Honor Harrington Bd. 16
Schiffsladung menschlicher Sklaven sprachen. Das Wort war ein subtiles Signal an die Masadaner, dass der grimmige Mann, der sie
aus dunklen, glanzlosen Augen anstarrte, in der einen oder anderen Weise Haltungen und Denkprozesse mit ihnen gemeinsam hatte.
Vor allem jedoch war sie fasziniert, gebannt sogar - wie offenbar auch die Masadaner. Erst vor einer halben Minute waren sie von den dreien, die sie in Gewahrsam genommen hatten, auf die Brücke geschafft worden. Und bereits jetzt - obwohl sie unbewaffnet waren und allem Anschein nach deren Barmherzigkeit ausgeliefert - wickelte Cachat die Masadaner ein. Es war, als hätte ein menschliches schwarzes Loch den Kontrollraum betreten.
Auf rein persönlicher Ebene war Berry außerordentlich erleichtert. Die Aufmerksamkeit der Masadaner war das Letzte, was sie sich wünschte. Die masadanische Version der Kirche der Entketteten Menschheit war tatsächlich, ganz wie die Graysons behaupteten, Ketzerei - allerdings weniger in religiöser Hinsicht als vielmehr in Begriffen simpler Menschlichkeit. Patriarchalische Religionen waren dem Universum schließlich nichts Neues, und die meisten größeren Religionen der Menschheit hatte eine Vielzahl von patriarchalischen Sichtweisen enthalten - enthielten sie noch immer, wie sich zum Beispiel daran zeigte, dass in den allermeisten davon man sich auf Gott als auf ›ihn‹ bezog, als wäre Gott naturgegeben männlich. (Mit Ruth hatte sie einmal ein paar hübsche zotige Minuten verbracht, in denen sie sich die Ausmaße des Penis und der Hoden des Allmächtigen auszumalen versuchten.)
Die Masadaner hatten das Patriarchat zu etwas verzerrt, das man nur als krankhafte Perversion bezeichnen konnte. So streng und autokratisch sie sein konnten, ›Väter‹ waren keine Vergewaltiger. Und es war im Grunde unmöglich, die masadanischen Doktrinen gegenüber Frauen - und ihre Behandlung - anders zu nennen als scheinheilig bemäntelte Vergewaltigung. Ein bizarres Gebräu aus gleichen Teilen Lüsternheit und Frauenhass war es, von theologischem Kauderwelsch verbrämt.
Bevor Victor das Wort ergriff, hatten alle masadanischen Augen auf Berry geruht, nicht auf ihm. Das war allerdings längst nicht so schlimm wie die Durchsuchung nach Waffen, der einer von ihnen sie unterzogen hatte, kaum dass sie an Bord der Felicia gekommen war. Die Hände des Mannes waren ihr über den Leib gestrichen, als hätte man unter dem hautengen Overall auch nur ein Taschenmesser verbergen können, und seither fühlte sie sich klamm und ein wenig übel.
»Und wer sind Sie, dass Sie hier Befehle erteilen wollen?«, wollte einer der Masadaner wissen. Hosea Kubier hieß er, einer der beiden Piloten. Ganz wie Watanapongse angenommen hatte, war er nun Anführer der wenigen Überlebenden aus Templetons Bande. Kubier war zornrot im Gesicht, doch seine Stimme zitterte leicht - als versuchte der Mann sich absichtlich in Wut zu versetzen, weil er sich von Cachat verunsichert fühlte und die Einschüchterung überspielen wollte.
Cachat richtete seine leblosen Augen auf ihn. »Ich zeige Ihnen, wer ich bin. Oder genauer, was ich bin.«
Er blickte sich auf der Brücke um. Außer den Masadanern waren vier Männer auf der Brücke. Sie saßen im Gegensatz zu Ersteren, die sich in der Mitte des Kontrollraums scharten, an verschiedenen Steuerstationen. Ihren Uniformen zufolge waren es Angehörige der echten Crew der Felicia III. Nur einer trug die Abzeichen eines Offiziers.
Alle vier wirkten wie erstarrt vor Furcht, was sie, da war sich Berry sicher, auch waren. Cachat zu erleben war schlimm genug - doch vorher hatten sie sich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass ihr Schiff von Fanatikern übernommen worden war, die der Galaxis drohten, sie seien bereit, es zu sprengen, sollte man ihre Forderungen nicht erfüllen.
»Wo ist der Schalter zur Selbstvernichtung des Schiffes?«, verlangte Cachat zu erfahren.
Als gehorchten sie einem einzigen Willen, richteten sich die Augen der vier Besatzungsmitglieder auf den einzigen Masadaner, der an einem Kontrollpult saß. Genauer gesagt, auf einen großen Knopf an der Seite des Pultes. Der Knopf sah ganz danach, als hätte man ihn provisorisch angebracht - ganz davon abgesehen, dass er knallrot bemalt war - sehr frisch und ziemlich nachlässig übrigens. Berry hätte fast gekichert, so absurd melodramatisch erschien ihr das Ganze.
»Das ist er? Gut. Drücken Sie den Knopf.«
Kubier hatte wieder den Mund geöffnet, als wolle er zu einer
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