Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
Vom Netzwerk:
Beschriftung »Erster und letzter Treffpunkt« trägt. Auch die Pension
Grant’s Children
ist deutlich verzeichnet, versehen mit dem denkwürdigen Vermerk: »Verkauf von Briefmarken mit Schiffsmotiv.«
    Offenbar wusste Karl von Felicitas’ regelmäßigen Besuchen bei Lucy Ayrton, die sie allerdings längst nicht mehr unternahm, um dort nach Post zu fragen (sie rechnete schon lange nicht mehr mit Antwort), sondern um dort einen Ansprechpartner für ihre persönlichen Anliegen zu finden. Allerdings sollte es Wochen dauern, bis sie damit herausrückte, worum es ihr wirklich ging. »Aber das«, kommentierte Lady Ayrton, »hättest du mir auch gleich sagen können. Ein Klavier ist doch das geringste Problem. Worauf sie einen der Schlüssel vom Haken nahm und mich durch die Küche ins Hinterzimmer führte.«
    Wie viele Stunden Felicitas in den nächsten Jahren (bis Quentin Blyton sich schließlich weigern sollte, ihr weiter Unterricht zu erteilen: Du bist einfach zu gut für mich!) Klavier spielend in Lucy Ayrtons Hinterzimmer verbrachte, lässt sich nicht sagen, sicher ist aber, dass es nicht Karl, sondern Lucy war, die nicht nur entschlossen einen Klavierstimmer ins Haus holte (einen gewissen Tony Tonell), sondern auch regelmäßig Buch über Felicitas’ Besuche und Übungsstunden führte, von denen Felicitas später gern behauptete, sie wären »mehr mit Kaffeetrinken als mit Klavierspielen« vergangen.
     
    Wie auch immer sie ihre Zeit verbrachte, Hoppes Leben spielt sich in den mittleren und späten siebziger Jahren in dem ab, was sie später »mein goldenes Dreieck des Südlands« nennen sollte, pendelnd zwischen Klemzig,
Grant’s Children
und der Grote Street, wo sie in der Regel den ganzen Sonntag verbrachte, der damit begann, dass sie zusammen mit Quentin, Virginia und Joey in die Sonntagsmesse ging, nach dem Mittagessen Klavierunterricht erhielt und nachmittags, zusammen mit der Familie, naturkundliche Expeditionen unternahm, an denen Virginia allerdings selten teilnahm, »weil sie meistens Kopfschmerzen hatte«.
    Virginias Kopfschmerzen waren das große Sonntagsthema, wie Felicitas später bemerkt, und hatten ihren Grund vermutlich darin, dass Virginia Blyton beständig an ihren eigenen Ansprüchen scheiterte, weil sie zwar »nichts als gut« sein wollte, sich dabei aber ständig »vom Bösen« umzingelt sah, allem voran von den sie zunehmend bedrängenden Gefühlen einer schleichenden Eifersucht auf Felicitas, die sie sich allerdings niemals eingestand, weil sie sowohl ihren Mann als auch ihren Sohn betraf, »den ich«, wie sie in ihrem Tagebuch vermerkt, »so viel mehr liebe, als Felicitas ihn jemals wird lieben können. Denn Felicitas«, so befand sie schon früh, »dieses Mädchen, das so überaus lebhaft begabt ist (schön dafür weniger, was Jonathan natürlich nicht sieht!), kann Joey nicht lieben.
    Sie kann meines Erachtens überhaupt nicht lieben, sie ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, nimmt alles, gibt nichts, nicht, weil sie bösen Willens ist, sondern einfach vergesslich. Sie vergisst das Gute, das ihr widerfährt, Gefühle von Dankbarkeit sind ihr fremd. Alles löst sich im reinen Tun auf, in der Vergnügung, in ihrem Hang zum Theater, keine Spur von ehrlicher Frömmigkeit, keine Selbstreflexion. Wie sie neben mir in der Kirchenbank sitzt und, in nichts als die eigene Stimme verliebt, lauter als alle anderen singt und trotzdem glaubt, das alles geschähe zur höheren Ehre Gottes. Dabei hat sie gar keinen Begriff von Gott, weil sie niemals über die Musik hinauskommt, auf das, worum es hier eigentlich geht. Selbst wenn sie sich den Leib Christi holt, geht sie hocherhobenen Hauptes nach vorn zum Altar, weil ihr offenbar nie jemand beigebracht hat, was Demut ist und was es heißt, sie zu zeigen, sie geht immer nur zum Schein in die Knie.«
    Natürlich war Virginia nicht entgangen, dass Felicitas, obwohl sie, außer anlässlich der Weihnachtsspiele unter Lucy Bell, in ihren kanadischen Jahren kaum je eine Kirche betreten haben dürfte, immer noch mit dem katholischen Ritus vertraut war und, zumindest was die äußere Form betraf, genau wusste, was es heißt, in die Knie zu gehen. Nicht nur war sie getauft, sie erinnerte sich auch noch genau daran, wie sie an der Seite ihrer Mutter Maria in Breslau zur Frühkommunion gegangen war, wovon sie eines Sonntags freimütig am Tisch der Familie Blyton erzählte und dabei, wie wir wiederum Virginias Tagebuch entnehmen, höchst unbefangen davon

Weitere Kostenlose Bücher