Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
Hellen Wasser, und seine Aufgabe bestand darin, diese Pflanze zu Kurzer Schweif, Helle Klaue, Gebrochener Zahn und den Sagen-Künderinnen zu bringen, damit sie selbst urteilen konnten. Selbst wenn sie nicht die Anführer des Clans gewesen wären, waren sie noch immer seine Freunde, und Freunde teilten so etwas Wunderbares miteinander.
Es war leichter, einen ganzen Kopf aus der weichen Erde zu ziehen, in der er wuchs, als die Stängel der Pflanze abzubrechen. Schon bald hatte Klettert-flink zwei Knollenstängel in sein Tragenetz gewickelt. Das Bündel war recht sperrig; er schnürte es so eng zusammen wie möglich und schulterte es. Mit den Handpfoten seiner Mittelglieder hielt er die Trageschlaufen gepackt, während er auf Echtfüßen und Echthänden wieder auf den Boden kletterte. Mit seiner Last würde es schwieriger sein, zum Ausgang zurückzukehren, aber das schaffte er schon. Im Augenblick war er zwar weder sehr schnell noch sehr beweglich, aber in einer Nacht wie dieser ging nicht einmal ein Todesrachen auf Raubzug.
Stephanie war froh, wasserdichte Kleidung und den breitkrempigen Hut zu tragen, der wenigstens ihr Haar und ihr Gesicht trocken hielt. Wenn sie jedoch die Kamera auf das Ziel richten wollte, musste sie die Hände heben, und dann floss ihr eiskaltes Regenwasser in die hübsch wasserfesten Jackenärmel, sammelte sich um den Ellbogen und zog zu den Schultern hoch – denn sobald sie die Unterarme hob, hielt sie die Oberarme parallel zum Boden, und die Ärmel bildeten einen Kanal, der dem frostigen Wasser nur zu willkommen war. Doch aller Regen der ganzen Welt hätte sie nicht dazu bewegen können, die Arme ausgerechnet in diesem Augenblick gesenkt zu lassen.
Sie stand keine zehn Meter vom Treibhaus entfernt und nahm ununterbrochen auf. Der Speicherchip der Kamera reichte für zehn Stunden, und sie wollte auf keinen Fall irgendetwas verpassen. Diese Aufzeichnung hatte schließlich offiziellen Charakter. Sie zitterte mehr vor Aufregung als vor Kälte, während die Minuten verstrichen. Was auch immer in das Treibhaus eingedrungen war, hatte bereits neun Minuten darin verbracht und musste nun doch bald herausk …
Als Klettert-flink die Öffnung erreichte, überfiel ihn tiefe Erleichterung. Zweimal hätte er sein Tragnetz fast fallen gelassen, und nun musste er erst einmal Atem schöpfen, bevor er sich mit seiner Beute in den Regen stürzte. Schließlich hatte er Zeit genug …
Eine mit Schnurrhaaren besetzte Schnauze schob sich aus der Öffnung, gefolgt von einem spitzohrigen Kopf. Grüne Augen leuchteten im Schein der Blitze wie winzige Smaragde auf, und die Zeit schien stillzustehen, als ihr Besitzer gewahr wurde, dass er auf ein junges Zwei-Bein hinabblickte, das ein seltsames Ding in den Händen hielt. Obwohl Stephanie gewusst hatte, dass dieser Augenblick kommen würde, stockte ihr vor Aufregung der Atem. Klettert-flink hatte nicht damit gerechnet. Seine Überraschung war unermesslich, und erstaunt verharrte er völlig regungslos.
Die Sekunden verstrichen, und er gab sich einen geistigen Stoß. Das oberste Gebot für Kundschafter verlangte, sich auf keinen Fall einem Zwei-Bein zu zeigen, und er krümmte sich innerlich zusammen, als er sich ausmalte, wie Kurzer Schweif auf sein Missgeschick reagieren würde. Zwar konnte sich Klettert-flink darauf berufen, vom Gewitter und seiner ersten Erfahrung mit Knollenstängel abgelenkt gewesen zu sein, doch machte das sein Versagen längst nicht zu einem Erfolg. Während seine Gedanken sich überschlugen, starrte er auf das Zwei-Bein hinab.
Es musste das Junge sein, denn es war kleiner als die Alten. Klettert-flink wusste nicht, was es da auf ihn gerichtet hielt, und allen Berichten zufolge wäre er schon tot, wenn das Zwei-Bein vorhätte, ihn umzubringen. Doch die Feststellung, dass es sich bei diesem unbekannten Ding um keine Waffe handelte, sagte ihm noch lange nicht, was es denn nun war. Binnen eines Herzschlags fuhren ihm diese Gedanken durch den Kopf, und dann, kaum dass er darüber nachdachte, fasste er nach dem Geistesleuchten des Zwei-Beins, um mehr über seine Absichten zu erfahren.
Auf die Folgen seines Tuns war er völlig unvorbereitet. Es kam ihm vor, als hätte er unversehens in die strahlende Sonne geblickt, obwohl er nur auf das Leuchten einer normalen Fackel gefasst gewesen war. Er riss die Augen auf und legte die Ohren flach an den Schädel, als die Gefühlswelt des Zwei-Beins ihn überflutete. Das Leuchten war nun weitaus
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