Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
Skipper. Mir reicht schon der ganze Ärger, den es mit sich bringt, ein kleiner Lieutenant Commander zu sein.«
Honor lächelte, aber bevor sie etwas entgegnen konnte, kehrte MacGuiness mit den zusätzlichen Gläsern und einer kleinen Schüssel voller Sellerie zurück. Der Steward setzte die Schüssel vor den Baumkatzen ab und wollte nach der Weinflasche greifen, aber Honor winkte ab und deutete auf einen Sessel.
»Holen Sie sich den her und setzen Sie sich, ›Onkel Mac‹«, befahl sie, nahm die Flasche und schenkte allen dreien Wein ein. »Ein Toast, Gentlemen«, sagte sie und hob ihr Glas vor Samantha, die, von Nimitz’ beschützendem Schwanz umschlungen, manierlich an einem Selleriestengel kaute. Die Baumkatze ließ kurz von dem Sellerie ab und blickte Honor ernst in die Augen. »Auf Samantha«, sagte Honor mit einem Lächeln. »Gesundheit und Glück für die Kinder, und möget ihr, du und Nimitz, viele glückliche Jahre zusammen verbringen.«
»Hört, hört!« rief Tschu und hob sein Glas. MacGuiness schloß sich dem Trinkspruch an.
38
Bürgerin Captain Marie Stellingetti fluchte laut, als ein weiterer Laser-Gefechtskopf in den Seitenschild ihres Schlachtkreuzers einschlug und neuer Schadensalarm schrillte. Neun Treffer hatte die Kerebin schon hinnehmen müssen, und obwohl keiner davon kritisch war, bedeutete jeder einzelne ein ernstes Problem, denn die Reparaturtender des Kampfverbands würden Wochen, wenn nicht gar Monate benötigen, um ohne Werftunterstützung die Schäden zu beheben.
»Jetzt ändert sie wieder den Kurs, Skipper«, meldete der Taktische Offizier angespannt. »Ich weiß nicht … Himmel! « Der rotierende manticoranische Zerstörer stieß eine weitere Doppelbreitseite aus, und wenigstens die Hälfte der heranrasenden Raketen trugen keine Gefechtsköpfe, sondern Störsender und Durchdringungshilfen. Mit der Nahbereichsabwehr der Kerebin spielten die elektronischen Teufel Katz und Maus. Noch ein weiterer Laserstrahl fraß sich in den Schiffsrumpf, und wieder fluchte Stellingetti.
»Graser Neun ausgefallen!« meldete der Leitende Ingenieur aus dem Technischen Leitstand. »Schwerverletzte und Tote in der Lafette, Bürgerin Captain.« Er schwieg, dann fügte er hinzu: »Untergeordnete Schäden in Seitenschild-Generatoren Fünfzehn und Siebzehn. Möglicherweise verlieren wir Siebzehn ganz.«
»Dieser Hurensohn ist gut, Skipper«, meinte der Taktische Offizier.
»Ja, und ich bin’s selber schuld – was muß ich mit ihm so rumpfuschen!« fauchte Stellingetti. Dieses Geständnis konnte sie nur deshalb offen ablegen, weil Volkskommissar Reidel – nach Stellingettis wohlerwogener Meinung ein ausgemachtes Arschloch – sich zu einer Konferenz mit Bürger Commodore Jürgens an Bord der Achmed befand. Deswegen konnte sie ihr Schiff ausnahmsweise ins Gefecht führen, ohne daß jemand ihre Befehle hinterfragte, und außerdem konnte sie ihren Offizieren gegenüber ehrlich sein.
Bürger Commander Edwards an der Taktischen Station grunzte nur, aber sie wußten beide, daß die Kommandantin recht hatte. Ihre schweren Laser-Gefechtsköpfe hatten den feindlichen Zerstörer wenigstens dreimal getroffen, obwohl dessen Nahbereichsabwehr sich als grotesk wirksam erwies. Die sinkende Beschleunigung des kleinen Kriegsschiffs zeigte einen schweren Impellerschaden an. Normalerweise waren bei Raketenduellen die Manticoraner im Vorteil, das wußte Stellingetti genau, hoffte aber trotzdem noch immer, diesen Zerstörer auszuschalten, bevor sie auf Energiewaffenreichweite heran waren, wo ein einziger Glückstreffer katastrophale Auswirkungen haben konnte.
Anscheinend sollte es so nicht kommen. Die Kerebin würde zweifellos gewinnen – sie war um so viel größer und zäher als ihr Gegner, daß ein anderer Ausgang unvorstellbar gewesen wäre –, aber während sie den Manty zerquetschte, schoß dieser ihr große, häßliche Löcher in den Rumpf. Und indessen flohen die Frachter, die der Zerstörer eskortiert hatte, als wäre der Teufel hinter ihnen her. So wird es ihnen wohl auch vorkommen , dachte Stellingetti. Am Ende würde es ihnen nichts helfen – wahrscheinlich nicht –, aber im Augenblick schwärmten sie in alle Richtungen aus, während ihr kleines Geleitschiff ihnen in verzweifeltem, hoffnungslosen Gefecht den Rücken deckte. Hätte es nur ein einzelner Raider auf den Konvoi abgesehen gehabt, wären die Fluchtchancen der Frachter ausgezeichnet gewesen.
Nur war die Kerebin nicht allein. Von
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