Honor Harrington 5. Im Exil
anzuhängen, aber das machte Mueller auch nicht glücklicher darüber, daß man ihm befahl, die Sitzung »unter Androhung des protectoralen Mißfallens« geheimzuhalten. Das erschien ihm wie ein Rückfall in die schlechte alte Zeit, wo ein Protector in der Lage gewesen war, auf seine Gutsherren Druck auszuüben. Der Umstand, daß Mayhew ihm tatsächlich drohen konnte, machte das Ganze für Mueller nur noch unerträglicher.
Im Moment kann er das noch , dachte Mueller im Hinblick auf die jüngsten Ereignisse.
Seine Kollegen waren zwar blutdürstig genug gewesen, ihren Plan auszuhecken, aber sie hatten lange Zeit keine Entscheidung treffen können, wo er denn ausgeführt werden sollte. Samuel Mueller jedoch hatte die ideale Stelle von Beginn an erkannt, und die anderen waren ihm überaus dankbar gewesen – nachdem er sie soweit manipuliert hatte, daß sie die Baustelle auf seinem Gut »von sich aus« vorschlugen.
Burdettes Abneigung gegen den Gedanken, seine eigenen Siedler zu töten, war von vornherein unübersehbar gewesen; Mueller brauchte nur gefaßt dreinzuschauen und Burdette ermuntern, sich die Lenden zu gürten und zu der Pflicht zu schreiten, die der Herr ihm auferlegt hatte. Burdette war aus zwei Gründen darauf gekommen, daß das Gut von Mueller für ihre Zwecke vielleicht besser geeignet sei: Mueller hatte Marchants Plan recht früh als notwendige Unannehmlichkeit akzeptiert, und es war unklug, ein Sky-Domes-Projekt auf dem Gut von Harringtons schärfstem Kritiker zu beginnen. Mueller hatte sich gestattet, entsetzt zu erscheinen – und das hatte Marchant dazu verleitet, sich mit seinen Argumenten auf Burdettes Seite zu schlagen. Der ehemalige Priester und sein Gutsherr hatten ihren Vorschlag mit großer Leidenschaft vorgetragen, und als Mueller sich endlich nach außen hin widerstrebend dazu überreden ließ, verliehen sie ihrer Bewunderung für seine Bereitschaft, den Preis für Gottes Willen zu entrichten, in geziemender Weise Ausdruck. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich Gründe auszudenken, warum der Unfall nun gerade nicht auf dem Gut von Burdette stattfinden durfte, daß sie keine Sekunde lang darüber nachdachten, welche Vorteile Mueller durch sein ›Opfer‹ erlangen würde.
Nun, vielleicht machten sie ihre hehren Motive so blind für die mundaneren Möglichkeiten, die sich eröffneten und für Mueller so offensichtlich auf der Hand lagen. Er engagierte sich im gleichen Maße wie die anderen für Gottes Willen, aber er sah keinen Grund, weshalb er nicht die Gelegenheiten ergreifen sollte, die ihm der Herr dabei bot. Leicht war ihm die Entscheidung ohnehin nicht gefallen. Er wünschte ebensowenig wie jeder andere auch, seine Siedler zu töten – schließlich und endlich war er ihnen gegenüber eine Verpflichtung eingegangen, als er dem Großvater Benjamins IX. den Lehnseid schwor –, aber wie Burdette und Marchant ganz richtig gesagt hatten, mußten Opfer erbracht werden. Und während er über den Tod der Kinder, der nicht geplant gewesen war, tiefstes Entsetzen empfand, hatte auch hier Marchant recht behalten sollen: Sie verrichteten in der Tat Gottes Werk, und die toten Kinder hatten die Strategie viel wirkungsvoller gemacht … und außerdem vergrößerte die Tragödie nur die Vorteile, die Muellers Mitverschwörer einfach nicht zu erkennen vermochten.
Weder Burdette noch Marchant hatten bisher begriffen, wie tief sie bei Mueller in der Kreide standen. Burdette war offenbar auch noch nicht der Gedanke gekommen, daß ihm alles, was er später Mueller verweigern wollte, auf anderem Wege dennoch abgerungen werden konnte. Burdette hatte nicht einmal erkannt, daß es keinen einzigen Beweis gab, der Mueller mit der Verschwörung in Verbindung brachte, während sich gleichzeitig detaillierte und komplette Aufzeichnungen über jede Phase ihres Vorgehens in Muellers Besitz befanden. Und daher konnten die Ermittlungsbehörden seines Guts auch später jederzeit Beweise für die Beteiligung der anderen an dem Komplott gegen Harrington entdecken aber keine einzige Beschuldigung, die Marchant und Burdette gegen Mueller erheben konnten, würde sich beweisen lassen. Und das, stellte er lächelnd fest, würde ihm erlauben, für den Rest seines Lebens Lord Burdette an die kurze Leine zu nehmen.
Und das war nicht einmal der einzige oder der größte Vorteil, den Mueller sich gesichert hatte, denn schließlich waren er und seine Siedler die Opfer dieser Untat. Das machte ihn nicht nur zu
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