Honor Harrington Bd. 16
verlernt hatte, was sie von früher wusste - und noch einiges hinzugelernt, denn die Jahre im Exil waren an sie nicht verschwendet gewesen. Cathy Montaigne war keine eigensinnige junge Frau mehr, die vom hohen Ross des Prinzips herab die
Nase über taktisches Vorgehen rümpfte. Sie war eine Frau in den frühen mittleren Jahren, zu Beginn des besten Alters, die ihr Selbstvertrauen wiederhergestellt und sich mit Jahren des Studiums der menschlichen Natur und des politischen Kampfes gewappnet hatte.
Sieh dich vor, Manticore!, dachte er amüsiert.
Du Havel wandte sich wieder ganz dem Gespräch zu, das er mit einem älteren Herren und seinen beiden Begleiterinnen führte, seinen Schwestern, wenn er sich an die Vorstellung richtig erinnerte.
Ganz sicher war er sich nicht. Die drei faselten allesamt einen derart furchtbaren, halb ausgegorenen Blödsinn, dass er ihren Worten nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte, sondern nur gerade so viel, dass er dank seiner jahrelangen Erfahrung bei akademischen Zusammenkünften an den richtigen Stellen weise nicken und in passenden Abständen verständnisvolle Laute von sich geben konnte.
Zum Glück hatte sich Du Havel Geduld für solche Dinge anerzogen. Was nicht einfach gewesen war. Von Natur aus hatte er nur sehr wenig Geduld mit Idioten.
Er hörte, wie der Haushofmeister mit schallender Stimme eine weitere Person vorstellte.
» Captain of the List Michael Oversteegen, MC, CGM, GS, OCN, Kommandant Ihrer Majestät Sternenschiff Gauntlet!«
Ein hochgewachsener, schlanker Mann in einer Uniform der manticoranischen Navy hatte den Raum betreten. Du Havel schenkte ihm zunächst keine weitere Beachtung, doch dann gewahrte er, dass die Lautstärke der Menge merklich nachgelassen hatte, als wären zahlreiche Gespräche entweder momentan verstummt oder als hätten die Leute ihre Stimmen gesenkt.
Glücklicherweise erstreckte sich diese Unterbrechung auch auf die drei Geschwister. Du Havel entdeckte Helen Zilwicki, die nicht weit entfernt stand, und löste sich mit einer glatten und inhaltslosen höflichen Phrase vom Trio der Schwatzhaftigkeit.
»Wer ist das?«, raunte er Helen ins Ohr, als er neben ihr stand. Die junge Frau hatte ihn nicht bemerkt, weil ihre Augen an dem manticoranischen Offizier klebten. Das schien fast jedem im Raum so zu gehen - und Du Havel hatte bereits Cathy erspäht, die sich einen Weg durch die Menge bahnte, um den neu eingetroffenen Gast in Empfang zu nehmen.
»Oh. Hi, Web. Das ist Oversteegen. Der Oversteegen. Cathy hat ihn eingeladen, aber sie hätte nie gedacht, dass er wirklich kommt. Ich auch nicht.«
Du Havel lächelte. »Fangen wir doch mit dem Anfang an, ja? ›Der‹ Oversteegen mag Ihnen vielleicht ein Begriff sein, doch jemandem, der erst vor zwei Wochen von Alterde kommend im Sternenkönigreich eingetroffen ist, bedeutet der Name nichts.«
Helen riss die Augen auf, wie es ein junger Mensch tut, sobald er auf die schockierende Erkenntnis stößt, dass nicht jeder seine besonderen Interessen teilt.
»Er ist der Kommandant, der die Schlacht von Tiberian gewonnen hat«, antwortete sie und schüttelte den Kopf, als sie sein verständnisloses Gesicht sah. »Der, der mit seinem Schiff im Alleingang vier andere Kreuzer ausgeschaltet hat«, erklärte sie in einem Ton, der fast empört klang, als wolle sie hinzufügen: Wie kann das irgendjemand nicht wissen ?
»Ach, richtig. Ich erinnere mich, von dem Zwischenfall gelesen zu haben. Vor einem Jahr ungefähr, nicht wahr? Aber ich habe in Erinnerung, als wären seine Gegner nur Piraten gewesen und keine regulären Streitkräfte.«
Helen riss die Augen noch weiter auf. Du Havel kam es hart an, sich ein Grinsen zu verkneifen. Die neunzehnjährige Raumkadettin war zu gut erzogen, um damit herauszuplatzen, doch es war offensichtlich, dass ihre Gedanken in etwa folgender Bahn folgten: Wie kann irgendjemand solch ein Idiot sein ?
Allerdings gelang es ihr, sich ihre Empörung nicht an der Stimme anmerken zu lassen, als sie antwortete; sie verhaspelte sich nur zweimal.
»Das waren Schwere Kreuzer der Gladiator-Klasse, verda ...« Sie unterdrückte ihren Ausbruch und fuhr in gelassenerem Ton fort, ganz in der Art, wie eine Mutter ihre Entrüstung über die Torheiten ihres Krabbelkinds bezwingt. »Die Sensorlogs der Gauntlet haben das ohne jeden Raum für Zweifel bewiesen.«
Du Havel wölbte fragend eine Braue. Helen Zilwicki musste einen weiteren Ausbruch ersticken.
»Wie kann irgend...?« Husten. »
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