Honor Harrington Bd. 16
Zum einen, weil du dich als genauso tödlich erweist, wie du es behauptet hast. Aber wie du schon sagtest: Ich erkläre dir nicht, wie man ein Blutbad anrichtet, dafür mischst du dich nicht in meine Intrigen. Ich zähle sogar darauf, dass Templetons Männer an Bord der Felicia wissen, dass alles schief gegangen ist, Thandi. Der Schlüssel ist, dass sie nicht genau wissen, wie oder was. Darf ich davon ausgehen, dass du Abraham keine Zeit für einen zusammenhängenden Bericht gelassen hast?«
Thandi fühlte sich gleichzeitig peinlich berührt und erfreut. Peinlich berührt wegen sich selbst; erfreut, dass der Mann ihrer immer regelmäßigeren Fantasien - eine davon zuckte ihr genau in diesem Augenblick durch den Kopf- doch keine Schwachstelle besaß.
Und während man einem verzweifelten Verbrecher in einem Lüftungsrohr hinterherkriecht, hat man einfach keine Zeit für Fantasien - du Idiotin!
»Okay«, schnarrte sie, um ihre Verlegenheit zu kaschieren. »Was ist die zwote Hinsicht?«
»Dass Anton Zilwicki nicht von seinen Tricks lässt. Das andere Mädchen - das Templeton im Spielsalon zurückgelassen hat - hat ihren Schock überwunden. Leichte Prellungen vielleicht, nichts Schlimmeres. Aber dass sie jetzt zusammenhängend redet, darf ich dir wohl versichern. Wie sich herausstellt, ist sie die manticoranische Prinzessin. Die, hinter der ihr her seid, ist Berry Zilwicki.«
Erneut hörte sie Victor lachen. »Und eines will ich dir verraten - ich spreche da aus Erfahrung: Eine Zilwicki in einem Tunnel macht dir auf Erden die Hölle heiß. Viel Glück, Thandi.«
Und so kroch Lieutenant Palane weiter, resolut, entschlossen, den Handpulser umklammert. Niemand, der sie beobachtete, wäre auf den Gedanken gekommen, dass sie dabei von einer beachtlichen Abfolge lebhafter Fantasien abgelenkt wurde.
Außer vielleicht Victor Cachat - der sich immer größere Sorgen um die Wirkung machte, die diese Mezzosopranstimme auf sein Nervenkostüm ausübte. Doch er genoss im Augenblick den Vorteil, dass er etwas weitaus Lebendigerem gegenüberstand als einem eintönigen, grau gestrichenen Lüftungsrohr.
Nichts Geringerem als einer manticoranischen Prinzessin nämlich, die sich gerade in einen Wutanfall gesteigert hatte.
» Versuchen Sie mir bloß nicht einzureden, Sie hätten die Kerle nicht aufhalten können! Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber ich bin keine Idiotin, und wie Sie die Schweine am Tisch umgelegt haben - ich lag nämlich darunter, wissen Sie, und hab zugesehen, wie sie wie die Fliegen starben - und hören Sie auf mir einzureden, ich hätte ’nen Schock! - Ich hab mir nur den Kopf gestoßen! - Sie hätten alle ausschalten können! Bevor sie meine Soldaten umbringen! Bevor sie sich Berry schnappen!« Die nächsten Worte brachen als Heulen hervor: »Die beste Freundin, die ich je hatte!«
Victor sagte sich, dass er mit Diplomatie nicht weiterkäme. Die junge Frau schäumte geradezu vor Wut.
»Sicher, ich hätte. Aber warum sollte ich?«, fragte er unverblümt. Mit einem steifen Nicken fügte er hinzu: »Wir können uns dann wohl noch einmal vorstellen. Sie scheinen vergessen zu haben ...«
»Oh.«
Mit dem leisen Aufkeuchen der Prinzessin verschwand alle Wut aus ihrem Gesicht. »Oh. Sie sind Victor Cachat. Ich habe Sie nicht erkannt. Auf dem ... äh, Begräbnis Steins sahen Sie ... anders aus.«
Offensichtlich erholte sich die Prinzessin rasch von ihrem Schock. Der Zorn kehrte in ihre Miene zurück.
»Um genauer zu sein«, fuhr sie ihn an, »kamen Sie mir da viel netter vor. Als jetzt. Sie lausiger kalter Fisch.«
Zu Victors Glück erschien in diesem Augenblick Ginny. Sie hatte sich zurückgezogen, um ihre Kleidung so weit in Ordnung zu bringen, wie es ging. Ihre Aufmachung war nicht gerade im Hinblick auf Verwendbarkeit im Gefechtsfeld entworfen worden.
»Er ist der Gleiche wie immer«, verkündete sie lächelnd. »Er leidet nur an einer leichten Persönlichkeitsspaltung. Da gibt es den Süßen Victor, der so knuddelig ist wie ein Teddybär. Und dann ...«
Das Lächeln verschwand, und Ginny sah ihn an, als wäre er in der Tat ein lausiger kalter Fisch.
»Und dann gibt es ihn hier. Machiavellis Albtraum. Der Fünfte Reiter der Apokalypse. Gesicht aus Stein und ein noch härteres Herz.«
Sie zuckte mit den Schultern. Plötzlich ereilte sie einer ihrer blitzartigen Stimmungsumschwünge, und sie kitzelte ihn mit dem Finger an den Rippen. »Was wäre er nur ohne mich?«
Sie richtete ihr zuckersüßes Lächeln
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