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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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niemand müsse sich für sein Lachen schämen, überhaupt sei Scham nicht nur in literarischen Fragen höchst unproduktiv, eine These, die später bei Bretzeln und Wein ziemlich heftig diskutiert worden sei. In erster Linie beweist sie aber nur einmal mehr, wie sehr Hoppe die Bühne und das provokative Vergnügen liebt, das Szenario, das Theater, das pathetisch Einfache wie das plakativ Prunkvolle, die Krone des Königs wie die Mütze des Kapitäns. Und das Rattenkostüm.
    So soll sie auf der
Queen Adelheid
gelegentlich auch noch bei größter Hitze in voller Hockeymontur samt Schläger, Helm und Handschuhen an der Reling posiert haben. Heimweh oder Prahlhanserei? Den Aufzeichnungen ihres Vaters lässt sich entnehmen, dass sie unter keinen Umständen dazu zu bewegen war, ihre Ausrüstung in Brantford zurückzulassen, obwohl Small und Kramer ihr mehrfach und ausdrücklich versichert hatten, sie werde dort keinen Staat damit machen, weil man in Australien dafür nicht die geringste Verwendung habe. Was Felicitas wenig überzeugte: »Sie behaupten tatsächlich, die Welt zu kennen«, schreibt sie nach Hameln, »aber wie wollen sie wissen, welches Spiel in Australien wirklich gespielt wird?«
    Für den Rest der Reise hat Felicitas nichts Besseres zu tun, als die Mannschaft weiter mit ihren biographischen Ratespielen zu traktieren. Noch quälender sind bloß ihre berühmt-berüchtigten Spiele mit Scheinalternativen, jene Fragen, die ihr Vater schon während ihrer frühen Jahre aus Prinzip nie beantwortete, mit denen sie ihren Mitschülern, Lehrern und Teamkameraden auf die Nerven ging und die einzig Phyllis jederzeit so lässig wie mühelos zu parieren gewusst hatte (»Deinen Leuchtpuck sieht doch ein Blinder!«). Jetzt verfolgte sie Small und Kramer damit: »Was ist schlimmer? Ersticken oder ertrinken? Im Eis erfrieren oder in der Wüste verdursten?« »Wo ist«, fragte Kramer, »der Unterschied?« Und Small sagte: »Hat man die Wahl?«
    Dass ausgerechnet Hoppe, deren kindlich naive Quizmentalität auf schöne Weise veranschaulicht, dass Geschichte und Geographie nachweislich nicht mehr für sie waren als einfache »Bausteine im Kasten meiner großen Erzählung«, sich über die Unbildung der Mannschaft eines durchschnittlichen Frachtschiffes erhob, auf dem sie und ihr Vater während der gesamten Reise die einzigen zahlenden Gäste waren, zeigt in erster Linie, wie angespannt und unruhig sie auf der letzten Etappe ihrer Reise gewesen sein muss, auf der sie sich zunehmend verzweifelt mit allen erdenklichen Mitteln zu unterhalten und abzulenken suchte. Ihrem Vater konnte Felicitas sich über ihren Zustand offenbar nicht mitteilen. In Karl Hoppes Aufzeichnungen finden wir mit Ausnahme des Vermerks, Fly verschwinde gelegentlich nachts aus der Kabine, sei aber morgens »immer wieder am richtigen Platz«, keine weiteren Hinweise darauf.
     
    Ein Mangel, für den wieder und wieder Hoppes polnischer Matrose aufkommen muss, der auch in der Südsee namenlos bleibt und dem sie seit Reisebeginn immer wieder den Schwarzen Peter ihrer eigenen Schwierigkeiten und Ängste unterschiebt. So auch, als sie ihm in einem ihrer späteren Briefe attestiert, worunter sie aller Wahrscheinlichkeit nach selber leidet: eine Mischung aus »Wasserklaustrophobie« und »ozeanischer Platzangst«, bei der die Weite und Endlosigkeit des Meeres »eine schrecklich quälende Enge in der Brust erzeugen, als schrumpfe, weil kein Land in Sicht ist, auf einmal die Welt auf nichts zusammen«. Dann sei es, »als schnüre ihm alles den Atem ab, als müsse er augenblicklich ersticken, wobei er (wir sprechen immer noch Polnisch) die Augen verdreht und die Hände abwechselnd an seinen Hals und auf seinen Brustkorb legt. Manchmal sehe ich ihn an der Reling stehen, zwischen den Tauen hantieren und höre ihn murmeln: Mehr Wind, mehr Luft, mehr Wasser. Dabei ist doch von allem genug da. Wind, Luft, Wasser.«
    Weit mehr als die dramatische ozeanische Platzangst (Das Thema der Platzangst und Klaustrophobie hat Hoppe nie verlassen. Erinnern wir uns daran, dass sie an Asthma litt.) quält Felicitas’ polnischen Stellvertreter allerdings das Heimweh, während sie selbst in den
Adelheidbriefen
mit hartnäckig übertriebenem Nachdruck behauptet, von Heimweh könne überhaupt keine Rede sein, sie habe längst so gut wie vergessen, dass es so etwas überhaupt gebe. In Wahrheit gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass sich ihr Heimweh nicht gelegt, sondern, je weiter die Reise nach

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