Honor Harrington: Das Mesa-Komplott: Roman (German Edition)
was Haven derzeit vorzuweisen hat. Für einige wenige selbst der Kernwelten ist das allerdings nicht der Fall, und auch das sollten wir im Auge behalten. Doch alles in allem entsteht der Eindruck, wir befänden uns in dieser Hinsicht deutlich im Vorteil.
Doch dieser Eindruck täuscht.« Nun verdüsterte sich Gweons Miene. »Dass sich die manticoranischen Frachter zurückgezogen haben und uns der Zugang zu derart vielen Wurmlöchern verwehrt ist, hat gewaltige Breschen in unsere Handelsrouten geschlagen. Genau das fügt unserer Wirtschaft großen Schaden zu. Den meisten Bürgern ist das bislang noch nicht bewusst. Aber es ist davon auszugehen, dass sich das schon sehr bald ändert. Nach den Einschnitten in unseren Handelsverkehr werden die meisten unserer Systeme schon bald auf systemeigene Ressourcen angewiesen sein. Die meisten von ihnen werden langfristig in der Lage sein, das aufzufangen – vor allem, wenn wir unsere eigene Handelsflotte hinreichend vergrößern können, um zumindest einen Teil dessen auszugleichen, was wir verloren haben. Aber das wird beachtlich viel Zeit kosten und zu politischer Destabilisierung führen. Die Moral der Zivilbevölkerung wird leiden. Und was für die föderale Regierung noch viel schlimmer ist: Es wird gewaltige Einschnitte bei den Einnahmen bedeuten, und das zu einer Zeit, in der die Rüstungsausgaben sprunghaft ansteigen.«
Der muss den Bericht von Wodoslawski und Quartermain gelesen haben , dachte Kolokoltsov säuerlich.
»Nun hat auch Manticores Wirtschaft«, fuhr Gweon unbeirrt fort, »gewaltige Einbußen hinnehmen müssen, insbesondere wenn man den Schaden berücksichtigt, den der mysteriöse Angreifer in ihrem Heimatsystem angerichtet hat. Aber tatsächlich befindet sich Manticore in einer Position, aus der heraus es sich deutlich rascher von diesem Schlag wieder erholen kann als wir, und das aus mehrerlei Gründen. Zum einen hat Manticore Zugang zur Silesianischen Konföderation und mittlerweile eben auch zur gesamten Republik Haven. Gerade Haven ist ein vollkommen neuer Markt – ein Markt, der Manticore in den letzten rund dreißig T-Jahren verschlossen gewesen ist. Außerdem können die Manticoraner die Wurmlöcher nutzen, zu denen sie uns den Zugang verweigern. Das bedeutet, sie können auch jetzt noch Märkte und Handelspartner im Rand und sogar in der Schale erreichen, die wir im ganz buchstäblichen Sinne eben nicht mehr erreichen können. In diesen Regionen werden die Manticoraner in der Lage sein, direkten Handel zu treiben und sich nicht lediglich auf das Transportgewerbe mit den Waren anderer Systeme zu beschränken. Bislang stammten die dort veräußerten Waren zum überwiegenden Teil von solarischen Herstellern und transstellaren Konzernen. Außerdem haben sowohl die Manticoraner als auch die Haveniten – anders als die Bürger der Liga! – bereits Erfahrung mit den Belastungen und Anspannungen sammeln können, die nun einmal mit interstellarer Kriegsführung einhergehen. Entsprechend rasch können sie sich darauf einstellen. Kombiniert man diese beiden Faktoren, dann liegt folgender Schluss nahe: Die Allianz dieser beiden Sternnationen wird in der Lage sein, innerhalb nur sehr weniger T-Jahre sämtliche Nachteile auszugleichen, die sich für sie dadurch ergeben, unsere Handelsrouten abzuriegeln. Auf jeden Fall werden sie besagten Ausgleich deutlich schneller erzielen als wir . Die Prognosen des Amtes für Wirtschaftsanalyse lassen vermuten, dass wir einen Wendepunkt ansteuern: Innerhalb von zehn bis fünfzehn T-Jahren wird die Wirtschaft von Manticore und Haven gemeinsam effektiv die Wirtschaftskraft der Liga einholen.«
»Das ist doch wohl ein Scherz!« Kolokoltsov war derart überrascht, dass ihm diese Bemerkungen gegen seinen Willen entfuhr. Was Gweon da sagte, klang deutlich düsterer als alles, was Agatá Wodoslawski oder Omosupe Quartermain ihm je vorgelegt hatten.
»Nein, Herr Staatssekretär«, widersprach der Captain respektvoll. »Leider nicht. Diese Prognosen befinden sich auf den Datenchips, die ich bei Ms. Wang hinterlassen habe, ebenso auch die Daten, auf denen die Prognosen basieren, sowie die Modelle und die verwendete Methodik. Wenn Sie mögen, setze ich mich gern mit Ihren eigenen Analysten zusammen und erläutere ihnen unsere Denkweise. Außerdem bin ich stets dankbar, wenn ein Außenstehender unsere Ergebnisse begutachtet und gegebenenfalls Kritik übt. Aber im Augenblick bin ich davon überzeugt, dass diese Prognosen haltbar
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