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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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Daumen drauf halten zu können. Ich begann zu
verzweifeln.
    „Du hast
gewonnen“, sagte ich laut. „Ich gebe mich geschlagen.“
    Es war höchste
Zeit, mich für den Abend umzuziehen. Mit einem Griff zog ich den Reißverschluss
meines Koffers auf und hob den Deckel. Oh, mein Gott! Das Summen war
plötzlich mehr als doppelt so laut wie zuvor. Mir wurde schwindelig. Das
darf nicht wahr sein! Bitte, mach', dass es nicht wahr ist! Ich öffnete
meinen Kulturbeutel und blickte mit Schrecken auf die vibrierende elektrische
Zahnbürste, die fröhlich vor sich hin summte. Im selben Moment klingelte das
Telefon auf meinem Nachttisch. Nur zögernd hob ich ab.
    „Mister Tappe,
unser Hausmeister hat alles inspiziert und in keinem der Zimmer etwas
ungewöhnliches wahrgenommen.“
    Ich wagte es
nicht, am Telefon zu beichten. Der Gang zum Empfangschef fühlte sich an wie ein
Gang zum Schafott. Die Peinlichkeit dieses Vorfalls war nicht in Worte zu
fassen. Ich überhäufte die Belegschaft mit nicht enden wollenden
Vergebungsgesuchen. Sie zeigten sich gnädig, mein Ruf war jedoch ruiniert.
    Seither habe
ich schon mehrmals wieder in diesem Hotel mit meinen Gruppen gewohnt. Jedes
Mal, wenn George mich kommen sieht, duckt er sich scherzhaft hinter dem Tresen,
als wolle er sich vor mir verstecken. Zur Begrüßung presst der dann die Lippen
zusammen und summt eine fröhliche Melodie.

05 Von Phoenix zum
Grand Canyon - Die Sache mit
Herrn Büchsenschütz
     
    Die
Temperaturen liegen schon um sechs Uhr früh bei 25 Grad im Schatten und von
Minute zu Minute wird es heißer. Die Stadt Phoenix ist von Mai bis Oktober ein
Backofen, in dem selbst die Nächte nur wenig Abkühlung bringen. Nicht umsonst
wurde Willis Haviland Carrier als Erfinder der Klimaanlage bereits Anfang des
zwanzigsten Jahrhundert in Arizona zur Heldenfigur ernannt. Ich bin sicher
nicht sein größter Fan, aber ohne Klimaanlage wäre eine Bustour durch den
Wilden Westen gar nicht denkbar. Daran erinnere ich meine Gäste gern, wenn sie
wieder einmal über „zu warm“ oder „zu kalt“ meckern.
    „Denken Sie
mal an die alten Siedler, die auf Pferdewagen von Ost nach West gezogen sind“,
mahne ich dann und meine es sogar ernst.
    Unvorstellbar
aus heutiger Sicht, wie sich diese Menschen mit nur primitivsten Hilfsmitteln
einen Weg durch die Wüsten und die Bergketten bahnten. Monatelange Qualen, nur
gestützt von der Hoffnung, dass am unbekannten Ziel ein besseres Leben auf sie
wartet. Tag für Tag kämpften sie ums nackte Überleben. Mal waren Hunger und
Durst ihre Gegner, mal waren es Hitze und Kälte. Oft waren es Indianer oder
Banditen, die den Siedlern nach dem Leben trachteten. Und hier kommen wir im
vollklimatisierten Reisebus um die Ecke und fangen an zu stöhnen, wenn die
Temperatur tatsächlich einmal drei Grad über oder unter unsere Komfortzone
rutscht.
    „Hier holt man
sich ja den Tod!“, ruft dann einer.
    Die
Klimaanlage ist des deutschen Touristen bester Freund und ärgster Feind
zugleich, und der arme Reiseleiter muss zusehen, dass im Bus stets die richtige
Temperatur herrscht. Dabei ist es völlig unmöglich den Wohlfühlpunkt eines
jeden Gastes zu treffen. Frau Lutz mag es lieber kühl. Sie schläft ja auch bei
offenem Fenster. Herr Krause hat’s lieber schön kuschelig. Deshalb nimmt er
auch immer seine Polyesterdecke mit auf Reisen und hat nachts die Heizung an.
Familie Lauterbach ist sich nicht einig. Sie mag‘s kalt, er schwitzt lieber.
Sie schlafen in getrennten Zimmern. Dazu kommt, dass eine Klimaanlage so ein
vierzehn Meter langes Gefährt nicht gleichmäßig kühlt. Vorne im Bus ist es
grundsätzlich zwei Grad kälter als hinten. Das ist ganz einfach so. Und ich
kann überhaupt nichts daran ändern! Zu Beginn einer jeden Reise rate ich
deshalb jedem Gast, einen Pulli oder eine leichte Jacke mit an Bord zu nehmen,
damit er sich dementsprechend vor der kühlen Brise aus der Klimaanlage schützen
kann. Aber ausgerechnet Frau Lutz, die es kühl mag, kommt dann im Wollpullover
und Herr Krause vergisst seine Polyesterdecke. Und ich muss einmal mehr tief
durchatmen, um nicht die Geduld zu verlieren.
    „Können Sie
das verdammte Ding nicht ausmachen?“, ruft jemand von hinten.
    Um zu
demonstrieren, wie es sich anfühlt, wenn aus der Lüftung vierzig Grad heißer
Wüstenwind in das Innere des Busses strömt, gönne ich mir mitunter diesen Spaß.
    „Anmachen!“,
tönt es dann spätestens nach zwei Minuten aus allen Reihen.
    In den
Wüstengebieten

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