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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Abruf in einem Stück, das keinen Unterschied zwischen Charakter und Schmiere kennt.« Und, möchte man hinzufügen, auch keinen Unterschied zwischen hoher und trivialer Literatur.
    »Hoppes Welt«, so Brückner weiter, »ist auf so altmodische wie zeitgenössische Weise immer Bühne, das Leben permanenter Rollentausch. Dies und nichts anderes ist der Grund dafür, warum man ihre Kreaturen permanent aus den Augen zu verlieren droht. Eine windige Truppe wankelmütiger Verwandlungskünstler, die hinter Wandschirmen verschwinden, um kurz darauf wieder an der Rampe zu stehen und mit immer neuen Requisiten zu winken. Kein Wunder, dass die Lektüre solcher Texte nicht nur anstrengend ist, sie macht vor allem nervös. Die Angst um die eigene Identität wird, so bedenklich wie unbekümmert, in Lust und Laune verwandelt. Stellen wir uns ein Spielfeld vor, auf dem die Spieler fortwährend wechseln, nicht nur innerhalb der eigenen Mannschaft, sondern auch zwischen den Mannschaften selbst. Ein dunkles Hin und Her von Bewegungen und Finten, ein einziges Hakenschlagen, bei dem der Zuschauer hoffnungslos auf der Strecke bleibt. Wer, fragt man sich, trägt hier welches Trikot, wer spielt mit welcher Nummer, unter welcher Farbe und Fahne? Wer verbirgt sich hinter der Maske im Tor? Hoppes Protagonisten sind ein Team, das sich selbst genügt und auf Trainer und Publikum pfeift.«
     
    Bamie Boots, der Hoppes literarisches Werk kaum zur Kenntnis genommen haben dürfte, wusste vermutlich schon länger und lange vor jenem legendären Endspiel in Edmonton ( 1972 ), in dem Hoppe sich ein für alle Mal weigerte, auf dem Eis ihren Rucksack abzulegen (Regelverstoß: unkorrekte Ausrüstung), dass Hoppe eine Meisterin wechselnder Kostüme und Masken war, weshalb sie schließlich (zu Recht) vom Eis verbannt wurde, womit sie nicht nur ihren Trainer, sondern auch ihre Teamkameraden nachhaltig enttäuschte und irritierte.
    BBs Kommentar dazu: »Die Nummer mit dem Rucksack war natürlich reines Theater, Wichtigtuerei, eine unbeholfene Rache an Wayne, auf den Fly von Anfang an eifersüchtig war, weil er Furore machte und längst bei Gzowski (gemeint ist Peter Gzowskis Radioshow
Good Morning Canada
/fh) auftrat, während sie immer noch in der unteren Liga spielte. Er war nun mal einfach der Größte und Beste und schließlich so gut, dass er seinen eigenen Leibwächter auf dem Eis bekam, weil er es hasste, sich zu schlagen (»the most gentlemanly player of all«/»der höflichste Spieler von allen«/fh), während Felicitas sich andauernd selbst verteidigen musste. Wahrscheinlich hat sie deshalb diesen Hang zu Privatrüstungen entwickelt.«
    Auf die Frage, ob Felicitas nicht womöglich schon damals beschlossen habe, in ein anderes Lager überzulaufen, weil sie den Sport auf dem Eis längst satthatte und lieber in eigener Sache kämpfen wollte als in einem »hell ausgeleuchteten Stadion, in dem mich dem ganzen Licht von Toronto zum Trotz sowieso niemand sieht«, reagiert BB leicht gereizt: »Das stimmt doch hinten und vorne nicht. Typische Behauptungen von Leuten, die von Sport nichts verstehen und nie ein Stadion von innen gesehen haben. Erstens war Fly, zur Not auch mit Rucksack, immer eine der Besten der Besten, nur war ihre Nummer einfach gegen die Regeln und ziemlich albern, und das wusste sie auch. Trotzdem hätten wir sie gern dabeibehalten. Denn zweitens war sie verliebt ins Eis, wo sonst hatte sie die Gelegenheit, sich so glänzend in Pose zu werfen. Ganz oder gar nicht war ihre Devise, sie war und blieb verliebt in den Auftritt. Ihr Abschied, der niemals ein Abschied war ( BB legt seine Hand ins Feuer), hatte rein gar nichts mit Sport zu tun, sondern mit ihrem Vater, der selber völlig erfolglos war und dem nicht gefiel, was seine Tochter da machte. Weshalb er sich dann diese Frau besorgte, die Fly vom Eis an die Tasten brachte. Mein Gott, Musik, wenn ich das schon höre! Wissen Sie, wen ich da vor mir sehe? Eine misslaunige Frau aus Brantford, die sonntags in einem grauen Kostüm den dünnen Gesang von müden Kirchgängern an einer verstimmten Orgel begleitet (im Brantforder Klima sind alle Orgeln verstimmt) und unter der Woche Musikstunden gibt, um sich irgendwie über Wasser zu halten. Und die ihren Schülern das Stadion missgönnt, weil sie selbst niemals auf einer Bühne saß und bis heute von nichts als vom großen Applaus träumt.«
    Jener misslaunigen Frau im grauen Kostüm war Felicitas’ Vater vermutlich zum ersten Mal auf einem

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