und wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann dachte ich auch an die relativen militärischen Positionen. Bei unserem gegenwärtigen Vorteil und dem Umstand, dass die Mantys sich anscheinend mit den Sollys im Talbott-Sternhaufen in den Haaren liegen, hoffe ich nur, dass Präsidentin Pritchart plant, eine hübsch harte Linie zu verfolgen.«
»Unsere genaue Position beim Gipfeltreffen bleibt der Präsidentin überlassen«, entgegnete Montreau ein wenig kühl.
»Natürlich, Ma'am. Ich wollte auch nichts anderes sagen. Es ist nur so, dass der Mann auf der Straße in ziemlich blutrünstiger Stimmung ist, besonders nach Solon und Sansibar.«
»Das weiß ich. Andererseits wäre es keine besonders gute Idee, langfristige Diplomatie auf der Grundlage von Meinungsumfragen zu formulieren.«
»Natürlich, Ma'am«, sagte Nesbitt wieder und nickte mit einem freundlichen Lächeln. »Soll ich also alles zusammenstellen, was wir über Torch haben? Ich werde von Director Trajan beim FIS komplette Hintergrunddaten anfordern. Lassen Sie mich sie ein paar Tage lang mit meinen erfahrenen Leuten durchgehen und vielleicht einige von Ihren älteren Mitarbeitern hinzuziehen, damit wir ihre Sicht der Lage hören können. Danach bin ich in der Lage, Problembereiche genau darzustellen und Vorschläge zu formulieren, wie mit ihnen zu verfahren ist.«
»Das klingt nach der besten Möglichkeit fortzufahren«, stimmte Montreau ihm zu, und Nesbitt lächelte wieder und stieg von seinem Sessel.
»Ich mache mich sofort an die Arbeit. Guten Tag, Ma'am.«
»Guten Tag, Colonel.«
Nesbitt verließ das Büro der Ministerin und setzte sich Richtung Liftschacht in Bewegung. Plötzlich verharrte er. Einen Augenblick stand er im Korridor, dann drehte er sich um, durchquerte den Gang und klopfte leicht an den Rahmen einer offenen Tür.
»Oh. Guten Tag, Colonel«, sagte Alicia Hampton und blickte von ihrem Arbeitsplatzrechner auf.
»Guten Tag, Ms Hampton.« Nesbitt trat in das recht geräumige, behaglich möblierte Büro. »Ich habe gerade meine Besprechung mit Ministerin Montreau hinter mir, und ich dachte, ich schaue mal, wie Sie so zurechtkommen.«
»Danke, Colonel. Das ist sehr freundlich von Ihnen.« Hampton lächelte ein wenig zaghaft. »Leicht war es nicht. Ministerin Montreau ist ein sehr netter Mensch, und sie nimmt ihre Arbeit auch ernst, aber sie ist eben kein Minister Giancola.« Ihre Augen waren verdächtig hell, und sie schüttelte den Kopf. »Ich kann noch immer nicht fassen, dass er tot ist – er und sein Bruder, beide zugleich, einfach so. Das ist … so eine Vergeudung.«
»Ich weiß genau, was Sie meinen«, sagte Nesbitt mit Nachdruck, wenn auch nicht ganz aus den gleichen Gründen.
»Und er war solch ein guter Mann«, fuhr Hampton fort.
»Nun, Ms Hampton – Alicia«, sagte Nesbitt, »wenn wir einen guten Mann verlieren, einen Anführer, dann können wir nur hoffen, dass jemand die Lücke füllen kann, die er hinterlässt. Ich glaube, Ministerin Montreau wird sich sehr große Mühe geben, und ich hoffe nur, dass wir alle ihr dabei helfen können.«
»Oh, da bin ich ganz Ihrer Meinung, Colonel! Und es war so nett von ihr, mich als Sekretärin zu behalten!«
»Bitte, wir kennen uns doch wohl lange genug, dass Sie mich Jean-Claude nennen«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. »Und es war wirklich nett von ihr, Sie zu behalten. Natürlich auch ziemlich gescheit. Minister Giancola hat mir oft genug gesagt, dass er sich ganz auf Sie verlässt, damit im Ministerium alles glatt läuft. Ihr Hintergrundwissen und Ihre Erfahrung müssen für Ministerin Montreau während der Übergangsphase sehr wertvoll gewesen sein.«
»Das rede ich mir jedenfalls ein … Jean-Claude«, sagte Hampton und senkte nur einen Moment lang schüchtern den Blick. Dann sah sie ihn wieder an und erwiderte sein Lächeln. »Ich habe mich jedenfalls bemüht. Und allmählich überträgt sie mir mehr Aufgaben als damals, als der Senat Sie gerade eingesetzt hatte.«
»Gut!« Nesbitt nickte energisch. »Genau davon habe ich ja gesprochen, Alicia. Und ich hoffe, Sie vergessen mich auch nicht. Minister Giancola war auch für mich mehr als nur ein Vorgesetzter, und ich sähe es wirklich gerne, wenn seine Arbeit fortgeführt würde. Wenn es also irgendetwas gibt, was ich für Sie oder Ministerin Montreau tun kann, irgendeine Sicherheits- oder
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