Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
zurückgezogen, bis Hornblower sich endlich umwandte und Bush einen Blick zuwarf.
»Wenn Sie gestatten, komme ich jetzt meine Meldung machen, Sir«, rief er.
»Bitte, Mr. Hornblower.«
Bush ging ihm in den Hof entgegen. Hornblower fuhr grüßend mit der Hand an den Hut und wartete dann mit seiner Meldung, bis er gefragt wurde.
Auf Bushs neugieriges »Nun?« sah er sich endlich in der Lage, zu beginnen.
»Der Parlamentär ist Oberst Ortega, seine Vollmacht stammt von dem General Villanueva, der offenbar am gegenüberliegenden Ufer der Bucht sitzt.«
»Was will er eigentlich von uns?« fragte Bush und versuchte, einstweilen mit dieser ersten, ziemlich unverdaulichen Neuigkeit fertig zu werden.
»Er wollte zuallererst jede Einzelheit über die Gefangenen hören, Sir«, sagte Hornblower, »besonders über die Frauen.«
»Sie haben ihm natürlich gesagt, daß keiner der Frauen etwas zugestoßen ist, nicht wahr?«
»Jawohl, Sir. Er war sehr besorgt um sie. Ich habe ihm versprochen, daß ich Sie in seinem Namen um die Erlaubnis zum Mitnehmen der Frauen bitten würde.«
»Was Sie hiermit einlösen wollen, nicht wahr?« fragte Bush.
»Jawohl, Sir. Ich dachte, es könnte uns unsere Aufgabe hie nur erleichtern, wenn wir die Frauen los würden. Außerdem scheint er eine Menge anderer Dinge auf dem Herzen zu haben; da hielt ich es für richtig, mich möglichst entgegenkommend zu zeigen, damit es ihm nachher um so leichter fällt, sich offen auszusprechen.«
»Hm«, sagte Bush.
»Er wollte auch Auskunft über die anderen Gefangenen, Sir, die Männer. Vor allem, ob welche gefallen seien. Als ich ihm das bejahte, fragte er mich nach den Namen. Ich konnte sie ihm nicht nennen, weil ich sie selbst nicht wußte, aber ich sagte ihm, daß Sie ihm ohne Zweifel eine Liste der Gefallenen zur Verfügung stellen würden. Er meinte, die meisten Leute hätten ihre Frauen dort drüben (Hornblower zeigte nach der anderen Seite der Bucht), und die machten sich jetzt schwere Sorgen um ihre Männer.«
»Einverstanden, er soll seine Liste haben«, sagte Bush.
»Vielleicht könnte er außer den Frauen auch die Verwundeten mitnehmen, Sir. Damit bekämen wir hier etwas mehr Luft, wir sind ohnehin nicht imstande, die Burschen richtig zu behandeln.«
»Das müßte ich mir noch gründlich überlegen«, sagte Bush.
»Ich frage mich überhaupt, Sir, ob wir nicht diese Gelegenheit wahrnehmen sollten, unsere ganzen Gefangenen loszuwerden.
Wahrscheinlich wäre es nicht schwer, ihn auf Ehrenwort zu verpflichten, daß sie nicht mehr zum Waffendienst herangezogen werden, solange die Renown in diesen Gewässern kreuzt.«
»Ehrenwort? Wenn das nur kein fauler Zauber ist!« sagte Bush, der allen Ausländern gründlich mißtraute.
»Ich glaube, daß er sein Wort halten wird, Sir. Er ist ein spanischer Gentleman. Wenn wir die Leute los werden, dann brauchen wir sie nicht zu bewachen und nicht zu ernähren, Sir.
Und was sollen wir schließlich mit ihnen anfangen, wenn wi dieses Fort hier eines Tages wieder räumen? Können wir sie an Bord der Renown verstauen?«
Hundert Gefangene an Bord der Renown wären eine schreckliche Belastung gewesen. Man konnte rechnen, daß sie täglich hundert Liter Frischwasser verbrauchten, außerdem mußten sie die ganze Zeit bewacht werden. Aber Bush ließ sich nicht gern zu übereilten Entschlüssen verleiten, und es war ihm nicht ganz recht, daß Hornblower so vieles für ausgemachte Sache hielt, was er am liebsten noch lange und gründlich überlegt hätte.
»Ich will mir das noch durch den Kopf gehen lassen«, sagte Bush.
»Da war noch ein anderer Punkt, den er nur andeutete, Sir. Er wollte keine endgültigen Vorschläge machen, und ich zog es vor, ihn nicht dazu zu drängen.«
»Worum handelt es sich?«
Hornblower hielt einen Augenblick inne, ehe er antwortete.
Das allein sagte Bush, daß es sich hier um kein so einfaches Problem handelte.
»Die Sache ist viel wichtiger als all die Abmachungen wegen der Gefangenen, Sir.«
»Nun, was hat er Ihnen denn gesagt?«
»Es könnte möglich sein, eine Kapitulation zu erreichen, Sir.«
»Was meinen Sie damit?«
»Eine Übergabe, Sir. Den Rückzug der Dons von diesem Ende der Insel.«
»Herr im Himmel!«
Das war eine unerwartete, eine tolle Möglichkeit. Bush zog sofort die Folgerungen, die sich daraus ergaben. Eine solche Kapitulation war ein Ereignis von internationaler Bedeutung, vielleicht sogar ein glänzender Erfolg, der in den Gazetten nicht nur einen
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