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Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden

Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden

Titel: Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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sich erst später Gedanken über die Beweggründe gemacht.
    Soweit Honor wußte, hatte niemals ein anderer Mensch die gleiche Gabe besessen, und plötzlich kam ihr die Frage in den Sinn, ob ihre Gefühle eventuell einige der wilderen Theorien über die ‘Katzen bestätigten. Seit Jahrhunderten nahm man ihre Empathie als gegeben hin, aber niemand war je in der Lage gewesen zu erklären, wie sie funktionierte oder wie dieser Sinn mit einer anderen Baumkatze anstelle eines Menschen wechselwirken würde. Ganz offensichtlich teilten die Baumkatzen unter sich einen weitaus komplizierteren Verbund, aber im allgemeinen wurde behauptet, dieser sei wesentlich intensiver als die empathische Beziehung, die sie mit Menschen eingingen. Diese Theorie hatte Honor allerdings noch nie als besonders stichhaltig eingestuft. Selbst in der Gegenwart war nur sehr wenig über die soziale Organisation der Baumkatzenclans ›in freier Wildbahn‹ bekannt, und kaum ein Nicht-Sphinxianer wußte überhaupt, daß Baumkatzen Werkzeuge benutzten. Honor hingegen hatte als Kind sogar Nimitz zu seinem Clan begleitet. Davon ahnten damals nicht einmal ihre eigenen Eltern etwas – sie wären vermutlich allein bei dem Gedanken daran durchgedreht, daß eine gerade elf Jahre alt gewordene Honor, nur von einem Baumkater begleitet, durch die Wildnis des Copper-Walls-Gebirges streifte. Aber Honor war immer froh gewesen, den Ausflug gemacht zu haben, denn er hatte ihr eine tiefe Einsicht in die Gesellschaft der Baumkatzen verschafft. Vermutlich wußte sie mehr über die ‘Katzen als neunundneunzig Prozent aller Sphinxianer, von Fremdweltlern ganz zu schweigen, und sie hatte sich immer gefragt, wie Wesen, die auch untereinander über eine sehr begrenzte Lautsprache verfügten, eine Gesellschaft aufbauen konnten, die so komplex war wie die, mit der Nimitz sie damals vertraut machte.
    Eine mögliche Antwort bestand darin, daß die wilderen Theorien zutrafen und die Baumkatzen keine gesprochene Sprache benötigten, weil sie Telepathen waren.
    Ungeachtet all der Jahre, die Honor mit Nimitz verbracht hatte, verstörte sie allein der Gedanke. Trotz jahrtausendelanger Bemühungen war es niemandem je gelungen, unter Menschen verläßlich Telepathie nachzuweisen – und auch nicht unter den wenigen Dutzend fremder intelligenter Lebensformen, auf die die Menschheit gestoßen war. Persönlich hatte Honor immer angenommen, daß schon die Physik dergleichen ausschloß, aber was, wenn die Baumkatzen tatsächlich Telepathen waren? Was, wenn ihr »empathischer Sinn« nichts weiter war als ein Echo, die Resonanz einer einzelnen, kleinen Facette ihrer artspezifischen Fähigkeiten, die auch mit Menschen funktionierten?
    Honor runzelte die Stirn und strich mit einem Finger den Stiel ihres Weinglases hinauf und hinunter, während sie die Konsequenzen durchdachte. Welche Reichweite hätte solch eine Verbindung? fragte sie sich. Wie empfänglich wären Baumkatzen untereinander? Wie tief verflochten sich ihre Gedanken, ihre Persönlichkeiten ineinander? Und wenn sie Telepathen waren, wie konnte dann jemand wie Nimitz es überhaupt ertragen, jahrelang von allen anderen seiner Art abgeschnitten zu sein? Sie wußte, daß Nimitz sie mit der gleichen wilden, beschützenden Ergebenheit liebte wie sie ihn, aber konnte das Beisammensein mit ihr wirklich den Verlust der tiefen, komplexen Zwiesprache wert sein, die er in diesem Augenblick mit Odysseus teilte?
    Nimitz schaute auf und suchte über den Tisch hinweg ihren Blick. Seine grasgrünen Augen waren weich. Er starrte sie an, und sie empfand die Liebe, die Beruhigung, die von ihm zu ihr überfloß, als hätte er ihre plötzliche Furcht gespürt, daß ihre Bindung ihn etwas Kostbarem beraubt haben könnte. Odysseus hielt mit dem Selleriekauen inne und blickte einen Moment lang Nimitz forschend an, dann richtete er die Augen auf Honor, und über die Verbindung zu Nimitz spürte sie von dem älteren Baumkater ein überraschtes Interesse. Odysseus legte den Kopf schräg und musterte Honor durchdringend, dann mischte sich in Nimitz’ Beruhigung ein weiterer Gefühlsstrang; er ›schmeckte‹ anders, ein Aroma aus scharfzüngiger Amüsiertheit und freundlichem Willkommensgruß. Honor blinzelte erstaunt, als ihr klar wurde, daß die beiden ‘Kater diese Empfindungen absichtlich an sie übermittelten. Zum allererstenmal hatte jemand ihre Verbindung zu Nimitz wissentlich benutzt, um mit ihr zu kommunizieren, und sie fühlte sich davon tief

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