Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
dergleichen immer. Es hatte aller acht vorderen Alpha-Emitter bedurft, um einen glaubwürdigen Energiestoß zu produzieren, und Honor rechnete damit, daß BuShips ein ernstes Wort mit ihr sprechen würde, weil der Impuls gute tausend Betriebsstunden gekostet hatte, aber das war die List wert. Zumindest, korrigierte sie sich, erschien es augenblicklich so.
Caslet hatte sich neben sie gestellt, und als sie aufsah, trafen sich ihre Blicke. Er und seine höheren Offiziere speisten jeden Abend mit ihr, und zwischen ihr und dem havenitischen Commander hatte sich ein Gefühl von gegenseitigem Respekt und sogar wachsamer Zuneigung eingestellt. Honor mußte an Thomas Theisman denken, den havenitischen Zerstörerkommandanten, den sie während der Schlacht von Blackbird gefangengenommen hatte – mittlerweile war er Admiral. Sie lächelte sanft. Theisman und Caslet hatten viel gemeinsam. Und in die gleiche Kategorie gehörten Allison MacMurtree, Shannon Foraker und auch Denis Jourdain – so sehr es Honor anfangs auch widerstrebte, einem ›Volkskommissar‹ die gleichen Qualitäten einzuräumen. Sie alle waren integere Persönlichkeiten und schlichtweg zu kompetent für Honors Wohlbefinden.
»Vier Schwere Kreuzer sind aber kein Pappenstiel, Captain«, stellte Caslet leise fest.
»Ich sagte doch schon, wir haben scharfe Zähne«, gab Honor gelassen zurück. »Mir bereitet weniger die Anzahl Sorgen als vielmehr unsere Geschwindigkeit. Wenn sie ein Schiff detachieren, entkommt es uns.«
Caslet stutzte. Sie machte sich Sorgen, daß ein Schwerer Kreuzer einem umgebauten Frachter eventuell »entkommen« könnte? Caslet war bereit einzuräumen, daß die Wayfarer sehr starke Energiewaffen besaß, aber man merkte doch überall, daß das Q-Schiff eine zivile Konstruktion war und alle typischen verwundbaren Stellen aufwies. Viele Raketenwerfer konnte sie gar nicht besitzen. Die Fernarmierung mußte schwach sein – diese riesigen Graser fraßen Platz. Sonderlich widerstandsfähig gegenüber Schäden konnte der umgebaute Frachter ebenfalls nicht sein. Und deshalb würde ein einziger gut geführter Schwerer Kreuzer das langsame, ungepanzerte, behäbige Q-Schiff in jedem länger andauernden Gefecht in Stücke schneiden. Natürlich trug die Wayfarer ihre LACs, aber LACs waren selbst zerbrechlich und schwach gepanzert. Ganz gleich, aus welchem Winkel Warner Caslet es betrachtete, er rechnete mit sehr schweren Schäden an der Wayfarer , bevor sie vier solch starke Gegner ausschaltete.
»Nun, bisher scheinen sie aneinander zu kleben«, entgegnete er trocken. »Wenn das Ihre Hauptsorge ist, Captain, dann sieht’s soweit ganz gut aus.«
»Signal vom Boden«, meldete der Signaloffizier der Warnecke . Sie hörte aufmerksam zu, dann blickte sie über die Schulter zu Sherman. »Die Basis sagt, es handelt sich um das andermanische Handelsschiff Sternenlicht . Der Frachter sagt, er hätte einen doppelten Emitterversager im Focksegel, und bei der Explosion der Emitter hätte es etliche Schwerverletzte gegeben. Das Schiff bittet um technischen und medizinischen Beistand.«
»Truitt?« fragte Sherman.
»Überprüfe Datenbank.« Der Taktische Offizier musterte sein Display und zuckte schließlich die Achseln.
»Wir haben nichts über die Sternenlicht , aber unsere Andermanerlisten waren immer sehr lückenhaft. Der Nachrichtenheader ist eindeutig andermanisch, und der Transponder paßt.«
»Verstehe.« Sherman schlug die Beine übereinander und dachte nach. Schließlich wandte sie sich an den Signaloffizier. »Was hat der Boden geantwortet?«
»Ich spiele es ab«, antwortete die Frau, und einen Augenblick später drang André Warneckes sonore, weiche Stimme aus den Lautsprechern.
» Sternenlicht , hier Sidemore. Ihr Signal wurde empfangen, wir bereiten eine Hilfsaktion vor. Leider fehlen uns hier die nötigen Einrichtungen, um Ihre Emitter zu reparieren, aber wir haben auch eine gute Nachricht. Zwei Divisionen silesianischer Kreuzer auf Piratenjagd sind Anfang der Woche von Sachsen kommend zu einem Höflichkeitsbesuch eingetroffen und befinden sich noch im System. Vermutlich können sie Ihnen bei Ihrem Emitterproblem ebenfalls nicht helfen, aber sie haben Ärzte an Bord und können zumindest jemanden wissen lassen, daß Sie hier sind. Ich bitte die Kreuzer, Ihnen augenblicklich Beistand zu leisten, aber da sie Manöver in unserem äußeren Asteroidengürtel durchgeführt haben, wird es eine Weile brauchen, bis sie bei Ihnen sind. Behalten
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