Honor Harrington Bd. 16
zurücktransportieren kann, ohne entdeckt zu werden. Damit die Maskerade weitergeht. Nicht wahr, es wäre schwierig, der Galaxis weiszumachen, meine Tochter - Verzeihung, die Prinzessin - schmachtete noch immer in der Gefangenschaft, wenn es allgemein bekannt würde, dass es rings um die Felicia mehr Beibootsverkehr gibt als an einem kleinen Raumhafen.«
Mit äußerster Fröhlichkeit sagte er: »O ja, es passt alles wunderbar zusammen. Schön, dass zur Abwechslung mal jemand klar denkt. Ich gebe natürlich zu, der Schlitten ist ein zerbrechliches Transportmittel.« Er blickte zum Heck. »Antrieb - ha! Das Ding da hinten ist bloß eine Sprühdose mit Größenwahn. Man kann aber nun mal nichts gebrauchen, was so groß oder kräftig ist, dass es unsere Radarsignatur zu stark macht, nicht wahr?«
Ganz am Vorderende des Schlittens saß ein weiblicher manticoranischer Rudergast von der Gauntlet. Die Frau diente als Pilotin des Schlittens. Anton sah ihre Schultern ein wenig beben; sie konnte ihre Erheiterung über Antons fröhliche Lügenhaftigkeit kaum unterdrücken.
Jeremys Helm schwankte; er versuchte, Anton ins Gesicht zu sehen. Die Bewegung fiel sehr zaghaft aus, als befürchtete er, schon ein Ruck mit dem Kopf könnte ihn vom Schlitten reißen.
»Ich finde das gar nicht lustig, Captain Zilwicki.«
»Nein, welch majestätischer Ausspruch - obwohl ich glaube, es muss heißen: ›Wir finden das gar nicht lustig.‹ Pluralis majestatis, Sie wissen schon.« Anton gluckste. »Wirklich erstaunlich, so etwas aus dem Munde eines überzeugten Gleichmachers zu hören.«
Jeremy setzte zu einer gereizten Entgegnung an. Anton konnte nun durch den gedrehten Helm sein Gesicht sehen und bemerkte, wie der Mann sie sich verbiss. Sein üblicher koboldhafter Humor kehrte zurück.
»Ich erhebe keinen Einwand, wenn ich bedenke, welche Rolle Ihre Tochter in dieser irrwitzigen Affäre spielt. Trotzdem würde mich interessieren, ob Sie Ihren Gleichmut auch dann noch nicht verlieren, wenn die HoloDramas durchdrehen. Und sie drehen durch, sobald die Sache bekannt wird, das ist Ihnen doch wohl klar. Ach ja. Captain Zilwicki, der Schurke der Raumstraßen. Ich sehe es jetzt schon vor mir - fett und breit steht es im Umkreis von fünfhundert Lichtjahren auf jedem HD-Display. Noch ein Monat - höchstens zwei - und ihr Gesicht ist in der gesamten besiedelten Galaxis wohlbekannt.« Jeremy gurrte nun fast: »Versuchen Sie doch bitte, in die Aufzeichner zu lächeln, Captain.«
Anton runzelte die Stirn. Und erinnerte sich nicht zum ersten Mal, dass es ein riskantes Unterfangen war, Jeremy X mit Sticheleien zu reizen. Die Zunge des Mannes war genauso schnell und zielsicher wie seine Waffenhand.
Sie hatten die Felicia nun fast erreicht, und Anton schob seine finsteren Prognosen betreffs seinen Aussichten beiseite, in Zukunft seine hoch geschätzte Anonymität bewahren zu können. Seine Gedanken galten nur noch seiner Tochter.
Zuerst war er zornig auf sie gewesen, nachdem Jeremy X und sein Kamerad Donald ihm auf Smoking Frog die Neuigkeiten überbracht hatten. Sämtliche eitle Zufriedenheit über den erfolgreichen Abschluss seines kleinen Abstechers verflüchtigte sich augenblicklich. (O ja, er war sehr erfolgreich gewesen. Etwa zum hundertsten Mal sah Anton mit großer Vorfreude dem Unterfangen entgegen, Georgia Young mit den Informationen, die er auf Smoking Frog über sie erhalten hatte, zu ruinieren. Oder präziser: sie als politischen Faktor im Sternenkönigreich ein für alle Mal auszuschalten.)
Der Zorn hatte nicht lange angehalten. Bevor Donald X, der die Nachricht via Kurierboot herbeigeschafft hatte, auch nur bis zur Hälfte seiner Erklärung gekommen war, begriff Anton bereits die Wahrheit. Gewiss, er konnte seiner Tochter sehr wohl vorwerfen, dass sie überhaupt ins Wages of Sin gegangen war. Zugleich stand aber fest, dass ein Irrer wie Templeton überall zugeschlagen hätte. Wenn jemandem ein Vorwurf zu machen war, dann ihm selbst, nicht aber Berry. Er galt als der Superspion, nicht sie. Folglich hätte also er bemerken können, dass auf Erewhon die Masadaner lauerten - in welchem Fall er die Reise in den Maya-Sektor niemals unternommen hätte.
All das aber hatte er erst im Nachhinein erfahren, und nutzlose Schuldzuweisungen waren noch nie Anton Zilwickis Sache gewesen. Er neigte weder zu sinnlosen Selbstvorwürfen, noch frönte er der üblen Gewohnheit, seine Schuld auf andere abzuschieben. Wichtig waren allein - ganz allein - der
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