Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
Ouyang Zhingwei und ihre Assistenten ihr Bestes gaben, mit der entsetzlichen Überraschung dieser gewaltigen Salve zurechtzukommen.
Shavarshyan war kein Taktischer Offizier, doch auch er hatte genug Ausbildung in taktischen Dingen erhalten, um zu wissen, dass das, was ihnen dort entgegenbrandete, kein ungezieltes Sperrfeuer war, wie es Ouyang Crandall und Bautista gegenüber angesprochen hatte. Selbst noch die oberflächlichste Analyse dieser Raketensignaturen verriet, dass jede einzelne eigenständig manövrierte, und das als Teil eines kohärenten, sorgfältig gelenkten Ganzen. Dass etwas Derartiges schlichtweg unmöglich war, hieß eben nicht, dass es nicht doch passierte, und so konzentrierte sich der Operationsoffizier gänzlich auf ihre Displays, auf den Ohrhörer, auf die Meldungen, die von den zahlreichen Ortungssatelliten des Kampfverbandes eintrafen.
Der Nachrichtenoffizier beneidete sie. Wenigstens hatten sie etwas, das sie ablenkte.
»Das muss irgendeine Art Eloka sein!«, protestierte Bautista heiser. Der Stabschef starrte den Plot an und schüttelte wieder und wieder den Kopf.
»Das ist keine ECM, Pepe«, krächzte Crandall. Mit dem Kinn deutete sie auf das Sekundärdisplay, auf den die Operationszentrale der Joseph Buckley die Analyse der einkommenden Impellersignaturen gelegt hatte. »Die sind wirklich da.«
»Aber ... aber die Mantys können die doch unmöglich alle lenken.« Bautista wandte den Blick vom Schirm ab und starrte Crandall an. »Die können nicht so viele Leitkanäle haben! Und... und selbst wenn, dann muss doch über eine solche Entfernung hinweg die Treffgenauigkeit völlig im Eimer sein!«
»Ich bezweifle, dass selbst die Mantys Raketen abfeuern würden, die sie nicht auch leiten können.« Trotz ihres Entsetzens, ihrer Gehässigkeit und ihrer unbestreitbaren Arroganz verriet Sandra Crandalls finsterer Blick, dass sie sich nicht hinter krampfhaftem Leugnen der aktuellen Lage verstecken würde. »Was die Treffgenauigkeit an geht, haben Sie ja vielleicht recht! Aber wenn die genug solcher Salven auf uns abfeuern, dann werden sie uns selbst mit richtig beschissener Treffgenauigkeit den Arsch aufreißen.«
Bautistas Augen weiteten sich noch weiter, als er derart harsch zurechtgewiesen wurde. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen. Doch er brachte kein Wort hervor, und so schloss er den Mund wieder.
Crandall hatte es nicht einmal bemerkt.
»Gute Telemetrie von den Vorhut-Drohnen, Sir.« Stillwell Lewis jubelte es fast. »Jetzt aktivieren Sie ihre Halo-Plattformen, aber ihre bordeigenen Systeme verändern sich kaum. Bislang keine Überraschungen.«
»Wir sollten nicht übermütig werden, Stilt«, erwiderte Terekhov ruhig.
»Nein, Sir.«
Helen unterdrückte einen gänzlich unangemessenen Drang zu lächeln. Lewis klang eindeutig geläutert, als er Terekhovs sanfte Zurechtweisung bestätigte, und Helen wusste, dass der Commodore recht hatte. Doch gleichzeitig verstand sie auch, woher dieser Übermut des Operationsoffiziers rührte.
Die Geisterreiter-Plattformen, die ständig die Solarier beobachteten, waren drei Lichtminuten von der Quentin Saint-James entfernt. Doch dank ihrer ÜL-Transmitter schrumpften diese drei Lichtminuten auf weniger als drei Sekunden der Signalverzögerung zusammen. Im Prinzip beobachtete Lewis Crandalls Schiffe gerade in Echtzeit. Ohne Schlüsselloch-Zwo-Plattformen gab es keine ÜL-Telemetrieverbindungen zwischen Terekhovs Kreuzern und ihren Raketen, doch die Verzögerungszeit zwischen Feuerleitsystem und Eloka-Schaltungen war immer noch nur halb so lang wie bei jeder Navy ohne Geisterreiter.
Das alleine wäre aus dem Blickwinkel der Sollys schon schlimm genug gewesen, selbst wenn die Angriffsraketen nicht durch Apollo-Raketen gelenkt würden. Doch die Raketen Typ 23-E waren nun einmal dort, und jede einzelne bildete einen ungleich ausgefeilteren, leistungsfähigeren Fernsteuerungs-Knotenpunkt, als alles, was die SLN jemals entwickelt hatte. Man hatte den Echos im Vorfeld Dutzende verschiedener Angriffsprofile einprogrammiert, basierend auf jeder nur denkbaren Variante aller möglichen Verteidigungsmaßnahmen seitens der Solarier, die den Taktischen Offizieren und den Simulatoren der Zehnten Flotte nur eingefallen waren. Und die außergewöhnlich leistungsstarke KI an Bord einer jeden Typ 23-E war gänzlich eigenständig in der Lage, diese Profile der gegebenen Situation anzupassen. Dergleichen hatte es ebenfalls zuvor noch nie gegeben.
Weitere Kostenlose Bücher