Horasia (German Edition)
mir den Film besorge, wenn wir mit der Mission fertig sind."
"Ich mag keine Untotenfilme", meinte Sina. "Seid ihr im richtigen Leben schon einmal welchen begegnet?"
"Einige Male", entgegnete Gilran. "Die meisten habe ich abgefackelt."
"Ich nicht, außer in Filmen", sagte Calan. "Und du?"
"Zweimal", antwortete sie. "Das erste Mal war in meiner Kindheit. Meine Eltern interessieren sich auch sehr für Geschichte, daher haben wir oft irgendwelche alten Orte besichtigt. Einmal war ich mit meinem Vater bei einem älteren Herrenhaus, das schon seit Jahren verlassen war. Er hoffte, darin alte Bücher oder ähnliches Zeug zu finden. Die Genehmigung, das Haus zu betreten, hatten wir. Ich hatte damals praktisch keine Angst vor solchen Orten. Schließlich haben wir öfters alte Häuser besucht, um darin nach interessanten Dingen aus früherer Zeit zu suchen.
Im Erdgeschoss haben wir kaum etwas gefunden, also gingen wir in den Keller.
Auf einmal sah ich eine Gestalt, die unbeweglich in einer finsteren Ecke stand.
Zuerst dachte ich, es sei eine Figur oder so etwas. Dann sagte mir mein Vater, ich solle sofort zurück nach oben gehen und ja keine Geräusche machen. Er schien ziemlich gestresst zu sein, als wir nach oben gingen. Ich glaubte, Schritte von unten zu hören, die zur Kellertreppe gingen. Zum Glück hatte mein Vater die Tür zum Keller sofort wieder abgeschlossen. Als wir draußen waren, rief er die Polizei an.
Nach kurzer Zeit kamen sie und durchsuchten das Haus. Man hörte Schüsse von unten. Ich fragte ihn die ganze Zeit, was denn los sei. Was da unten im Keller ist. "Ein Wiedergänger", sagte er irgendwann. Zum Glück haben die Leute von der Polizei das Wesen erledigt. Die nächsten Jahre habe ich mit meinen Eltern nur sehr selten über dieses Erlebnis gesprochen. Das zweite Mal, dass ich einem Untoten begegnet bin, war relativ unspektakulär. Das ist erst eineinhalb Jahre her. Ich habe für einen Artikel in einer Zeitschrift recherchiert und wollte einen Zeitzeugen befragen. Es stellte sich heraus, dass dieser Zeitzeuge ein zweihundertjähriger Vampir war. Vampire sind von allen Untoten noch die angenehmsten Zeitgenossen. Hätte er nicht die weiße Haut und die langen Eckzähne gehabt, hätte ich es vermutlich gar nicht bemerkt. Natürlich war es mir zu Anfang unangenehm, doch mit der Zeit gewöhnt man sich daran."
"Deine erste Begegnung hört sich wirklich horrormäßig an", sagte Calan.
"Ja, du hast recht. Ich hatte jahrelang Angst vor alten Gemäuern und Untoten."
"Und wie hast du deine Angst überwunden?"
"Wie unsere Spezies es schon immer machte. Durch Wissen. Wenn man etwas in all seinen Stärken und Schwächen kennt, flößt es einem kaum noch Angst ein. Denn genau diese Angst ist die stärkste Waffe der Untoten. Wenn man die überwindet, ist man im Vorteil. Was nur die wenigsten wissen: Über die Hälfte der Untoten sind uns körperlich unterlegen, von geistig ganz zu schweigen. Die gefährlichsten sind Vampire, aber mit denen kann man immerhin zivilisiert sprechen. Vorausgesetzt natürlich, sie haben keinen Hunger."
"Super. Jetzt habe ich gleich viel weniger Angst. Kriegen wir morgen eigentlich Flammenwerfer?"
"Da musst du Rehson fragen. Er ist für die Ausrüstung zuständig."
"Wofür bin ich zuständig?", fragte Rehson, der gerade aus dem Nebenraum zurückkam.
"Ich fragte, ob wir morgen Flammenwerfer bekommen. Es gibt bekanntlich nichts Besseres gegen Untote. Das zumindest lernt man aus Horrorfilmen."
"Ich habe den Graböffner angerufen und er hat zugesagt. Es handelt sich um einen Talpäer namens Maleus Vex. Mit Glück bringt er uns Flammenwerfer mit.
Auf jeden Fall besitzt er selbst einen. Da ich mir schon in Uthudar ein Exemplar besorgt habe, haben wir schon einmal mindestens zwei. Gilran könnte man auch dazuzählen."
"Sehr gut. Dann gibt es wohl doch eine Hoffnung, da wieder lebend herauszukommen."
"Langsam nervt dein andauernder Pessimismus", klagte Gilran. "Wollen wir nicht lieber etwas Sinnvolles machen, wie zum Beispiel etwas essen zu gehen?"
"Gute Idee", meinte Sina.
"Geht nur", sagte Rehson. "Ich habe gerade keinen Hunger. Stattdessen werde ich mich hier weiter über die Gruft unter der Kathedrale informieren. Schließlich ist Wissen bekanntlich Macht."
"Hoffen wir, dass Ausgrym noch etwas übrig gelassen hat", sagte Calan, als sie den Raum verließen.
Kapitel 9
Giznaria, Talak-Giznare; 17. Mai 2013
Mühsam humpelte der Dämon Kreyshnuk die Stufen zum Eingang von
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