Honor Harrington Bd. 16
in dem die zahlreichen Gästezimmer des Stadthauses lagen - zum Glück für Du Havel führte Cathy ihn -, stellte er eine weitere Frage.
»Wo war übrigens Anton heute Abend? Und Berry?«
Als er Cathys Gesicht sah, grunzte er. »Was denn? Noch etwas, wovon ich in den Nachrichten hätte lesen können?«
»Kaum! Es sei denn ...« Sie schüttelte den Kopf. »Lass es einfach, Web. ›Information nur bei Bedarf‹ und so weiter. Du wirst es schon früh genug erfahren. Im Augenblick kannst du dich in der ruhigen Gewissheit schlafen legen, dass du schon bald jemand anderen aus den obersten Spitzen der Gesellschaft beleidigen kannst.«
»Ach, wunderbar«, sagte er. »Ich genieße es ja so sehr, aber ich möchte dir wirklich nichts vermasseln.«
»In diesem Fall glaube ich nicht, dass das passiert. Erstens ist das erlauchte Haupt, um das es geht, gar nicht so leicht zu beleidigen, nach allem, was ich von Anton höre. Zweitens ist es mir wirklich scheißegal.«
»Du solltest besser auf deine Wortwahl achten. Besonders jetzt, wo du keine Aufwieglerin mehr bist, sondern eine Politikerin.«
»Sei nicht albern, Web. Das macht meinen Charme aus. Meine Persönlichkeit, wenn du so willst. An wen können sich die Freiheitler schon wenden, wenn der Pöbel aufmüpfig wird - doch nur an jemanden, der fluchen kann wie ein Raumdock-Schauermann ? «
»Deine Gedanken folgen verwundenen Bahnen, Catherine Montaigne. Ich fürchtete um deine Seele, glaubte ich an Seelen. Leider gibt es nicht den kleinsten Beweis, der diese Idee stützt.«
Sie hatten die Tür seines Zimmers erreicht. Er streckte die Hand aus, um sie zu öffnen, doch dann hielt er inne.
»Also wirklich. Ich muss zugeben, dass deine Tochter Berry als Beweis dafür angesehen werden muss. Anders ist es wirklich schwer zu erklären, wie sie sich entwickelt hat.«
»Sie ist ein Juwel, nicht wahr?«, stimmte Catherine ihm begeistert zu. »Manchmal glaube ich, dass sie der klar denkendste Mensch ist, den ich kenne. Meistens bin ich mir da sogar sicher.«
»Gut gesagt.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Ich werde sie vermissen, wenn ich aufbreche. Ganz bestimmt.«
Als er das Schlafzimmer betrat und die Tür hinter sich schloss, erhaschte er noch einen Blick auf Cathy, die auf dem Korridor stehen geblieben war. In ihren Augen schien es merkwürdig zu funkeln. Vielleicht kam es vom Mutterstolz.
6
Der Gang zu seinem Schiff einige Tage später wurde für Anton zum Tollhaus. Königin Elisabeth III. hatte die Neuigkeit zwar erst im letzten Augenblick verlauten lassen, doch die Paparazzi des Sternenkönigreichs besaßen genauso schnelle Reflexe wie überall in der Galaxis. Als Anton und sein Gefolge endlich das Tor zum Landefeld erreicht hatten, wo der Orbitalshuttle auf sie wartete, drängten sich in der Halle die Journalisten.
Obwohl Anton nichts anderes geplant hatte, fand er die Situation nach wie vor ein wenig ärgerlich. Er war so sehr gewöhnt, im Verborgenen zu arbeiten, dass er sich nicht klar gemacht hatte, wie sehr er selbst im Mittelpunkt des lebhaften Interesses stehen würde. Viele Paparazzi schienen es genauso sehr auf Holos von ihm abgesehen haben wie auf Bilder von der Prinzessin.
Mürrisch stellte er sich die Schlagzeilen der Klatschmedien vor.
Halbsold-Offizier geht mit Royal auf Geheimmission!
Captain Zilwicki tauscht Gräfin gegen Prinzessin!
Catherine Montaigne untröstlich! ›Wegen einer Jüngeren verlässt mich mein Geliebter ˱
Neuer Skandal in einer skandalösen Karriere!
Dann musste ihm Berry, ganz aufgeregt über die Gelegenheit, vor versammelter Reportermeute auch noch spontan einen feuchten Kuss auf die Wange drücken. Dass es der Kuss einer Tochter und nicht einer Geliebten war, wäre jedem, der ihn aus der Nähe beobachtete, sofort klar gewesen. Nur wurden die Paparazzi von der Polizei auf Abstand gehalten, und ihre sorgfältig zurechtgeschnittenen Holobilder zeigten nur
eine hübsche, wie eine Prinzessin gekleidete junge Frau, die einen viel älteren Mann abknutschte.
Sein Unbehagen musste ihm anzusehen gewesen sein. Hinter sich hörte er Prinzessin Ruth amüsiert murmeln: »Ach, machen Sie sich doch keine Gedanken, Captain. Die richtigen Medien werden die offizielle Version berichten, und wer schenkt den Skandalschmierblättern denn überhaupt irgendwelche Beachtung?«
Ungefähr zwo Drittel der Bevölkerung von Manticore, dachte Anton säuerlich. Und auf Gryphon neunzig Prozent. In den Highlands kann ich mich jedenfalls nicht mehr
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