Honor Harrington 8. Die Siedler von Sphinx
dass die Navy darin noch schlimmer war als die zivile Verwaltung des Sternenkönigreichs. Die Bemerkung war vermutlich einfach Nesslers Art, nicht mit seinem Vermögen zu protzen.
»Wir würden uns wirklich sehr gern bei den Havies revanchieren, Sir«, sagte Harpe. »Sie haben uns besiegt – okay, so ist es im Krieg. Aber auf Rettungsboote zu schießen …«
»Darum kümmern wir uns schon, Bosun«, sagte Nessler scharf, »aber immer eins nach dem anderen.« Mit einem Nicken auf den Diener, der hinter ihm aus der Tür getreten war, fügte er hinzu: »Seien Sie bis morgen früh um sieben Uhr in Ihrem neuen Quartier. Dann möchte ich mit den Unteroffizieren sprechen. Das wäre alles. Wegtreten!«
»Hipp, hipp …!«, rief ein Raumfahrer aus der hinteren Reihe.
»Hurra!« , brüllten alle, und es hallte so laut auf dem Hof wider, dass es für Mincio aus mehr als nur siebenunddreißig Kehlen zu stammen schien.
Während sich die Leute Harpe und dem Führer anschlossen und aus dem Hof strömten, ging Mincio zu Nessler, der mit Beresford sprach. »Entsetzlich«, sagte sie.
»Die Kehrseite einer Dolistenflotte, die sich nicht auf Kriegführung versteht«, entgegnete Nessler ohne besondere Betonung. »Solche Leute lassen sich eben zu Taten hinreißen, die für Berufssoldaten undenkbar wären. Wie zum Beispiel Rettungsboote zu beschießen.«
Mincio nickte. »Man sollte doch glauben, dass der Krieg schon grausam genug ist, ohne dass die Menschen nach Möglichkeiten suchen, ihn zu verschlimmern. Aber ganz wie Sie sagen – Versager sind rücksichtslos, wenn sie Gewalt über jemand anderen ausüben können.«
»Ich sagte gerade zu Sir Hakon«, warf Beresford ein, »dass angesichts des Charakters dieser Havies und der geringen Entfernung zwischen Air und Hope es vielleicht anzuraten wäre, diesen Sektor hinter uns zu lassen und uns in Systeme zu begeben, in denen die Navy mit etwas Stärkerem als einem Zerstörer Flagge zeigt.« Er spuckte aus. »Damit gegen einen Schweren Kreuzer kämpfen zu müssen, bei Gott!«
»In Ligasektor Zwölf ist Piraterie das verbreitetste Übel«, sagte Nessler mit einer Stimme so scharf und eindringlich wie eine Rasierklinge. »Sobald Haven begann, Kreuzer als Handelsstörer auszusenden, hätte im Ministerium natürlich jemand auf den Gedanken kommen müssen, unsere Piratenabwehrpatrouillen zu verstärken oder ganz abzuziehen. Vermutlich hatte die Admiralität Wichtigeres im Kopf.«
Rovald kam mit einem Hologrammprojektor aus dem Haus, einem Teil der kostspieligen Ausrüstung, die sie mit auf die Reise genommen hatte. Sie wollte etwas sagen, schwieg aber, als sie sah, dass Nessler und Mincio sich mit Bedeutenderem befassten, obschon sie schwiegen.
Beresford kannte solche Zurückhaltung nicht. »Soll ich mich also um eine Passage kümmern, zum Beispiel nach Krishnaputra?«, fragte er. »Captain Cage hat die Umlaufbahn noch nicht verlassen. Es könnte Monate dauern, bis das nächste Warshawski-Schiff hierher kommt.«
Nessler schüttelte verneinend den Kopf und sagte: »Das ist natürlich das Problem. Wir können den Sektor verlassen, die Überlebenden der L’Imperieuse aber nicht – gewiss nicht in ihrer Pinasse und vermutlich ebenfalls nicht an Bord irgendeines der kleinen Schiffe, die eine Welt wie Hope anlaufen.«
»Nun, Sir …«, hob Beresford an. Er hatte den Blick zu Boden gerichtet und gab auf diese Weise zu, dass er genau wusste, wie hart er mit seinen folgenden Worten an die Grenze dessen geriete, was sein Herr als unakzeptabel zurückweisen würde. »Ich will nur sagen, dass sich Harpe und die anderen ja schließlich bei der Navy verpflichtet haben, und deshalb sollten sie –«
»Ja, man nimmt manchmal Verantwortung auf sich, die man später als außerordentlich schwere Last empfindet«, unterbrach Nessler ihn kühl und abweisend. »Wie ich, als ich den Offizierseid in Ihrer Majestät Navy leistete. Sie haben damit freilich nichts zu schaffen, Beresford. Ich schicke Rovald und Sie –«
»Sir!«, rief Beresford. Würdevoll, wie Mincio es dem kleinen Mann niemals zugetraut hätte, fuhr der Diener fort: »Ich glaube nicht, dass jemand einem Beresford von Greatgap erklären muss, worin seine Pflicht besteht. Sie mag einschließen, seinen Herrn davor zu bewahren, abgemurkst zu werden, aber ich will nichts davon hören, ihn im Stich zu lassen, nur weil die Lage ungemütlich wird.«
Nessler zog ein saures Gesicht. »Verzeihen Sie mir, Beresford«, sagte er. »Das war der falsche
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