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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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bemerkenswert ist, da Karl Hoppe religiösen Fragen leidenschaftslos gegenüberstand. In seinem Notizbuch kommentiert er das abendliche Gespräch in gewohnt knapper Manier: »Klemzig bleibt Klemzig. Hoppe bleibt Hoppe.«
    Felicitas ist empört. Trotzdem folgt, ungeübt, wie Vater und Tochter in der Austragung von Konflikten sind, keine ernsthafte Auseinandersetzung, sondern, nach bewährtem Brantforder Muster, eine weitere Reihe von Küchenzetteln, allerdings schärfer formuliert als gewohnt: »Vortrag Montag um sieben.«, »Komme nicht – Patentkonferenz.«, Dann lass es bleiben.«, »Mach ich.«, »Umso besser.« Um eine Woche später so vorsichtig wie erfolglos ins Versöhnliche überzugehen: »Und wie war’s?«, »Geht dich nichts an.«
    Felicitas hält ihren Vortrag trotzdem und bekommt eine (gute) Note dafür, die sie ihrem Vater nebenbei auf einem weiteren Küchenzettel mitteilt, was er, nicht ohne Stolz, in seinen Notizen vermerkt. Allerdings geriet der Fall Klemzig schon kurz darauf in Vergessenheit, weil Felicitas’ leicht entflammbare Begeisterung schnell erlosch, sobald sich andere Leidenschaften in den Vordergrund drängten. Seit ihrer Geburtstagsfeier bei Joey Blyton wünscht sie sich nämlich nichts sehnlicher, »als endlich wieder ein Klavier zu haben«. »Immer wieder die Klavierfrage«, notiert Karl. »Lästig. Für ein Klavier ist hier weder Platz noch Geld, will außerdem keinen Lehrer im Haus.«
    Also wendet sich Felicitas an Quentin Blyton, von dem sie weiß, dass er nicht nur Happy Birthday, sondern sonntags auch Orgel spielt und nebenbei einen Kirchenchor (
The McKillop Choir
) leitet. Zu ihrer Überraschung willigt er ohne zu zögern ein, ihr persönlich Unterricht zu erteilen, allerdings nur mit Erlaubnis ihres Vaters und unter der Bedingung, die Blytons beim sonntäglichen Kirchgang zu begleiten. Küchenzettelnotiz: »Habe Lehrer gefunden.«, »Geht in Ordnung, sofern es nichts kostet.«, »Blyton verlangt nichts.«, »Dann von mir aus.«, »Nächsten Sonntag fange ich an.«, »Viel Spaß.«, »Und wo soll ich unter der Woche üben?«, »Dein Problem.«
    Karls Zurückweisung jeder Unterstützung wirkt befremdlich, hatte er doch in Brantford alles in seinen bescheidenen Möglichkeiten Stehende getan, um das Talent seiner Tochter zu fördern. Offensichtlich befand er sich nicht nur in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten, sondern hatte darüber hinaus, wie anhand seiner Notizen deutlich wird, große Mühe, in Adelaide Fuß zu fassen. Über die Gründe schweigt er sich aus. Seine Aufzeichnungen werden zunehmend stichwortartig, um nicht zu sagen rätselhaft, weil Karl sich seltsamer Codes bedient, die sich vom Leser nur mit Mühe und lediglich ins Spekulative hin entschlüsseln lassen.
    So ist immer wieder von Aufträgen und Terminen die Rede, die nicht näher bezeichnet sind. Zunehmend häufig werden Eintragungen bis zur Unleserlichkeit gestrichen oder überschrieben, um dann wieder durch nachträgliche Fußnoten kommentiert zu werden. Die Datierungen geraten aus dem Ruder, verwechselte Wochentage, gegeneinander verschobene Monate und Uhrzeiten, eine insgesamt wirre Buchführung, die, setzt man sie ins Verhältnis zu den akribisch geführten Aufzeichnungen des Listenkönigs Karl aus den kanadischen Jahren, darauf schließen lässt, dass sich Karl unter weit mehr als nur finanziellem Druck befand. Auch die Abschriften der Briefe an Maria, im Gegensatz zu Karls persönlichen Notizen immer noch alle auf Polnisch verfasst, nehmen seltsame Formen an. Zweifelhaft, ob sie überhaupt noch abgeschickt wurden oder ob nicht die Abschriften selbst die Originale sind. Sie bestehen, mehrheitlich, aus Inhaltsangaben ( 1 . Umzug, 2 . Schule, 3 . Patentamt, 4 . Klemzig, 5 . Klavier u.Ä.), zu denen jedweder Inhalt fehlt.
    Jenseits der Fülle wirrer Listen, Notizen und Briefe findet sich in den Unterlagen allerdings eine Vielzahl erstaunlicher Zeichnungen, die auf den ersten Blick wie erfinderische Entwürfe anmuten und erst auf den zweiten Blick als das erkennbar werden, was sie sind. Es handelt sich offenbar um Lagepläne, um ein weitverzweigtes, unterirdisch angelegtes Netz der Stadt Adelaide, ein höchst eigenwillig konzipiertes Tunnelsystem mit deutlich markierten Haltepunkten, von denen der unterirdische Bewohner mit Hilfe ausgeklügelter Fahrkörbe wieder an die Oberfläche gelangt. Zentraler Punkt ist der bereits oben erwähnte Montefiore Hill, der, mit einem Ausrufezeichen markiert, die

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