Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
klein, unter einer halben Million Dollar.
Am Besten verweilt man in Sausalito bis zum Sonnenuntergang und genießt den
fantastischen Blick vom Fährhafen auf die Skyline von San Francisco bei Nacht.
Ein krönender Abschluss für einen erlebnisreichen Tag, den lediglich noch eine
Tasse Jacobs Kaffee veredeln könnte. Auf den muss man freilich, wie fast
überall in den USA, auch hier verzichten. Wer kein braun gefärbtes Wasser mag,
kann sich immerhin einen globalen Kaffee der Marke Starbucks kredenzen lassen.
Als Reiseleiter werde ich immer wieder von meinen Gästen gefragt:
„Wie halten
Sie das nur aus ohne deutschen Kaffee? Das muss doch grauenvoll sein.“
Die Antwort
ist simpel. Ich trinke einfach keinen mehr.
Da San
Francisco ein so abwechslungsreiches Reiseziel ist, bleiben wir zwei Nächte in
der Stadt. Das gibt allen Gästen die Möglichkeit, einmal kräftig durchzuatmen.
Immerhin haben wir zu diesem Zeitpunkt bereits knapp 4.000 Kilometer mit
unserem Bus zurückgelegt. Da tut ein bisschen laufen zur Abwechslung mal ganz
gut. Selbstverständlich ist aber auch eine Fahrt mit dem berühmten Cable Car ein absolutes Muss in San Francisco. Auf insgesamt achtzehn Kilometern
Streckennetz lässt sich die Stadt auf drei verschiedenen Linien erkunden. Oft
ist es allerdings nicht ganz leicht, einen Platz auf dem beliebten Gefährt zu
ergattern, da täglich einige tausend Besucher an den Endstationen der Cable Car
Schlange stehen. Hier sollte man eine Portion Geduld mitbringen. Da ich als
Reiseleiter grundsätzlich im Stress bin und weder Zeit noch Geduld habe, ist
die Cable Car nicht unbedingt das geeignete Fortbewegungsmittel für mich. Muss
ich dennoch darauf zurückgreifen, wende ich einen kleinen Trick an. Statt mich
in die Warteschlange an der Endstation einzureihen, laufe ich ein oder zwei
Stationen weiter. Dort suche ich mir an der Haltestelle eine ältere Dame und
biete ihr einen Dollar dafür, dass sie sich bei mir einhakt und dem Schaffner
bei der Einfahrt hilfesuchend zuwinkt. Die Cable Car verlässt die Endstation
grundsätzlich mit einigen leeren Plätzen, damit auch unterwegs noch Leute
zusteigen können. Während der Stoßzeiten gebieten die Schaffner an den
Haltestellen grundsätzlich älteren Damen den Vortritt. Als Mann besten Alters
hätte ich also kaum eine Chance, einen der begehrten Plätze zu ergattern.
Beobachtet ein Schaffner aber, wie ein freundlicher junger Mann einer
gebrechlichen Frau beim Einsteigen hilft, darf er zweifelsohne mitfahren.
Mitunter muss ich dann nicht einmal für meine Fahrkarte bezahlen, weil ich in
den Augen des Cable Car Betreibers als barmherziger Samariter gelte. Das ist
kein schlechtes Geschäft. Immerhin kostet so eine Fahrt momentan sechs Dollar.
Wer nun meint, ich sei ein skrupelloser Schmarotzer, hat sicher nicht ganz
unrecht. Aber dieser Trick stammt nicht von mir, möchte ich an dieser Stelle zu
meiner Verteidigung anmerken. Den habe ich mir lediglich bei einem jungen
Einheimischen abgeguckt.
Um den
Beruf des Reiseleiters erfolgreich ausüben zu können, ist es unerlässlich, die
Kunst des Improvisierens zu beherrschen. Dabei unterscheiden wir zwischen zwei
Varianten: der offensichtlichen und der versteckten Improvisation. Erstere
dient dazu, das Reiseprogramm bei unvorhergesehenen Störungen, die
beispielsweise wetter- oder verkehrsbedingt sein können, zur Zufriedenheit der
Gruppe ganz spontan abzuändern. Diese Variante erlaubt es dem Reiseleiter, sich
bei Gelingen seiner Aktion zu profilieren und damit die Chancen auf ein gutes
Trinkgeld zu erhöhen. Die versteckte Improvisation hingegen ist ein Mittel,
eventuell vorhandenes Unwissen in – sagen wir – Informationen für den Gast
umzuwandeln, ohne dabei einen Mangel an Wissen zugeben zu müssen. Hier ist es
nötig, mit äußerster Vorsicht und vor allem mit viel Geschick vorzugehen, um
das kostbare und schwer erworbene Vertrauen der Gäste nicht zu verlieren.
Dummerweise gehöre ich nicht zu den Reiseleitern, die vorsichtig und geschickt
sind. Das zeigte sich auch an einem lauen Herbstabend in San Francisco, der
eigentlich sehr vielversprechend begonnen hatte.
Wir befanden
uns in der Hochsaison und aufgrund des enormen Gästeaufkommens kam ein zweiter
Bus zum Einsatz, der parallel zu meinem fuhr. Es ist nicht unüblich für einen
Reiseveranstalter, zwei oder gar drei Busse dieselbe Route fahren zu lassen.
Wichtig ist nur, dass die Kommunikation zwischen den Reiseleitern gut funktioniert
und alle
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