Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
ist es natürlich besonders krass, kommt man aus dem
klimatisieren Bus in die Hitze oder auch umgekehrt. Deshalb bin ich immer froh,
wenn wir die Stadt Phoenix und das Valley of the Sun verlassen und gen
Norden auf das Coloradoplateau zu fahren. Dort ist es zwar auch heiß, aber
weitaus angenehmer, schon allein aufgrund der Höhenlage. Dieser Reisetag ist
für viele Gäste sehr anstrengend. Gerade die Älteren in der Gruppe haben oft
Schwierigkeiten, die gewaltigen Temperaturunterschiede zwischen Küste und Wüste
zu verkraften. Kaum sind sie einigermaßen akklimatisiert, geht es auch schon in
die Berge auf über 2.200 Meter über Null. Da kommt der Kreislauf gern mal ins
Trudeln. Ich predige meinen Schäfchen unaufhörlich, genug Wasser zu trinken, da
ich immer wieder erlebe, dass Gäste dehydrieren. Oft fühlen sie sich dann
tagelang unwohl oder werden gar ohnmächtig und die Reise endet vorzeitig in
irgendeinem Krankenhaus.
„Ja, aber wenn
wir so viel trinken, müssen wir so oft aus Klo“, argumentieren vor allem die
Damen und verzichten schon am Morgen auf die Tasse Kaffee. Aus einem mir
unerklärlichen Grund scheinen deutsche Frauen panische Angst vor ausländischen
Toiletten zu haben. Das geht so weit, dass Einige bei den Fotostopps am
Nachmittag nicht mehr aussteigen, in der Befürchtung, es könnte einen Unfall
geben. Allein die Toilette im Hotelzimmer ist vertrauenswürdig. Und es werden
alle Register gezogen, bis dorthin durchzuhalten.
„Wann sind wir
denn heute Nachmittag im Hotel?“, fragen die ersten Damen schon vor der Abfahrt
am Morgen, damit sie sich genau ausrechnen können, wie viel sie in den
kommenden Stunden trinken dürfen. Dabei sind besonders die öffentlichen Klos in
den USA viel sauberer als ihre deutschen Counterparts. Und gratis sind sie
obendrein. Doch bevor die erste mutige Frau sich nicht von diesen Vorzügen
überzeugt und ihre neu gewonnene Erkenntnis an die Geschlechtsgenossinnen im
Bus weitergeleitet hat, arbeiten die Schließmuskeln auf Hochtouren. Auch vor
der Bordtoilette herrscht eine gewisse Furcht. Zugegeben, die ist nicht sehr
bequem und auch sehr klein. Frauen, die gern im Team das Klo aufsuchen, kommen
sicher nicht auf ihre Kosten, aber die Mini-Toilette bietet durchaus eine
Alternative zur Dehydrierung. Einzige Voraussetzung für den Besuch der engen
Kabine ist ein ausgeprägter Gleichgewichtsinn, denn der hintere Teil des Busses
hat eine immense Federung. Haben die Damen allerdings erst einmal Vertrauen zu
den amerikanischen Klos gewonnen, gibt es kein Halten mehr und die stillen
Örtchen werden schlagartig zu begehrten Ausflugsorten. Das Bild ist dann immer
das gleiche. Die Männer knipsen im Akkord die Sehenswürdigkeiten und die Frauen
stehen Schlange vor dem Restroom , wie die Amerikaner ihre Aborte
vorsichtig betiteln. Das englische Wort Toilet ist in den USA tabu. Viel
zu direkt. Deshalb zuckt der Ami auch schon mal zusammen, stellt ihm ein Tourist
die Frage: „Where is the toilet, please?“ Dieser Satz hat in etwa den
sprachlichen Charakter von: „Wo kann man hier bitte schön kacken?“ Nein, in
diesem Land geht man nicht auf die Toilette, sondern verschwindet höchstens mal
im Bad, dem Bathroom oder gönnt eine kleine Erholungspause im Restroom .
Um in den USA nicht unangenehm aufzufallen, sollte man unbedingt die
wichtigsten Wortspiele der Amerikaner beherrschen, bevor man unkontrollierte
Bemerkungen von sich gibt oder sich gar in ein Gespräch einbringt. Geht es
beispielsweise um das Thema „pupsen“, ist höchste Vorsicht geboten. Laut
Wörterbuch wird der deutsche Furz im Englischen mit dem Wort „Fart“ übersetzt.
Mit diesem Ausdruck läuft man jedoch Gefahr, unwiderruflich aus der
amerikanischen Gesellschaft verbannt zu werden. „To pass wind“, also eine
Windbö ziehen lassen, wäre in diesem Fall die korrekte Form sich zu
artikulieren.
Unser Weg
führt in Richtung Grand Canyon. Eine bezaubernde Fahrtstrecke, denn die
Gegensätze zwischen Wüste und Hochebene werden hier so richtig deutlich. Auf
den Hängen rechts und links des Highways stehen majestätische Saguaro Kakteen.
Diese gewaltigen Pflanzen können schon mal zehn Meter in die Höhe wachsen und
ein stolzes Alter von zweihundert Jahren oder mehr erreichen. Mit ihren
mächtigen und gen Himmel gestreckten Armen sehen sie aus, als winkten sie den
Vorbeifahrenden zu. Kaum geht es jedoch bergauf, verschwinden die Wüstenriesen
bereits wieder aus unserem Blickfeld. Eine völlig
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