Honor Harrington 5. Im Exil
forderte LaFollet. Sie blickte ihn an, und er rang sich die angespannte Karikatur eines Lächelns ab. »Geben Sie mir Ihr Wort, daß Sie hier bleiben – hier an dieser Stelle –, und wir gehen und holen Mr. Gerrick.«
»Ich gebe Ihnen mein Wort«, sagte sie dumpf. LaFollet sah ihr noch einen Moment lang zwingend in die Augen, dann gab er sie frei und machte eine Kopfbewegung in Yards Richtung. Die beiden begannen, aus dem Graben zu klettern.
»Haben wir sie erwischt? Haben wir sie erwischt? « wollte Taylor wissen, und Martin schüttelte gereizt den Kopf.
»Weiß ich nicht.«
Er richtete sich auf und spähte über das Flugfeld. Zuerst hatte er geglaubt, die zahlreichen Explosionen und Brände bedeuteten, daß sie es geschafft hätten, aber nun erblickte er die verdrehte, übel zugerichtete Pinasse, die sich kaum fünfzig Meter von ihnen entfernt als Silhouette gegen den Hintergrund aus Flammen abhob. Das erste Rettungsfahrzeug kam soeben schlingernd neben dem abgestürzten Beiboot zum Halten. Die Schäden sahen zwar verheerend aus, aber es konnte durchaus sein, daß Passagiere überlebt hatten.
Martin sah sich um und mußte trotz seines Glaubens einen dicken, erstickenden Klumpen Furcht hinunterschlucken. Ringsum bewegten sich weitere Bodenfahrzeuge, keine Rettungswagen, sondern Streifenwagen der HGG, und sie kamen direkt auf Austin und ihn zu. Der Ex-Sergeant blickte in die andere Richtung und sah noch mehr davon. Sie näherten sich längs der Seiten eines gleichschenkligen Dreiecks mit dem Wrack auf der Grundlinie.
»Hier kommen wir nicht mehr raus, Austin«, stellte er fest und war von der Gelassenheit überrascht, mit der er ihr Todesurteil aussprach. Taylor starrte ihn für einen Moment an, sein Mund arbeitete, ohne ein Geräusch zu machen, dann ließ er seufzend den leeren Starter fallen.
»Das glaub’ ich auch nicht«, stimmte der jüngere Mann mit ähnlicher Ruhe zu, und Martin nickte.
»Und wenn das so ist, sollten wir sicherstellen, daß wir erreicht haben, wofür wir hierhergekommen sind.«
LaFollet und Yard wuchteten sich über den Rand des Grabens, der viel steiler anstieg als es ihnen vorgekommen war, als sie ihre Gutsherrin hineinschleppten. Honor blieb neben Reverend Hanks stehen. Sie war wieder genug bei Verstand, um zu begreifen, daß Andrew und der Reverend recht hatten. Sie war, wer sie war, und sie durfte sich nicht mehr kopfüber in vermeidbare Gefahren stürzen. Zu viele Menschen hingen auf mannigfaltige Weise von ihr ab, aber es fiel ihr schwer, diese Tatsache hinzunehmen. Sie schmeckte einen bitteren Geschmack auf der Zunge, während sie beobachtete, wie ihre Waffenträger zur Pinasse zurückhasteten. Nimitz bliekte ihr leise zu, denn er teilte mit ihr das elende Schamgefühl, sich von Verpflichtungen zügeln lassen zu müssen. In stillem Verständnis legte Reverend Hanks ihr sachte eine Hand auf die Schulter.
Jamie Candless keuchte und erhob sich auf die Knie. Honor schüttelte den Kopf und kniete sich neben ihn.
»Verzeihen Sie mir, Jamie«, bat sie ihn mit echter Reue, und er schüttelte seinerseits das Haupt.
»Kein … kein schlechter Stoß, Mylady«, ächzte er und versuchte, sich ein Grinsen abzuringen.
Honor setzte Nimitz ab, um dem Waffenträger aufzuhelfen. Der ‘Kater kletterte zur Oberkante des Grabens hoch und hockte sich dort hin. Er mußte sich damit begnügen, das Wrack zu mustern und den Rettern bei der Arbeit zuzusehen, denn er war viel zu klein, um ihnen helfen zu können. Honor legte Candless einen Arm um die Schultern. Er murmelte etwas und lehnte sich an sie – etwas, das er niemals getan hätte, wenn er nicht noch immer halb bewußtlos gewesen wäre –, und gemeinsam wandten sie sich um, um ebenfalls das Wrack zu betrachten.
In professioneller, drängender Hast eilte das Rettungspersonal herbei. Ein halbes Dutzend Männer stürmte direkt in die Pinasse und suchte nach Überlebenden, andere pumpten dicken, weißen Schaum über das Wrack. Honor sah zwei grünuniformierte Gardisten auf sich zurennen. Sie müssen von der Raumflughafenabteilung stammen , dachte sie noch, während die beiden die Pinasse weit umkreisten und in ihre Richtung hasteten. Sie fragte sich, wie sie wohl so schnell hierhergekommen waren.
»Da drüben! Im Graben!« zischte Martin und hörte Taylor etwas Gemeines knurren, als auch er die hochgewachsene, schlanke Gestalt erblickte. Die brüllenden Flammen ließen den goldenen Schlüssel und den Stern von Grayson an ihrer
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