Honor Harrington Bd. 16
Fall...
Als die Kamera zurückfuhr, sah Anton zum ersten Mal sämtliche Gäste des Abends zusammen. Sofort richtete sich sein Blick auf den Mann, der ganz rechts saß. Genauer gesagt, rastete sein Blick auf ihm ein.
Berry saß neben ihm, und ihr Blick nahm den gleichen Weg. »Wer ist das?«, fragte seine Tochter.
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Anton kopfschüttelnd. »Aber eins kann ich dir sagen. Er ist keiner der üblichen Schwätzer. Und wenn ich nicht völlig falsch liege ...«
Verdammt, verdammt, verdammt...
»... dann ist er im gleichen Geschäft wie ich.«
Kein Zweifel möglich. Nachdem er ein, zwei Minuten bei seinen Gästen herumgestochert hatte, bis sie sich allgemein einig waren, dass es jedenfalls keine romantische Eskapade sei, was immer zwischen Captain Zilwicki und Prinzessin Ruth auf dieser erewhonischen Reise vorgehe, gestattete Underwood seiner gut geölten und eingespielten Korona, eine fundierte (aber nicht allzu tiefschürfende) Analyse der politischen Feinheiten des Falles abzusondern.
Nichts von dem, was Anton zu Ohren kam, überraschte ihn sonderlich. Er hörte genau das, was Königin Elisabeth vorhergesehen und, mit Antons Hilfe, geplant und eingefädelt hatte.
.. .finde es selber skandalös, wie die Regierung Steins Begräbnis offiziell ignoriert. Was in Gottes Namen denkt sich New Kiev dabei ?
Wenn Sie mich fragen, hätte sie in dieser Frage mit dem Kabinett brechen und wenigstens eine öffentliche Ansprache halten müssen. Stein war seit Jahrzehnten ein Idol der Freiheitlichen Partei, und wenn sie es nicht für nötig hält...
... kann ich nicht sagen, dass ich Ihnen zustimme, Harnet, es sei denn, Sie finden, dass New Kiev mit dem Gedanken an einen Rücktritt spielt. Und ich glaube nicht, dass dazu auch nur die geringste Chance besteht. Sie haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, dass sie dafür von Montaigne Prügel beziehen wird.
... interessanter find ich ja, dass Ihre Majestät plötzlich eine Menge Statements macht. Zuerst - offensichtlicher geht’s nicht mehr-, indem sie Catherine Montaignes Lebensabschnittsgefährten zum inoffiziellen Begleiter Prinzessin Ruths macht...
... ganz meine Meinung! Ich meine, glaubt denn wirklich irgendjemand, Ihre Majestät könnte kein eigenes Schiff nach Erewhon schicken ?
... genau! Gewiss, offiziell steht die ehemalige Gräfin of the Tor noch immer auf Ihrer Majestät schwarzen Liste, aber ich würde sagen, dass die ganze Sache doch schon ziemlich fadenscheinig wird. Trotz dieser berühmten öffentlichen Auseinandersetzungen - die weit berühmter als zahlreich sind, möchte ich hinzufügen - sollte man nicht vergessen, in wie vielen Fragen die Queen und Montaigne übereinstimmen - trotz dieser Streitgespräche also gehört nicht viel dazu, um zu begreifen, dass Elizabeth vor Freude Luftsprünge machen würde, wenn Montaigne New Kiev ablöst...
... wird es aber so bald nicht kommen. New Kiev hat die Führungsspitze der Freiheitspartei nach wie vor fest im Griff, da ist es egal, wie viele einfache Mitglieder sie mit ihrem Schweigen über Steins Tod vor den Kopf gestoßen hat. Für interessanter halte ich die Art, wie Ihre Majestät hier den Solariern ein Signal sendet. Noch immer hat sich niemand zu Steins Ermordung bekannt, doch allgemein scheint man überall der Ansicht zu sein, dass Mesa oder zumindest doch Manpower dahintersteckt. Wie sonst soll man die solarische Weigerung auffassen, eine ernsthafte Untersuchung anzustellen ? Dieser Sektor der Liga steckt fest in Mesas Tasche, das weiß jeder. Deshalb musste Steins Familie zur Beerdigung nach Erewhon fliehen, und wen schickt die Queen des Sternenkönigreichs an der Seite Prinzessin Ruths, um ihr Beileid auszusprechen ? Den Mann, der mit der berühmtesten manticoranischen Wortführerin der Anti-Sklaverei-Liga im wörtlichen Sinne unter einer Decke steckt - jede Nacht; ausgerechnet ihn. Wenn Sie mich fragen, ist Ihre Majestät...
Anton hatte die ganze Zeit den Atem angehalten. Mit allem, was gesagt worden war, konnte er leben; er kam damit zurecht, wenn auch nicht leichten Herzens. Wer aber war der Fremde ganz rechts? Der Mann hatte noch kein Wort gesagt, und Anton wunderte sich, wieso Underwood ihn überhaupt eingeladen hatte. Ihn beschlich das nagende Gefühl, er bekäme diese Frage früher beantwortet, als ihm lieb war.
Elegant schaltete sich Underwood in das Geschwafel der Gäste ein. Elegant wie gut abgerichtete Seehunde - etwas anderes waren sie nicht - glitten die
Weitere Kostenlose Bücher